Die Höhen und Tiefen eines Saar-Spitzenkochs
Seit 55 Jahren steht Josef Hubertus aus Tholey am Herd. Der Besitzer und Küchenchef der Hotellerie Hubertus erzählt aus seinem Leben.
Mit zarten 15 Jahren hat er seine Kochlehre begonnen. „Das war 1968 im Saarbrücker Ratskeller, bei Familie Vollkommer“, erzählt Josef Hubertus. Wir sitzen in seinem eleganten Restaurant mit dem Kreuzgewölbe und den edlen Holzstühlen aus Italien, im offenen Kamin lodert ein Holzfeuer. Im Juli ist der Besitzer und Küchenchef der Hotellerie Hubertus 70 geworden. Und er steht noch immer am Herd. Zusammen mit seiner Frau Miriam führt er den Betrieb im Herzen von Tholey mit 17 Hotelzimmern, Gourmet-Restaurant, Wintergarten Palazzo, Marktstube und Gesellschaftsraum.
Josef Hubertus ist eine Institution der saarländischen Gastronomie. Hat in den 55 Jahren seines Berufslebens Höhen und Tiefen erlebt. Wie etliche andere Spitzenköche. Auch privat. Davon erzählt er uns mit großer Offenheit, beschönigt nichts. Eine ehrliche Haut, bodenständig, herzlich. Zehn Jahre lang leuchtete ein Michelin-Stern über dem Haus in der Metzer Straße 1. Das war ab 1993, damals blühte die Gourmetszene im Saarland groß auf. Die Feinschmecker strömten in die Restaurants von Margarethe Bacher in Neunkirchen, Bernhard Michael Bettler in Wallerfangen, Jörg Glauben auf Schloss Berg in Perl sowie Dieter Stark und Roland Wätzmann im Parkhotel Gengenbach in Völklingen. „Mit Margarethe Bacher war ich befreundet, wir haben mehrmals im Saarbrücker Schloss bei Veranstaltungen gemeinsam gekocht. Es war ein Verhältnis gegenseitiger Hochachtung“, erinnert sich Josef Hubertus.
Bis dahin war es ein langer Weg für den gebürtigen Tholeyer. Im Juli 1953 erblickte der Sohn von Josef und Adelheid Hubertus das Licht der Welt. In der Trierer Straße. Eine Hausgeburt. „Dr. Hammer, unser Hausarzt, war der Geburtshelfer.“Nach der Schule in Tholey ging es mit 15 Jahren in die Lehre. Im dritten Jahr nahm er an den Saarlandmeisterschaften teil – und holte den Titel. Weitere Stationen waren die Diätküche des Winterberg-Klinikums in Saarbrücken, „da schickten wir rund 1000 Essen am Tag“, und das Restaurant Hubertushof in Wallerfangen, „da lernte ich die französische Küche mit Gerichten wie ganzem Lachs und Apfeltarte kennen“. Mit 20 ging Hubertus für ein Jahr nach London. „Ich hatte in der Zeitschrift ‚Die Küche‘ eine Annonce gelesen. Der legendäre Belfry Club mit einem deutschen Küchenchef suchte Jungköche, ich habe mich beworben und es hat geklappt.“In dem privaten Club in einer historischen ehemaligen presbyterianischen Kirche wurde für Mitglieder der englischen Regierung und auch für Staatsgäste gekocht. „Es gab riesige Dessertwagen mit Dutzenden von süßen Gerichten, einfach gigantisch.“Und der deutsche Jungkoch machte Bekanntschaft mit Yorkshire Pudding und Minzsoße.
Zurück in Deutschland ging es zur Bundeswehr, und Hubertus landete in einem Offizierskasino in Düsseldorf. Auf Sie haben wir gewartet“, habe sein Vorgesetzter ihn begrüßt. „Ich war damals dort der einzige richtige Koch, das kam mir zugute.“Es sei eine lockere Zeit gewesen. Er habe sich für zwei Jahre verpflichtet und nebenbei auf der Abendrealschule die Mittlere Reife abgeschlossen. Danach ging es zur Fachoberschule nach Homburg
(Chemotechnik), „das war die Vorstufe zum Lebensmittelingenieur“. Doch so weit kam es – zum Glück für die Feinschmeckergemeinde im Saarland – dann doch nicht. Denn die Heimat rief. Das ehemalige Hotel Eckert in Tholey, ein alteingesessener Betrieb, stand leer. Da habe Bürgermeister Walter John seinen Vater Josef angesprochen: „Sepp, dein Sohn hat doch Koch gelernt, ihr könnt doch das Hotel kaufen.“
Gesagt – getan. Das war 1977 – und natürlich nicht so einfach. Der Erwerb und die Unterhaltung des großen Hauses mitten in Tholey war eine Mammutaufgabe. „Das ging nur, weil meine ganze Familie mitgemacht hat“so Hubertus. Überhaupt ist er sehr stolz auf seine Familie. Und dankbar: „Mein Vater und meine Mutter haben 25 Jahre lang finanziell und mit ihrer Arbeitskraft geholfen.“Mutter Adelheid war in der Küche zu
gange. „Sie hat großartige Kuchen gebacken, hat auch Frau Bacher gekannt, die beiden haben sich sehr gut verstanden.“Kaffee und Kuchen gibt es übrigens heute noch regelmäßig in der Hotellerie.
Zusammen mit seiner damaligen Frau Hiltrud war Josef Hubertus Besitzer der Hotellerie, hat 1981 zum ersten Mal umgebaut, unter anderem wurde das Kreuzgewölbe geschaffen. 1981 legte der Küchenchef auch seine Meisterprüfung ab und in den folgenden Jahren hat er sich ständig fortgebildet und weiterentwickelt. „In jedem Urlaub ging es zum Essen zu großen Kollegen nach Frankreich, später auch in Deutschland.“Bei Drei-Sterne-Köchen wie Alain Chapelle oder Georges Blanc
lernte er die ganz große Gastronomie kennen, holte sich Inspirationen. Das gilt auch für die deutschen Koch-Legenden Eckart Witzigmann und Hans Haas, wichtige Impulsgeber für deutsche Küchenchefs.
Zu Hause hat Hubertus nach und nach seine Küche umgestellt und das Niveau gesteigert. „Ich habe immer selbst eingekauft, wir haben ein großes und ein kleines Feinschmecker-Menü angeboten.“Bei Firmen wie der VLG und Cremona in Saarbrücken gab es frische Wachteln und Perlhühner sowie Edelfische wie Steinbutt und Seezunge. „Ich habe auch viel gelesen, Bücher und Zeitschriften, habe Rezepte studiert, ausprobiert, interpretiert.“So entwickelte sich Hubertus zum Spitzenkoch, bildete kommende Spitzenköche aus, 1991 zum Beispiel Klaus Erfort. Der Michelin zeichnete die Hotellerie mit einem Stern aus, der Laden brummte. 1998/99 wurde groß umgebaut. In der zweiten Etage des Hauses wurden weitere Zimmer geschaffen, ein Wintergarten gebaut und als Bistro Palazzo eingerichtet. „Ich habe mich damals finanziell verhoben, saß anschließend auf einem großen Schuldenberg“, sagt Hubertus. Dazu kamen private Veränderungen. Die Ehe mit seiner Frau Hiltrud ging in die Brüche. 2001 kam seine heutige Frau Miriam ins Haus, zuerst im Service, dann machte sie erfolgreich eine Kochausbildung, wurde in ihrem Jahrgang beste Köchin des Saarlandes. Doch die finanzielle Belastung war groß, das Team musste verkleinert werden. 2003 war der Stern weg, „für uns hier auf dem Land ein Riesenverlust“.
Doch Josef und Miriam Hubertus ließen sich nicht unterkriegen. „Ab 2008 konnten wir das Ruder wieder herumreißen, haben uns nach und nach wieder freigeschwommen.“Die Corona-Pandemie hätten sie mit Essen außer Haus gut überstanden, dank eines großen und treuen Kundenkreises. Auftrieb hätten auch die neuen Richter-Fenster in der Abtei-Kirche nebenan gegeben, Reisegruppen kämen verstärkt nach Tholey, würden im Hotel und den Restaurants für Umsatz sorgen. Inzwischen haben Josef Hubertus und seine Frau Miriam drei Kinder: Nele (8), Lara (16) und Julia (18), die beiden Älteren helfen mit im Familienunternehmen. Das sei jetzt wieder gut aufgestellt – und so langsam hält der Chef Ausschau nach einem Nachfolger. „Mit 70 wird das allmählich Zeit“, sagt er – und zieht sich nach einem langen, angenehmen Gespräch zurück in seine Küche.
„Ich habe mich damals finanziell verhoben, saß anschließend auf einem großen Schuldenberg.“Josef Hubertus
Hotellerie Hubertus, Metzer Straße 1, 66636 Tholey, Tel. (0 68 53) 9 10 30. Restaurant: Mi-Sa 19-23 Uhr, So 12-15 und 19-23 Uhr. Wintergarten Palazzo: Mi-Fr und So 10-22 Uhr, Sa 15-22 Uhr.