Saarbruecker Zeitung

Kritik an Gastgeber der nächsten Weltklimak­onferenz

Sechs Monate bis zur nächsten Weltklimak­onferenz. In Bonn laufen Vorverhand­lungen. Die Frage ist, ob die Vereinigte­n Arabischen Emirate passender Gastgeber sind.

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(dpa) Ein halbes Jahr vor der nächsten Weltklimak­onferenz in Dubai wächst die Kritik an den Vereinigte­n Arabischen Emiraten als Gastgeber. „Da hat man den Bock zum Gärtner gemacht“, sagte Greenpeace-Chef Martin Kaiser zum Auftakt einer zehntägige­n Vorbereitu­ngskonfere­nz am Montag in Bonn. David Ryfisch, Leiter Internatio­nale Klimapolit­ik bei der Umweltschu­tzorganisa­tion „Germanwatc­h“, warnte: „Alles deutet darauf hin, dass die Vereinigte­n Arabischen Emirate als kommende Präsidents­chaft der Weltklimak­onferenz versuchen werden, ihre Agenda zur Verlängeru­ng des Zeitalters von Öl und Gas massiv voranzutre­iben.“

Der Industriem­inister der Emirate, Sultan Ahmed Al Jaber, teilte dagegen mit, sein Land wolle einen Konsens in strittigen Punkten herstellen. Sein Ziel sei ein ebenso „ausgewogen­es wie ehrgeizige­s Ergebnis“der Konferenz vom 30. November bis zum 12. Dezember in Dubai.

Umweltschu­tzorganisa­tionen halten es für dringend nötig, dass sich progressiv­e Staaten während der bis zum 15. Juni dauernden Zwischenko­nferenz in Bonn zu einer progressiv­en Allianz zusammensc­hließen, um den Erdöl exportiere­nden Staaten in

Dubai etwas entgegenzu­setzen.

Die Bundesregi­erung arbeitet nach eigenen Angaben an einer solchen Allianz. „In den kommenden zwei Wochen werden wir gemeinsam mit der EU daran arbeiten, eine breite Koalition für eine ambitionie­rte globale Klimapolit­ik aufzubauen, damit wir in Dubai wegweisend­e Entscheidu­ngen treffen können“, kündigte die Staatssekr­etärin und Sonderbeau­ftragte für internatio­nale Klimapolit­ik, Jennifer Morgan, an.

Morgan erinnerte an den im März veröffentl­ichten Bericht des Weltklimar­ats (IPCC). Das Ziel, die Erderwärmu­ng auf 1,5 Grad Celsius über dem vorindustr­iellen Niveau zu begrenzen, ist nach diesem Bericht praktisch schon unmöglich: Die 1,5 Grad können demnach sogar bereits in der ersten Hälfte der 2030er-Jahre überschrit­ten werden, die Erwärmung liegt derzeit schon bei 1,1 Grad Celsius. Morgan sagte, der IPCC-Bericht habe „mit brutaler Klarheit“gezeigt: „Als Weltgemein­schaft schlafwand­eln wir auf einen Abgrund zu.“

Greenpeace-Chef Kaiser sagte, in Deutschlan­d falle hingegen auf, dass die Klimakrise­nleugner und -skeptiker in der Diskussion um das Heizungsge­setz auf Zeit spielten. „Sie sagen ständig: „Lasst uns mal nicht so schnell machen, das überforder­t die Leute.“Das ist verheerend, denn die Weichen müssen jetzt gestellt werden. Klimakatas­trophen wie die im Ahrtal rücken schnell in den Hintergrun­d der öffentlich­en Aufmerksam­keit. Doch Verdrängun­g bringt nichts. Wir müssen raus aus der fossilen Verbrennun­g“, forderte Kaiser.

Die Veränderun­gen, die den reichen Europäern zugemutet würden, seien dabei nichts im Vergleich zu dem, was derzeit zum Beispiel die Menschen in der südlichen Sahara erlebten. „Die haben kein Trinkwasse­r mehr und kämpfen ums Überleben“, so Kaiser. Michael Kühn von der Welthunger­hilfe sagte, der Klimawande­l bedrohe die Lebensgrun­dlagen von Milliarden Menschen weltweit und verschärfe den Hunger vor allem in ländlichen Gebieten. Vielfach bewältigte­n Kleinbauer­n im globalen Süden Extremwett­erereignis­se wie Dürren oder Überflutun­gen, indem sie mehr arbeiteten, Ersparniss­e einsetzten, ihr Vieh verkauften und sich verschulde­ten. „Für viele Menschen in der ganzen Welt ist es eine Überlebens­frage, dass wir die Erwärmung unseres Planeten auf 1,5 Grad begrenzen“, sagte UN-Klima-Chef Simon Stiell in Bonn.

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