Sommertheater: Rumgemännere im „Lustgarten“
Bei der Schauspielschule Acting & Arts gab es gleich eine doppelte Premiere: Ein neuer Ort, ein neues Stück. Und zwei ziemlich miese Männer.
Theater und hochsommerliche Temperaturen passen nicht zusammen? Falsch gedacht! Theater kann einem bei 25 Grad und mehr sogar als kühler Zufluchtsort dienen. Zumindest dann, wenn es auf der „Theater-Terrasse“der privaten Schauspielschule Acting & Arts in der Dudweiler Landstraße gespielt wird.
Zum ersten Mal überhaupt in der mittlerweile nun schon 13-jährigen Geschichte der Schauspielschule wurde der überdachte Außenbereich der Schule bespielt. Und zwar mit einer Inszenierung von „Lustgarten“, einem Stück von Sabine Harbeke, das Schulleiterin Petra Lamy mit Manuel Franz, Schauspieler und Acting & Arts-Schüler der ersten Stunde, koproduzierte.
Eine Trennung von Bühne und Zuschauerraum gab es da nicht. Gespielt wurde, auf leicht erhöhtem Podest, mehr oder minder im Zuschauerraum. Ganz nah waren die Zuschauer, die wohlgemerkt nicht auf geordneten Rängen, sondern an gemütlichen Tischgruppen in sommerlicher Terrassen-Manier Platz fanden, also am Geschehen dran. Das traf sich gut. Lebt dieses Stück doch weniger von einer Handlung, als vielmehr von den Feinheiten und Ambivalenzen des menschlichen Seins. Übersetzt in Gestik, Mimik und sich überschlagende Gespräche.
Der Titel „Lustgarten“mutet dabei euphemistisch an. Denn dieser Lustgarten ist eigentlich eine Autobahnraststätte. Dort sitzen Krause und Mertens, mit einem ausgewachsenen Kater, beisammen und versuchen, die Geschehnisse der letzten Nacht zu rekonstruieren.
Die Freunde wollten eine Reise nach Frankreich unternehmen. Als Transportmittel wählten sie die von einer Frau angebotene Mitfahrgelegenheit. Im Auto wurde geplaudert, es wurde sich gut verstanden. Am Abend wurde zusammen getrunken, wurde Karaoke gesunken. Und dann, ja dann, landete die Frau im Kofferraum. Eingesperrt von Krause und Mertens.
Wie es dazu kam? Das wissen die beiden Männer auch nicht so recht. Provoziert habe die Unbekannte es in jedem Fall, in einer Art Mutproben-Manier. „Sie wollte es“, da sind sich Krause und Mertens sicher. Anwesend ist diese Frau im Stück nie. Die beiden Männer dafür umso mehr. Gut eine Stunde schalten und walten sie auf der Bühne, zeichnen ein diffuses Bild der Frau im Kofferraum – irgendwie kokett, aber auch provokativ und auf jeden Fall irgendwie essgestört – und geben dabei vor allem ihre eigenen charakterlichen Abgründe preis.
„Sie wird schon nicht ersticken“, da ist sich Mertens, gespielt von Robert Sonnenburg, sicher. Er erfreut sich seines frisch geschnittenen Haares, denkt an Schmetterlinge und mampft Currywurst. Krause, gespielt von Manuel Franz, macht sich da schon mehr Gedanken: Wird die Luft reichen? Braucht die Unbekannte als Diabetikerin nicht vielleicht doch eine Insulinspritze? Gegenseitig wird sich da die Schuld zugeschoben, in Geschrei, Getose und Dialogen, die so absurd sind, dass sie unweigerlich zu bitter-bösen Lachern führen, wird verhandelt, wer da nun eigentlich die treibende Kraft war.
Robert Sonnenburg, für den es seine erste Theater-Premiere überhaupt war, und Manuel Franz, der das Saarland demnächst gen Köln verlassen wird, spielen dieses „Rumgemännere“mit Bravour. Spielen mit einer rotzigen Nonchalance, die die nicht gerade sympathischen Charaktere umso greifbarer macht.
Die dritte Figur des Stückes, die Schwester der Unbekannten nämlich, wurde in der Acting & Arts-Inszenierung indes ins Off verbannt. Im Original betritt die Schwester am Ende des Stückes für einen 20-minütigen Monolog die Bühne. Zeichnet weiter am Bild der Unbekannten: Seltsame Vorliebe für Schlangen, gescheiterte Ehe, generelle Unsymphatie füreinander. Sie sagt sogar: „Ich hoffte, dass meine Schwester unglücklich war“.
Gerade dieser Monolog wird dem Stück in Rezensionen früher Inszenierungen als Schwäche angekreidet. Petra Lamy und Manuel Franz spielen in ihrer Inszenierung den Monolog, gesprochen von Petra Lamy, in Ausschnitten während des Stücks ein. Das hält das Stück dynamisch. Bis zum Ende.
Anfang September wird dieses kurzweilige und spannende Stück noch einmal gespielt. Im nächsten Jahr will Petra Lamy auf ihrer Theater-Terrasse eine Sommer-Bühne initiieren. Futter für Gehirn und Geist in den warmen Monaten bieten. Mit einer leichten Brise um die Nase. Eine schöne Vorstellung.
„Lustgarten“wird nach der Sommerpause nochmal gespielt und zwar am 2. und 3. September, 16.30 Uhr, bei Acting & Arts in der Dudweiler Landstraße (Kulturfabrik). Karten zu 15/12 Euro unter www. acting-and-arts.com