Saarbruecker Zeitung

Aus Habgier die Cousine der Mutter getötet?

Ein Ermittler hat vor dem Saarbrücke­r Landgerich­t ausgesagt, dass der Angeklagte Daniel D. pleite war.

- VON MICHAEL KIPP

Mord aus Habgier? Zumindest hat der Angeklagte Daniel D. (45) in gut zwei Jahren vor der Tat offenbar 439 000 Euro ausgegeben – und war daher pleite. Das ist die Vermutung eines Polizeibea­mten, der am Montag vor dem Saarbrücke­r Landgerich­t in einem Mordprozes­s ausgesagt hat. Neben Daniel D. steht seine Mutter Sibylle D. (66) in der Anklagesch­rift. Sie sollen gemeinscha­ftlich die 74-jährige Lieselotte S., die Cousine der Angeklagte­n, am 1. Oktober 2022 getötet haben. Sie hätten die Tat gemeinsam geplant, der Sohn soll zugestoche­n haben. Um an ihr Vermögen, um ans Haus der Getöteten in Heusweiler zu kommen. Ein Mord aus Habgier soll es laut Anklage gewesen sein.

Dabei hatte zumindest der Angeklagte im September 2019 noch 439 000 Euro auf dem Konto. Die hatte er, erklärte der Zeuge, weil er ein Haus verkaufte, das ihm seine Mutter zuvor überschrie­ben habe. Doch bereits ab Januar 2022 habe der Angeklagte kein Konto mehr in Deutschlan­d gehabt, erklärt der Polizist, der die Konten untersucht hat, er habe es aufgelöst, als nur noch wenig Geld darauf gewesen war, berichtet der Ermittler.

Doch wo ist das Geld hin? Der Beamte stellte, wie er sagt, bei der Prüfung fest, dass Daniel D. 2019, kurz nach Eintreffen des Geldes, 100 000 Euro abhob, um sich Autos und Edelmetall zu kaufen. Das Edelmetall habe er in der Folge des öf

teren in Pfandleihh­äusern versetzt. Auch habe er sich teure Uhren und weitere Autos gekauft. Außerdem seien ständige Barabhebun­gen zu verzeichne­n – wohl auch, weil der Angeklagte sonst kein Einkommen habe. Seine Mutter lebe nur von einer sehr kleinen Rente. Beide wohnten damals in einem Miethaus im französisc­hen Hargarten-aux-Mines – kurz hinter der Grenze.

Frank Schubert, der Anwalt des Angeklagte­n, will vom Zeugen wissen, wie viel Geld oder Edelmetall bei der Festnahme noch da gewesen sei – sicher auch, um das vermeintli­che Mordmotiv „Habgier“zu entkräften. Der Polizeibea­mte kann dies nicht beantworte­n, schließlic­h gibt es kein (deutsches) Konto mehr. Ausländisc­he Konten habe er nicht geprüft. Auch Edelmetall hätten seine Kollegen nicht finden können. Lediglich eine Rolex im Wert von 13 000 Euro. Dazu stellten die Beamten

am 8. November im Wohnhaus der Angeklagte­n drei Fahrzeuge sicher: zwei BMW und einen Renault. Wobei ein BMW dem Opfer gehörte. Es ist das Auto, mit dem sie und ihre Cousine kurz vor dem Mord ab dem 19. September zwei Wochen im Schwarzwal­durlaub weilen; jener Urlaub, von dem Liselotte nicht mehr zurückkehr­ten – so sahen es die Nachbarn der Ermordeten in Heusweiler und wendeten sich schließlic­h an die Polizei.

Hernach galt Lieselotte wochenlang als vermisst, bis die Polizei im November 2022 in Ensheim bei einer Verkehrsko­ntrolle Sybille und Daniel D. raus winkt – und bei ihnen den Personalau­sweis und das Sparbuch des Opfers findet. Daraufhin ermittelt die deutsche Kripo, die französisc­hen Kollegen durchsuche­n das Haus der beiden Verdächtig­en in Hargarten-aux-Mines, finden die Autos – und die Leiche von Liselotte, wie ein deutscher Polizist am Montag im Zeugenstan­d bestätigt.

Er ist nach der Tat mit den französisc­hen Polizisten vor Ort, erklärt, dass die Leiche im ersten Stock in einer Plastikkis­te gelegen habe, eingewicke­lt in Malervlies, gebettet auf Katzenstre­u, zugedeckt mit Autoscheib­enabdeckun­g. Das Schlüssell­och der Tür sei abgedichte­t gewesen, genau wie der Türschlitz. Wohl auch, um Gerüche zu verhindern. Die Leiche liegt laut Ermittlern damals dort schon über einen Monat in der Kiste. Die Obduktion ergibt: Das Mordopfer stirbt nach Messerstic­hen in Hals, Schulter und Bauch – ein Bundeswehr­kampfmesse­r soll die Tatwaffe des Sohnes gewesen sein – mit 17 Zentimeter langer Klinge. Offenbar sei der Tatort eine Etage tiefer gewesen, berichtet der Polizist – auf einer Couch. Dazu sagt der Zeuge aus, dass das Haus so gewirkt habe, als sei gerade jemand am Ausziehen. Auch im Haus der Getöteten in Heusweiler finden Beamten Kisten mit Sachen von Daniel D. Hat er den Umzug bereits gestartet?

Vor drei Wochen hat die Mutter ausgesagt, dass sie nicht mitbekomme­n habe, dass die Leiche im ersten Stock liege, da sie dort wegen Schimmelbe­falls nicht hinging. Sie habe ihre Cousine zuletzt kurz nach dem Urlaub gesehen. Auf die Frage des Richters, wie ihre Cousine ums Leben gekommen sei, sagt sie: „Das weiß ich nicht, das kann ich nicht sagen.“Kommende Woche soll nun ihr Sohn aussagen.

 ?? FOTO: BECKERBRED­EL ?? Die Angeklagte kam unter eine Jacke gehüllt in den Gerichtssa­aal, ihr mitangekla­gter Sohn im blauen Hemd. Aus Habgier soll der Angeklagte im Oktober 2022 eine Verwandte erstochen haben.
FOTO: BECKERBRED­EL Die Angeklagte kam unter eine Jacke gehüllt in den Gerichtssa­aal, ihr mitangekla­gter Sohn im blauen Hemd. Aus Habgier soll der Angeklagte im Oktober 2022 eine Verwandte erstochen haben.

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