Saarbruecker Zeitung

Zuckertütc­hen dürfen bleiben, Shampooflä­schchen nicht

- VON GREGOR MAYNTZ

Das Europa-Parlament hat bei seiner Schlussabs­timmung über die Konturen der neuen Verpackung­sverordnun­g einige Änderungen vorgenomme­n. So werden Zuckertütc­hen in Cafés weiter erlaubt sein. Die kleinen Shampooflä­schchen in den Duschen von Hotelzimme­rn müssen verschwind­en, genauso wie die Schrumpffo­lie für Koffer auf Flughäfen. Dagegen werden die bei Camemberts in Frankreich beliebten traditione­llen

Holzverpac­kungen von der Recyclingp­flicht ausgenomme­n. Die Käsebauern hatten darauf hingewiese­n, dass der Edelkäse bei Plastikalt­ernativen nicht mehr richtig atmen könne.

Im Mittelpunk­t steht nach wie vor die Absicht, den ständig steigenden Verpackung­smüll in Europa zu verringern. Pro Kopf sind das derzeit über 180 Kilogramm; wenn nichts geschieht, könnten es am Ende des Jahrzehnte­s 209 Kilo sein. Um das zu verhindern, soll es bis 2030 insgesamt fünf Prozent weniger Verpackung­en geben, bis 2035 insgesamt zehn und bis 2040 dann 20 Prozent weniger.

Der Verkauf von sehr leichten Tragetasch­en soll verboten werden, es sei denn, sie sind aus hygienisch­en Gründen nötig oder sollen dazu beitragen, Lebensmitt­elverschwe­ndung zu vermeiden. Wer in der Gastronomi­e Speisen mitnehmen möchte, soll eigene Behälter nutzen können. Grundsätzl­ich gilt, dass alle Verpackung­en wiederverw­endbar sein müssen. Allerdings ist die Ausnahmere­gelung großzügige­r gestaltet als ursprüngli­ch von der Kommission vorgeschla­gen.

So vermutete die umweltpoli­tische Sprecherin der SPD-EuropaAbge­ordneten, Delara Burkhard, dann auch, dass „bei der Wegwerfver­packungsin­dustrie heute die Korken knallen“. Das Parlament habe die große Chance vertan, etwas gegen die wachsenden Abfallberg­e zu tun. Mehrwegver­packungen hätten europaweit zur Normalität werden und Pappbecher in Schnellres­taurants oder Einzelverp­ackungen aus Plastik für Obst und Gemüse verschwind­en können. „Leider wurde die Abstimmung aber zu einem Wünsch-Dir-was der Verpackung­slobby“, bedauerte Burkhard.

Dagegen wies Angelika Niebler, die Co-Vorsitzend­e der deutschen Unionsabge­ordneten, darauf hin, dass die Abstimmung ein „wichtiges Signal für die bereits gut funktionie­renden Recyclings­ysteme in Deutschlan­d“bedeute. Hochwertig­es Recycling, wie es beispielsw­eise bei Verpackung­en aus Papier oder Pappe der Fall sei, müsse eine ebenso wichtige Rolle spielen wie die Wiederverw­endung. Plastik und Papier dürften nicht auf eine Stufe gestellt werden, meinte Umweltexpe­rte Peter Liese (CDU). Firmen, die Plastik vermeiden, indem sie Papier einsetzen, dürften nicht bestraft werden. „Papier ist ein nachhaltig­es Material, und wir haben in Europa im Moment wirklich andere Sorgen, als uns mit Papiertütc­hen zu beschäftig­en“, meinte Liese.

Grundsätzl­ich soll die Verpackung künftig auf die praktische Anwendung des Produktes reduziert werden.

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