Saarbruecker Zeitung

Der nächste Trierer Bischof unter Verdacht

Beim Thema Missbrauch gibt es regelmäßig Enthüllung­en. Im Bistum Trier ist von 227 Beschuldig­ten und fast 600 Opfern die Rede. Einmal mehr rückt die Verantwort­ung der Bischöfe in den Blick.

- VON ROLF SEYDEWITZ Produktion dieser Seite: Martin Wittenmeie­r Markus Saeftel

Inwiefern waren frühere Trierer Bischöfe an Vertuschun­gsmanövern bei Missbrauch­svorwürfen gegen Geistliche beteiligt oder wussten zumindest davon? Nach dem 1993 verstorben­en Bernhard Stein, bei dem dies aktenkundi­g ist, gerät jetzt auch der erst vor fünf Jahren verstorben­e Weihbischo­f Leo Schwarz ins Zwielicht.

Wie im dieser Woche veröffentl­ichten zweiten Zwischenbe­richt der Aufarbeitu­ngskommiss­ion des Bistums zu lesen ist, war Schwarz offenbar daran beteiligt, dass ein mehrfach mit Missbrauch­svorwürfen konfrontie­rter Trierer Priester in Südamerika untertauch­en konnte. Bei dem Geistliche­n handelt es sich um Claus Weber, der im selben rheinland-pfälzische­n Ort (Braunweile­r) wie Schwarz geboren wurde.

Nach dem Bericht der Aufarbeitu­ngskommiss­ion hat sich der Trierer Weihbischo­f einst bei Bischof Emil Stehle dafür eingesetzt, Weber eine Pfarrstell­e in dessen ecuadorian­ischer Diözese zu übertragen. Das Besondere daran: Der selbst wegen zahlreiche­r sexueller Straftaten aufgefalle­ne Stehle sei für klerikale Sexualstra­ftäter aus ganz Europa als Fluchthelf­er tätig gewesen und habe nachweisli­ch die Strafverfo­lgung dieser Priester verhindert, heißt es im Bericht der Aufarbeitu­ngskommiss­ion.

Die Autoren des Zwischenbe­richts gehen davon aus, „dass hier alle handelnden Personen bestens übereinand­er informiert waren“. Heißt im Klartext aber auch, dass Weihbischo­f

Leo Schwarz zumindest einen Teil der Missbrauch­sgerüchte über Stehle und Weber gekannt haben musste. Trotzdem glaubten die Verantwort­lichen im Trierer Generalvik­ariat Weber, als der 1994 nach Paraguay floh, weil er in Bolivien angeblich mit unberechti­gten Missbrauch­svorwürfen konfrontie­rt worden war. Nachfragen der Bischöfe Spital und Schwarz, was eigentlich aus den Vorwürfen geworden ist, gab es später keine. Sie fragten auch nicht nach, als sie im Jahr 2000 durch Claus Weber selbst von inzwischen eingestell­ten staatsanwa­ltschaftli­chen Ermittlung­en gegen seine Person erfuhren. Wieder einmal ging es um den Missbrauch Minderjähr­iger. Falsche Beschuldig­ungen, wie Weber dem Trierer Weihbischo­f Leo Schwarz damals gesagt haben soll.

Das Bistum versetzte Weber erst 2003 in den Ruhestand, nachdem weitere sexuelle Übergriffe bekannt geworden waren. Von seinen priesterli­chen Aufgaben wurde er sogar erst viele Jahre später entbunden.

Für die Mitglieder der Aufarbeitu­ngskommiss­ion ein Paradebeis­piel dafür, dass es den im Bistum Verantwort­lichen vor allem darum ging, den guten Ruf der Kirche und ihrer Repräsenta­nten zu bewahren. Neue Vorwürfe könnten bald hinzukomme­n. Bereits im Januar will sich die Aufarbeitu­ngskommiss­ion in einem weiteren Zwischenbe­richt mit den Missbrauch­sfällen in der Ära Spital befassen.

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