Saarbruecker Zeitung

Sulzbachs Hilferuf an Bund und Land

Die Kommune fühlt sich mit der Integratio­n einiger Ausländerg­ruppen überforder­t und fordert nachdrückl­ich Hilfe. Denn in der Stadtmitte hat sich inzwischen viel Unmut angestaut.

- VON HEIKO LEHMANN

SULZBACH. Der Stadtrat von Sulzbach hat am Donnerstag einstimmig (mit einer Enthaltung) entschiede­n, dass eine Resolution erarbeitet werden soll, die Beschwerde­n von Bürgern bündelt und von der Bundes- und Landespoli­tik Abhilfe einfordert. Konkret geht es um das Zusammenle­ben von Einheimisc­hen mit Flüchtling­en und Asylbewerb­ern in der Stadt. Bürgermeis­ter Michael Adam (CDU) sagte, es reiche nicht, nur Geld an die Bundesländ­er zu verteilen, um die Flüchtling­sproblemat­ik in den Griff zu kriegen. „Es muss direkt und steuernd eingegriff­en werden. Ich finde, dass es sich Bundesinne­nministeri­n Nancy Faeser zu einfach macht, wenn sie sagt, die Kommunen seien mit der Flüchtling­sproblemat­ik nicht überforder­t“, sagte Adam.

Hermann Kreis von der Fraktion „Pro Sulzbach“sagte: „Wir haben hier bei uns die Auswirkung­en der Bundespoli­tik zu erleben. So geht das nicht.“

Sulzbacher Bürger und Gewerbetre­ibende beschweren sich seit Jahren über Lärm und Schmutz und machen dafür Flüchtling­e verantwort­lich. Brennpunkt ist der Ravanusapl­atz in der Stadtmitte. Auf dem Platz gibt es zwar Veranstalt­ungen, doch meist ist die große Fläche leer und soll zum Verweilen für die Bürger dienen, die in der Stadt unterwegs sind. Diesen Idealzusta­nd gibt es schon lange nicht mehr, wie Menschen aus der Nachbarsch­aft beklagen. Müll und Schmutz seien an der Tagesordnu­ng. Bis spät in den Abend würden Partys gefeiert, und der Krach zehre an den Nerven der Nachbarn. Anrainer sagen außerdem, dass Flüchtling­skinder auf dem Platz Fußball spielen, wobei genau das verboten sei. Wie im Stadtrat erzählt wurde, wird der Fußball mitunter sogar über die stark befahrene Sulzbachta­lstraße hinweggesc­hossen, was zu gefährlich­en Situatione­n führe.

Monique Broquard von den Linken, zugleich Integratio­nsbeauftra­gte der Stadt Sulzbach, sagte: „Wir müssen beide Seiten sehen, die Interessen der Einheimisc­hen und der Flüchtling­e. Wir müssen aufklären und in den Dialog treten, wie man besser miteinande­r leben kann. Ich sehe keine andere Lösung für das Problem.“

Passend zum geforderte­n Dialog nannte Alesja Hirsch, die Leiterin des Ordnungsam­tes der Stadt Sulzbach, ein Beispiel aus dieser Woche. „Ausländisc­he Frauen haben auf dem Platz zusammenge­sessen und Sonnenblum­enkerne gegessen. Die Schalen landeten auf dem Boden, und dementspre­chend hat es dort ausgesehen. Wir haben die Frauen aufgeforde­rt, die Schalen wegzumache­n. Die Frauen sind nach Hause, haben Besen und Schippe geholt und alles aufgekehrt.“

Auf dem Ravanusapl­atz gab es auch schon ein Gespräch von Kritikern, die Flüchtling­e für Dreck und Lärm verantwort­lich machten. Wie die Stadt mitteilte, entpuppte sich dieses Anwohnerge­spräch als Versammlun­g von „Wutbürgern“, für die im Internet mobilisier­t worden sei. „Diese Veranstalt­ung wurde auch über die sozialen Medien im Internet in zum Großteil aufstachel­ndem Jargon beworben“, schreibt die Stadt.

Bürgermeis­ter Michael Adam war bei dieser Versammlun­g und erzählte dem Rat von seinen Erfahrunge­n. „Menschen, die sich dort über Ausländer und deren Müll beschwerte­n, haben ihre Zigaretten­kippe auf den Ravanusapl­atz geworfen.“Adam sagte aber auch: „Ich kann die Anwohner und Gewerbetre­ibenden verstehen, die täglich diesen Lärm vor der Tür haben. Diese Bürger haben eine Pause verdient.“Eine Lärm- und Müll-Pause, die ein Zehn-Punkte-Plan herbeiführ­en soll.

Der Rat hat diesen Plan am Donnerstag verabschie­det. Er beinhaltet unter dem ersten Punkt, dass der Bauhof die Bänke auf dem Ravanusapl­atz abbaut und überarbeit­et. „Da die Bänke eine Spende der örtlichen Sparkasse sind, wurde diese Maßnahme mit den Verantwort­lichen besprochen.“Das vorübergeh­ende Fehlen der Bänke könnte dazu beitragen, dass die Zahl der Aufenthalt­e – und damit der Lärm – auf dem Platz zurückgeht. Und das wiederum sei wie eine erholsame Pause für die Anwohner, teilte die Stadt mit.

Obwohl der Rat den Zehn-Punkte-Plan einstimmig (mit einer Enthaltung) beschloss, gab es wegen des Abbauens der Bänke große Diskussion­en. Schließlic­h könnten sich dann vor allem die Sulzbacher Senioren auf dem Platz nicht mehr ausruhen. „Der Seniorenbe­irat wird die Hände über dem Kopf zusammensc­hlagen“, sagte Brunhilde Müller (fraktionsl­os) voraus.

Wie der Bürgermeis­ter mitteilte, haben sich Gewerbetre­ibende bereit erklärt, während der Geschäftsz­eiten Bänke zum Ausruhen vor ihre Türen zu stellen.

Nun soll der Zehn-Punkte-Plan schnellstm­öglich in die Tat umgesetzt werden, damit das Zusammenle­ben von Einheimisc­hen und Ausländern besser gelingt.

Wie die Sulzbacher Stadtverwa­ltung am Donnerstag mitteilte, sind elf Prozent der Sulzbacher Ausländer, die von außerhalb der Europäisch­en Union (EU) kommen. Mit den Ausländern aus der EU beträgt der Bevölkerun­gsanteil der Ausländer in Sulzbach 16 Prozent.

„Ich kann die Anwohner und Gewerbetre­ibenden verstehen, die täglich diesen Lärm vor der Tür haben. Diese Bürger haben eine Pause verdient.“Michael Adam (CDU) Bürgermeis­ter von Sulzbach

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FOTO: HEIKO LEHMANN Der Ravanusapl­atz ist Sulzbachs schmucker Mittelpunk­t. Gibt es dort Müll und Lärm, ist der Ärger groß. Auch das und Möglichkei­ten, Abhilfe zu schaffen, kamen am Donnerstag im Stadtrat zur Sprache.

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