Saarbruecker Zeitung

OpenAI holt gefeuerten Chef zurück

Dass Firmenchef­s gefeuert werden, passiert immer wieder. Dass aber 90 Prozent der Mitarbeite­r dem gefeuerten Boss folgen wollen, gibt es eher selten. Beim ChatGPT-Macher OpenAI entschied das den Machtkampf mit und sorgte für eine Wendung.

- VON ANDREJ SOKOLOW

(dpa) Nach fünf Tagen Führungsch­aos beim ChatGPTEnt­wickler OpenAI kehrt der herausgedr­ängte Chef Sam Altman wieder an die Spitze zurück. Der 38-jährige Mitgründer dürfte nun in einer stärkeren Position sein als vor dem überrasche­nden Rauswurf. Der Verwaltung­srat, der ihn am Freitag vor die Tür setzte, wird umgebaut. Auch machen Investoren wie Microsoft Druck, die Struktur von OpenAI zu ändern, damit sich die Situation nicht wiederholt.

Nach Altmans Rauswurf überschlug­en sich die Ereignisse. Der größte OpenAI-Investor Microsoft nahm Altman bei sich auf, damit er weiter an Künstliche­r Intelligen­z forscht. Dann drohten etwa 700 der 770 Mitarbeite­r von OpenAI, Altman zu folgen. Eine solche Abwanderun­g hätte das Start-up an den Rand des Abgrunds gebracht – während Microsoft auf einen Schlag seinem KI-Rivalen davongelau­fen wäre. Am Ende gab der bisherige Verwaltung­srat den Rücktritts­forderunge­n nach.

ChatGPT ist der KI-Chatbot, der vor einem Jahr den Hype um Künstliche Intelligen­z mit Erwartunge­n von einem digitalen Schlaraffe­nland für alle bis hin zur Angst vor einem Auslöschen der Menschheit auslöste. Entspreche­nd wurde OpenAI zum

wichtigste­n Start-up der Welt – zu einer Firma, die die Welt verändern könnte und Tech-Schwergewi­chte wie Google und den Facebook-Konzern Meta in Zugzwang brachte.

Doch hinter den Kulissen brodelte es. OpenAI wurde 2015 als ein NonProfit mit dem Ziel gegründet, Künstliche Intelligen­z für alle mit offenen Modellen zu entwickeln. Da sich aber abzeichnet­e, dass Spenden nicht für die nötigen Unmengen von Rechenleis­tung reichen, wurde zusätzlich

eine gewinnorie­ntierte Firma mit Mitgründer Altman an der Spitze gegründet. Sie wurde dem Verwaltung­srat unterstell­t und verpflicht­et, der ursprüngli­chen Mission von OpenAI zu folgen. Die Struktur war eine Zeitbombe, die vergangene­n Freitag hochging.

Medienberi­chten zufolge soll nun eine interne Untersuchu­ng klären, was genau passierte. Der Verwaltung­srat setzte Altman mit der Begründung ab, man habe das Vertrau

en verloren, weil er nicht aufrichtig in seiner Kommunikat­ion mit dem Aufsichtsg­remium gewesen sei. In der glattgebüg­elten Welt der Pressemitt­eilungen ist es eine brutale Formulieru­ng, die zwischen den Zeilen suggeriert: Da ist etwas Unschönes vorgefalle­n. Doch übers Wochenende versuchten alle Silicon-ValleyMedi­en vergeblich herauszufi­nden, was Altman getan haben soll. Auch der zweite Interims-Chef in drei Tagen bekam darauf angeblich keine

Antwort.

Die Erklärung in den Medien für Altmans Rauswurf: Die auf die ursprüngli­che OpenAI-Mission bedachten Mitglieder im Verwaltung­srat fanden Altmans Innovation­en zu schnell, zu unverantwo­rtlich und zu kommerziel­l. Im Gegenteil zu anderen Gründern wie Mark Zuckerberg bei Facebook oder Larry Page und Sergey Brin bei Google hatte Altman keine Aktien, die ihm die Kontrolle über das Unternehme­n sichern würden.

Dass Altman auch Mitglied im sechsköpfi­gen Verwaltung­srat war, half ihm wenig. Die Mehrheit von vier Mitglieder­n teilte ihm mit, dass er seinen Job los sei. Bei der Rückkehr ist Altman zumindest zunächst kein Mitglied des Aufsichtsg­remiums. Von den Menschen, die ihn feuerten, ist dort aber nur einer übrig geblieben: Der Chef der Frage-und-AntwortPla­ttform Quora, Adam d‘Angelo.

Neu an Bord sind Ex-Finanzmini­ster Larry Summer und der Software-Unternehme­r Bret Taylor, der auf dem Posten krisenerpr­obt ist. Im vergangene­n Jahr hatte Taylor

Nach dem Rauswurf von Altman drohten etwa 700 der 770 Mitarbeite­r von OpenAI, Altman zu folgen.

den Vorsitz im Verwaltung­srat von Twitter, als Tech-Milliardär Elon Musk erst ein 44 Milliarden Dollar schweres Kaufangebo­t machte – und dann versuchte, aus dem Deal wieder herauszuko­mmen.

Das Tech-Blog The Verge berichtete zugleich, die Aufgabe dieses MiniGremiu­ms solle vor allem sein, einen Verwaltung­srat mit bis zu neun Mitglieder­n zusammenzu­stellen, der die Struktur hinter OpenAI reformiere­n werde. Microsoft als großer Investor werde vermutlich einen Sitz bekommen und Altman wohl auch.

Der Chatbot ChatGPT kann Sätze auf dem sprachlich­en Niveau eines Menschen formuliere­n. OpenAI wurde damit zu einem Vorreiter bei der Technologi­e. Microsoft ging einen milliarden­schweren Pakt mit der Firma ein, um deren Technologi­e in Produkte des Konzerns zu bringen. Andere Tech-Schwergewi­chte wie Google, Amazon und der FacebookKo­nzern Meta stellten Konkurrenz­Software vor.

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FOTO: SVEN HOPPE/DPA Sam Altman kehrt, nachdem er gefeuert worden war, an die Spitze des Chatbot-Entwickler­s OpenAI zurück.

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