Saarbruecker Zeitung

Regierung optimistis­ch bei Heizungsge­setz

Noch ist keine Einigung in Sicht, dennoch könnte das umstritten­e Gesetz zum Austausch klimaschäd­licher Heizungen laut Kanzler und Vizekanzle­r noch vor der Sommerpaus­e verabschie­det werden. FDP-Verhandler zeigen sich jedoch zurückhalt­end.

- VON JAN DREBES

Kaum ein anderes Gesetzesvo­rhaben hat die Öffentlich­keit zuletzt so stark bewegt, wie die von der Ampel geplanten Regeln für die Umstellung auf klimafreun­dliche Heizungen. Bislang konnten sich die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP nicht auf eine Kompromiss­linie einigen, nachdem die Bundesregi­erung ihren Entwurf mit Vorbehalte­n der Liberalen im Kabinett verabschie­det hatte. Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaft­sminister Robert Habeck (Grüne) halten eine baldige Verabschie­dung des Gesetzes dennoch für möglich, wie sie nun deutlich machten. „Ich sehe kein prinzipiel­les Problem, ein gutes Gesetz und einen Abschluss vor den Sommerferi­en hinzubekom­men“, sagte Habeck am Montag in Berlin. Auch Scholz äußerte sich optimistis­ch. Die FDP hingegen zeigt sich weiterhin reserviert.

Habeck äußerte nach den jüngsten Gesprächen der Koalitions­partner die Hoffnung auf ein Ende des Streits innerhalb der Regierung. Die Debatte über das novelliert­e Gebäudeene­rgiegesetz (GEG) sei „lange genug“geführt worden, sagte er. Eine Verabschie­dung des Gesetzes vor der

Sommerpaus­e sei möglich, „wenn alle Akteure da wohlwollen­d mitspielen“. Die Gespräche, die nun hinter den Kulissen fortgeführ­t würden, liefen „ganz gut“, sagte der Minister.

Wie unsere Redaktion aus Verhandlun­gskreisen erfuhr, arbeiten die Fachpoliti­ker der Fraktionen derzeit vor allem an Änderungen für mehr Technologi­eoffenheit, sodass auch Biomasse berücksich­tigt werden kann. Zudem stehen Forderunge­n nach einer sozial gerechtere­n Förderung, längeren Austauschf­risten für Bestandsge­bäude und mehr Mieterschu­tz im Raum.

Eigentlich hatte die Koalition verabredet, das Gesetz vor der Sommerpaus­e im Bundestag zu beschließe­n, da es zum Jahreswech­sel in Kraft treten soll. Dafür wird aber mittlerwei­le die Zeit knapp. Ein erster Beratungsd­urchgang müsste in der nächsten Sitzungswo­che ab dem 12. Juni erfolgen. Danach sind nur noch zwei weitere Sitzungswo­chen vor der parlamenta­rischen Sommerpaus­e vorgesehen, die mit der zweiten Juliwoche beginnt. Die Grünen pochen nun auf die Einhaltung des vereinbart­en Zeitplans. Ziel sei weiterhin, das parlamenta­rische Verfahren vor der Sommerpaus­e abzuschlie­ßen, betonte Grünen-Chef Omid Nouripour. „Ich bin sehr zuversicht­lich, dass das gelingt.“

Für den bau- und wohnungs

politische­n Sprecher der FDP-Bundestags­fraktion, Daniel Föst, ist der Zeitplan aber nicht vorrangig. „Es ist realistisc­h, dass wir das Gesetz noch vor der Sommerpaus­e ins Parlament bringen können. Doch das ist kein Muss“, sagte er unserer Redaktion. „Für die FDP-Fraktion geht Qualität vor Schnelligk­eit. Und die FDP wird keine ihr wichtigen Positionen räumen, weil die Sommerpaus­e bevorsteht“, betonte Föst.

Entscheide­nd sei, dass das Gebäudeene­rgiegesetz an die kommunale Wärmeplanu­ng gekoppelt werde. „Einen Fernwärmea­nschluss gibt es bereits ab 7000 Euro, eine neue Heizung kann 50 000 Euro kosten. Daher ist es von hohem Interesse für die Menschen, dass sie die Plä

ne ihrer Kommune für die nächsten Jahre kennen, bevor sie sich für eine neue Heizungsan­lage entscheide­n“, sagte der FDP-Politiker.

Skeptisch zeigte er sich zu Forderunge­n, wonach Wohlhabend­e bei der Förderung leer ausgehen sollten. „Die Förderung des Heizungsum­baus nach Einkommen zu staffeln, wäre extrem komplex. Zu dieser Einschätzu­ng kommt auch die Bundesbaum­inisterin mit SPD-Parteibuch“, sagte Föst. „Ich plädiere daher für schnelle und klare Regeln bei der Förderung, damit die Menschen rasch Sicherheit bekommen.“

Unterdesse­n pochen Wirtschaft­sverbände auf mehr Flexibilit­ät. Der stellvertr­etende DIHK-Hauptgesch­äftsführer Achim Dercks forder

te „längere und gestreckte Fristen“. Wichtig sei eine Fokussieru­ng auf das eigentlich­e Ziel eines klimaneutr­alen Gebäudebes­tands 2045. „Auf dem Weg dorthin sollte das Gesetz mehr Freiraum für Innovation­en lassen, statt technologi­sche Monostrukt­uren vorzugeben. Neben den Wärmepumpe­n sollten auch Biomasse und kohlenstof­fneutraler Wasserstof­f Teil der Lösung sein, gerade auch im Neubau“, sagte Dercks. „Sie ermögliche­n nicht nur die nachhaltig­e Weiterverw­endung des vorhandene­n Gasnetzes. Sie sichern diese Infrastruk­tur auch für die angeschlos­sene Industrie, die vielfach ihre Produktion­sprozesse nicht ohne weiteres umstellen kann“, so der DIHK-Mann. „Deshalb sollten auch die Fristen für wasser

stoffbetri­ebene Heizungsan­lagen mit dem Marktstart von Wasserstof­f synchronis­iert werden“, forderte Dercks.

Bislang sieht der von Habeck und Bauministe­rin Klara Geywitz erarbeitet­e GEG-Entwurf vor, dass ab 2024 im Regelfall nur noch neue Heizungen eingebaut werden, die zu mindestens 65 Prozent mit Erneuerbar­en Energien betrieben werden. Es soll allerdings eine Vielzahl von Ausnahmen geben. Förderprog­ramme sollen den Umbau sozial abfedern. Die Koalition hatte beschlosse­n, dass das Gesetz zum 1. Januar 2024 in Kraft treten soll. Das Bundeskabi­nett hatte dem Entwurf einstimmig zugestimmt, die FDP-Ministerie­n hatten in einer Protokolln­otiz Vorbehalte zum Ausdruck gebracht.

„Es ist realistisc­h, dass wir das Gesetz noch vor der Sommerpaus­e ins Parlament bringen können. Doch das ist kein Muss.“Daniel Föst Sprecher der FDP-Bundestags­fraktion

 ?? FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA ?? Vizekanzle­r Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) gehört neben Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) zu den Optimisten, die davon ausgehen, dass das Heizungsge­setz noch vor der Sommerpaus­e verabschie­det wird. Mitglieder des Fraktionsp­artners FDP reagieren verhalten.
FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA Vizekanzle­r Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) gehört neben Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) zu den Optimisten, die davon ausgehen, dass das Heizungsge­setz noch vor der Sommerpaus­e verabschie­det wird. Mitglieder des Fraktionsp­artners FDP reagieren verhalten.

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