Der nächste Trierer Bischof unter Verdacht
Beim Thema Missbrauch gibt es regelmäßig Enthüllungen. Im Bistum Trier ist von 227 Beschuldigten und fast 600 Opfern die Rede. Einmal mehr rückt die Verantwortung der Bischöfe in den Blick.
Inwiefern waren frühere Trierer Bischöfe an Vertuschungsmanövern bei Missbrauchsvorwürfen gegen Geistliche beteiligt oder wussten zumindest davon? Nach dem 1993 verstorbenen Bernhard Stein, bei dem dies aktenkundig ist, gerät jetzt auch der erst vor fünf Jahren verstorbene Weihbischof Leo Schwarz ins Zwielicht.
Wie im dieser Woche veröffentlichten zweiten Zwischenbericht der Aufarbeitungskommission des Bistums zu lesen ist, war Schwarz offenbar daran beteiligt, dass ein mehrfach mit Missbrauchsvorwürfen konfrontierter Trierer Priester in Südamerika untertauchen konnte. Bei dem Geistlichen handelt es sich um Claus Weber, der im selben rheinland-pfälzischen Ort (Braunweiler) wie Schwarz geboren wurde.
Nach dem Bericht der Aufarbeitungskommission hat sich der Trierer Weihbischof einst bei Bischof Emil Stehle dafür eingesetzt, Weber eine Pfarrstelle in dessen ecuadorianischer Diözese zu übertragen. Das Besondere daran: Der selbst wegen zahlreicher sexueller Straftaten aufgefallene Stehle sei für klerikale Sexualstraftäter aus ganz Europa als Fluchthelfer tätig gewesen und habe nachweislich die Strafverfolgung dieser Priester verhindert, heißt es im Bericht der Aufarbeitungskommission.
Die Autoren des Zwischenberichts gehen davon aus, „dass hier alle handelnden Personen bestens übereinander informiert waren“. Heißt im Klartext aber auch, dass Weihbischof
Leo Schwarz zumindest einen Teil der Missbrauchsgerüchte über Stehle und Weber gekannt haben musste. Trotzdem glaubten die Verantwortlichen im Trierer Generalvikariat Weber, als der 1994 nach Paraguay floh, weil er in Bolivien angeblich mit unberechtigten Missbrauchsvorwürfen konfrontiert worden war. Nachfragen der Bischöfe Spital und Schwarz, was eigentlich aus den Vorwürfen geworden ist, gab es später keine. Sie fragten auch nicht nach, als sie im Jahr 2000 durch Claus Weber selbst von inzwischen eingestellten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen seine Person erfuhren. Wieder einmal ging es um den Missbrauch Minderjähriger. Falsche Beschuldigungen, wie Weber dem Trierer Weihbischof Leo Schwarz damals gesagt haben soll.
Das Bistum versetzte Weber erst 2003 in den Ruhestand, nachdem weitere sexuelle Übergriffe bekannt geworden waren. Von seinen priesterlichen Aufgaben wurde er sogar erst viele Jahre später entbunden.
Für die Mitglieder der Aufarbeitungskommission ein Paradebeispiel dafür, dass es den im Bistum Verantwortlichen vor allem darum ging, den guten Ruf der Kirche und ihrer Repräsentanten zu bewahren. Neue Vorwürfe könnten bald hinzukommen. Bereits im Januar will sich die Aufarbeitungskommission in einem weiteren Zwischenbericht mit den Missbrauchsfällen in der Ära Spital befassen.