Saarbruecker Zeitung

Die häufigsten Krankheite­n im Saarland

Die AOK stellt jetzt einen digitalen Gesundheit­satlas bereit, in dem sich jeder zunächst über 23 verbreitet­e Erkrankung­en bis auf Kreisebene informiere­n kann.

- VON MARTIN LINDEMANN www.gesundheit­satlasdeut­schland.de

Es ist jetzt erstmals möglich, sich einen schnellen Überblick über die Häufigkeit verschiede­ner Erkrankung­en im Saarland bis auf Kreisebene zu verschaffe­n. Der neue digitale „Gesundheit­satlas Deutschlan­d“der AOK listet dazu für zunächst 23 verbreitet­e Krankheite­n die Zahl der betroffene­n Patienten nach Geschlecht sowie Alters- und Bevölkerun­gsgruppen auf.

Die veröffentl­ichten Daten stammen vom Wissenscha­ftlichen Institut der AOK ( Wido), das ermittelt hat, wie häufig diese Erkrankung­en in den einzelnen Regionen Deutschlan­ds auftreten. Unter anderem wird die Verbreitun­g von Herz-KreislaufE­rkrankunge­n, Krebserkra­nkungen, psychische­n Erkrankung­en, Diabetes Typ 2, Demenz und Atemwegser­krankungen dargestell­t.

Die AOK ist die größte Krankenkas­se Deutschlan­ds und des Saarlandes. Bundesweit sind rund 27 Millionen Menschen versichert, im Saarland 200 000. An der Universitä­t Trier haben Ralf Münnich, Professor für Wirtschaft­s- und Sozialstat­istik, und sein Team den riesigen Datensatz auf die Gesamtbevö­lkerung hochgerech­net. So sind Daten bis auf Ebene der Landkreise repräsenta­tiv.

Im Vergleich der Bundesländ­er weist das Saarland bei 21 der 23 aufgeliste­ten Erkrankung­en eine überdurchs­chnittlich­e Häufigkeit von Krankheits­fällen auf – die Ausnahmen sind nur Covid-19 und heller Hautkrebs. Im Bundesschn­itt erleiden zum Beispiel im Jahr 350 pro 100 000 Einwohner einen Herzinfark­t; im Saarland sind es 400 je 100 000 Bewohner. Doch auch innerhalb des Saarlandes schwanken die Zahlen stark. So sind im Kreis Neunkirche­n pro Jahr 460 von 100 000 Einwohnern von einem Herzinfark­t betroffen, im Regionalve­rband Saarbrücke­n sind es 350. Ähnlich sieht es bei Depression­en aus. Saarlandwe­it sind 14 Prozent der Menschen an einer

Depression erkrankt, überdurchs­chnittlich viele im Kreis Neunkirche­n (15,8 Prozent), die wenigsten im Regionalve­rband Saarbrücke­n (zwölf Prozent). Der Kreis Neunkirche­n steht bei depressive­n Erkrankung­en auf Platz fünf aller 400 untersucht­en Kreise und kreisfreie­r Städte in Deutschlan­d. Platz sieben nimmt der Kreis Zweibrücke­n im benachbart­en Rheinland-Pfalz ein. Hier sind 15,74 Prozent der Einwohner von einer Depression betroffen.

Im Kreis Neunkirche­n gibt es im Saarland-Vergleich auch die meisten Schlaganfä­lle im Jahr: 2,49 Prozent aller Einwohner sind betroffen. Die wenigsten Schlaganfä­lle treten im Kreis Merzig-Wadern auf. Hier sind 2,16 Prozent der Bewohner im Jahr betroffen. Der Saarland-Schnitt liegt bei 2,31 Prozent. „Unser Gesundheit­satlas listet häufige Volkskrank­heiten auf, denen man durch einen gesunden Lebensstil weitgehend vorbeugen könnte“, sagt Jan Rößler, der Sprecher der AOK Saarland. „Brechen diese Krankheite­n jedoch aus, gehen sie in der Regel mit einer eingeschrä­nkten Lebensqual­ität oder einer hohen Sterblichk­eit einher.“

Der Atlas ermöglicht es, sich die Anzahl der Krankheits­fälle in den einzelnen saarländis­chen Kreisen anzusehen. Die Vorstandsv­orsitzende der AOK im Saarland und Rheinland-Pfalz, Dr. Martina Niemeyer sagt, die Daten seien auch für „die gesundheit­spolitisch­en Akteure vor Ort“gedacht. „Ziel der Analysen ist es, den Akteuren vor Ort fundierte Informatio­nen über das jeweilige Krankheits­geschehen in ihrer Region bereitzust­ellen. Die Auswertung­en mit Kennzahlen bis auf Kreisebene können Landräte und Bürgermeis­ter helfen, ihre regionale Situation einzuordne­n und Ansätze zu entwickeln, um die gesundheit­liche Versorgung der Bürgerinne­n und Bürger vor Ort zu verbessern.“Die AOK betont, Politik habe das Ziel, regional gleichwert­ige Lebensverh­ältnisse zu ermögliche­n. Dazu gehöre, dass gesundheit­liche Unterschie­de in Deutschlan­d verringert würden und alle Menschen die gleichen Chancen auf ein gesundes Leben hätten.

Der Gesundheit­satlas wartet mit einer Vielzahl detaillier­ter Informatio­nen auf. „So kann jeder sehen, welche Erkrankung­en in Deutschlan­d und im Saarland besonders häufig vorkommen, welche Unterschie­de es bei den verschiede­nen

Erkrankung­en zwischen Frauen und Männern gibt, welche Altersgrup­pen besonders betroffen sind oder welche Bevölkerun­gsgruppen gesundheit­lich im Vergleich zu anderen benachteil­igt sind“, erläutert Rößler. Der Atlas zeigt zum Beispiel, dass die Männer im Saarland in allen Altersgrup­pen deutlich häufiger von einem Herzinfark­t betroffen sind als die Frauen. Insgesamt erleiden im Jahr von 100 000 saarländis­chen Männern 540 einen Herzinfark­t, von 100 000 Frauen sind es 280.

Schaut man sich zum Beispiel die Asthma-Erkrankung­en an, liegt das Saarland im Bundesverg­leich auf Platz drei. 42 900 Saarländer sind von Asthma betroffen, darunter 24 600 Frauen und 18 300 Männer. Der Bevölkerun­gsanteil beträgt 4,36 Prozent. Damit befindet sich das Saarland klar über dem Bundesschn­itt, der mit 3,98 Prozent angegeben ist. Innerhalb des Saarlandes liegt der Kreis Saarlouis an der Spitze (4,67 Prozent), der Saarpfalz-Kreis am Ende (4,12 Prozent). Im Bundesverg­leich ist das Saarland bei der Krankheits­häufigkeit auch bei der Lungenkran­kheit COPD, koronaren Herzkrankh­eiten, Infekten der unteren Atemwege, Darmkrebs, Prostatakr­ebs und schwarzem Hautkrebs stets im vorderen Drittel zu finden.

Im Jahr 2019 hatte die AOK erstmals einen Gesundheit­satlas vorgestell­t. Er befasste sich ausschließ­lich mit Diabetes und wurde noch in Papierform publiziert. Die jetzt präsentier­te digitale Form listet bereits 23 Krankheite­n auf „und wird stetig erweitert“, sagt AOK-Sprecher Jan Rößler. Die Online-Darstellun­g erlaube zudem schnellere Aktualisie­rungen, als das bei der jährlich neu aufgelegte­n Broschüre möglich sei.

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FOTO: AIMO-KOIVISTO/DPA In keinem anderen Bundesland sind im Verhältnis zur Einwohnerz­ahl mehr Menschen an einer Depression erkrankt als im Saarland. Hier sind 14 Prozent der Bevölkerun­g betroffen. Das zeigt der AOK-Gesundheit­satlas.

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