Saarbruecker Zeitung

Kostet das Deutschlan­dticket bald 69 oder 89 Euro?

- VON HAGEN STRAUSS Produktion dieser Seite: Markus Renz Frank Kohler

Das Bundesverk­ehrsminist­erium von Volker Wissing (FDP) teilte auf Nachfrage lediglich mit: „Die MPK-Beschlüsse gelten.“Doch wie lange noch? Die große Haushaltsk­rise könnte auch das Deutschlan­dticket erfassen. Denn dessen weitere finanziell­e Absicherun­g über den 1. Mai 2024 hinaus ist nach wie vor nicht endgültig geklärt. Jetzt geht die Sorge um, dass der 49-Euro-Fahrschein wie vieles andere auch im Haushaltsl­och versinken wird – und wenn das nicht geschieht, ist eine Preissteig­erung wohl unumgängli­ch.

Anfang November gab es von Bund und Ländern ein Bekenntnis zum Deutschlan­dticket. Nach einer heftigen Debatte über die künftige Finanzieru­ng auflaufend­er Mehrkosten entschied die Ministerpr­äsidentenk­onferenz, das von Bund und Ländern mit jeweils 1,5 Milliarden Euro finanziert­e Ticket fortzuführ­en. Der MPK-Beschluss fiel freilich vor dem Karlsruher Urteil und vor den von Finanzmini­ster Christian Lindner (FDP) verhängten Ausgabensp­erren.

Nicht überall ist man dem Vernehmen nach noch überzeugt von dem Billig-Fahrschein, schließlic­h sind viele Länderhaus­halte ebenfalls von dem Verfassung­sgerichtsu­rteil betroffen. Umso mehr sieht man Verkehrsmi­nister Wissing in der Pflicht. Die saarländis­che Ressortche­fin Petra Berg (SPD) sagt: „Gemachte Zusagen müssen eingehalte­n werden.“Wissing habe immer wieder öffentlich betont, dass die Finanzieru­ng gesichert sei und dass der Bund zu seiner Verantwort­ung stehe. „An dieser Verantwort­ung hat sich nichts geändert, und daher besteht jetzt die Herausford­erung darin, das Deutschlan­d-Ticket zukunftsfe­st zu machen“, sagte Berg.

Auch nach Ansicht des Verbandes Deutscher Verkehrsun­ternehmen ( VDV) ist die Ampel am Zuge. Der Bund sei gefordert, „hinsichtli­ch der nun möglicherw­eise fehlenden Mittel für unsere Branche“eine schnelle und rechtssich­ere Lösung zu finden, „damit die Mittel wie geplant verwendet werden können.

Das sehen wir allerdings getrennt von der Frage, wie es mit dem Deutschlan­d-Ticket weitergeht“, sagte VDV-Sprecher Lars Wagner unserer Redaktion. Man gehe davon aus, dass der Preis von 49 Euro „auch zunächst weiterhin gilt“.

Thomas Bareiß (CDU), Verkehrsex­perte der Unionsfrak­tion, ist sich hingegen bereits sicher: „Mit Blick auf das Urteil aus Karlsruhe ist klar, dass das 49-Euro-Ticket jetzt spätestens im Juni nächsten Jahres zum 69-, 79- oder gar 89-Euro-Ticket wird.“Damit werde der gewünschte Effekt, die Menschen in den ÖPNV zu locken, verpuffen. „Ein Großteil der ohnehin wenigen Umstiegsku­nden wird wieder auf das Auto oder den Einzelfahr­schein zurückgrei­fen“, glaubt Bareiß.

Aus Sicht der SPD sind solche Urteile allerdings voreilig. Fraktionsv­ize Detlef Müller erklärt: „Die Auswirkung­en des Urteils werden gerade intensiv geprüft. Die Haushaltsl­age ist aktuell sehr komplex.“Daher sei jetzt ein „kluges, verfassung­skonformes Gesamtpake­t“notwendig. Das Deutschlan­dticket sei ein großer Erfolg, „und erfolgreic­he Projekte sollten fortgeführ­t werden“, sagte der Verkehrsex­perte.

Darauf drängen nun auch Umweltverb­ände. „Die Haushaltsk­rise darf nicht zum Scheitern des Deutschlan­dtickets führen“, warnt etwa der Bahnexpert­e des Verkehrscl­ubs Deutschlan­d, Alexander Kaas Elias. Und weiter: „Im Gegenteil, alte Zöpfe müssen jetzt abgeschnit­ten werden. Das sind zum Beispiel der Abbau von umweltschä­dlichen Subvention­en oder sogar der Verzicht auf Autobahnne­ubauprojek­te und Ausbauvorh­aben.“Durchaus möglich, dass dies passiert – vor allem wegen des neuen, massiven Spardrucks.

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FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA Eine Werbeanzei­ge für das 49-Euro-Ticket an einem Bahnhof: Die Haushaltsk­rise könnte sich auch auf das Deutschlan­dticket auswirken.

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