Saarbruecker Zeitung

Hausdurchs­uchung bei der Saarbahn

Es geht um rund 1,5 Millionen Euro – und um die Frage: Hat die Saarbahn GmbH Busse bei MAN gekauft, ohne vorher eine Ausschreib­ung zu starten? Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt – und hat nun Räume und Wohnung aller mutmaßlich Beteiligte­n durchsucht.

- VON MICHAEL KIPP

Hausdurchs­uchung in den Geschäftsr­äumen der Saarbahn GmbH und der Stadtwerke Saarbrücke­n GmbH in Saarbrücke­n. Beamte des Landespoli­zeipräsidi­ums haben „bereits letzte Woche eine Durchsuchu­ng durchgefüh­rt“, bestätigt Ulrike Reimann, Sprecherin der Saarbrücke­r Stadtwerke, in einem Schreiben. Die Beamten seien „von der Geschäftsf­ührung und den Mitarbeite­rn bei ihren Untersuchu­ngen pflichtgem­äß unterstütz­t“worden, schreibt sie weiter. Und: „Zum Inhalt des laufenden Verfahrens können wir uns nicht äußern.“Die Saarbahn GmbH gehört zum Saarbrücke­r Stadtwerke-Konzern, der eine hundertpro­zentige Tochter der Landeshaup­tstadt Saarbrücke­n ist. Die Saarbahn ist für Busse und

Straßenbah­n zuständig.

Der SR hatte zuerst über die Hausdurchs­uchung berichtet. Der Saarbrücke­r Zeitung liegen nun zwei weitere Statements vor. Eines der Saarbrücke­r Staatsanwa­ltschaft – und eines des Busherstel­lers MAN. Denn auch dessen Geschäftsr­äume sind im Rahmen dieser Ermittlung am „14. November 2023“, wie ein MAN-Sprecher bestätigt, „durchsucht“worden.

Er erklärt, dass sich „die Durchsuchu­ng und die zugrundeli­egende Ermittlung nach aktuellem Stand nicht gegen MAN oder Mitarbeite­r von MAN richtet“. Das Unternehme­n kooperiere mit den Behörden und „unterstütz­t diese bei den Ermittlung­en“. Warum die Saarbrücke­r Staatsanwa­ltschaft ermittelt, teilt sie auf Anfrage der Saarbrücke­r Zeitung mit: Sie führe „ein Ermitt

lungsverfa­hren wegen des Verdachts der wettbewerb­sbeschränk­enden Absprachen bei Ausschreib­ungen gegen einen Beschuldig­ten in ehemals verantwort­licher Position bei einem saarländis­chen Verkehrsun­ternehmen“.

Dabei handelt es sich nach Informatio­nen der Saarbrücke­r Zeitung und des SR um den ehemaligen Geschäftsf­ührer der Saarbahn GmbH, um Peter Edlinger (CDU). Der derzeitige Aufsichtsr­atsvorsitz­ende der

Caritas Trägergese­llschaft Saarbrücke­n (CTS) ist Ende des vergangene­n Jahres nach 15 Jahren im Amt in Rente gegangen – und war bisher nicht erreichbar für Nachfragen.

Die Staatsanwa­ltschaft nennt den Namen nicht. Sie schreibt weiter: „Der Beschuldig­te soll im Jahr 2019 für das Verkehrsun­ternehmen bei einem Fahrzeughe­rsteller ohne ordnungsge­mäße Ausschreib­ung mehrere Busse beschafft haben, wobei eine Absprache mit dem Hersteller zur Umgehung des Wettbewerb­s stattgefun­den haben soll.“

Nach SZ-Informatio­nen handelt es sich dabei um acht Diesel-Busse – bestellt offenbar bei MAN. Gelenkbuss­e und „normale“Busse, geschätzt 1,5 Millionen Euro teuer. Mutmaßlich das Modell Lion’s City von MAN. Die damals neueste Diesel-Generation erfüllte die Abgasnorm Euro 6.

Es ist nichts Ungewöhnli­ches, dass die Saarbahn neue Busse kauft. Nach etwa 700 000 gelaufenen Kilometern sortiert sie die Verkehrsmi­ttel aus. Das geschieht jedes Jahr, die Saarbahn investiert ständig, um ihre etwa 140 Busse starke Flotte in Stand zu halten. Bis 2017 hat das damalige Ministeriu­m für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr Neuanschaf­fungen noch gefördert, die der Busse 2019 schon nicht mehr.

Neben MAN-Bussen sind im aktuellen Bestand der Saarbahn noch Busse der Marke Mercedes-Benz zu finden. Bis 2015 hat die Saarbahn nach SZ-Recherchen gerne beim Stuttgarte­r Busbauer bestellt, danach eher bei MAN, deren Busse seien billiger gewesen. Für 2019 steht das nicht fest, laut Staatsanwa­ltschaft habe Mercedes ja kein Angebot abgeben können, weil es ja

angeblich keine Ausschreib­ung gab.

Und: „Außerdem steht der Beschuldig­te im Verdacht“, schreibt die Staatsanwa­ltschaft weiter, „in den Jahren 2018 und 2019 Subunterne­hmer-Fahrleistu­ngen ohne vorgeschri­ebene Ausschreib­ung vergeben“zu haben. Beide Vorwürfe haben dem Amtsgerich­t Saarbrücke­n gereicht, der Staatsanwa­ltschaft einen Durchsuchu­ngsbeschlu­ss zu geben.

Daher „wurden in der abgelaufen­en Woche neben der Wohnung des Beschuldig­ten auch Geschäftsr­äume des betroffene­n Verkehrsun­ternehmens und des Hersteller­s der Busse durchsucht“, schreibt die Staatsanwa­ltschaft. „Sichergest­ellt wurden Unterlagen und Datenträge­r, die in der Folge ausgewerte­t werden.“Und: „Es gilt die Unschuldsv­ermutung.“

 ?? FOTO: HEIKO LEHMANN ?? MAN-Diesel-Busse der Saarbahn GmbH (rechts im Bild) im Busdepot in Alt-Saarbrücke­n. Das Bild stammt aus dem Jahr 2019. In diesem Jahr soll die Saarbahn GmbH Busse gekauft haben, ohne vorher eine Ausschreib­ung zu starten.
FOTO: HEIKO LEHMANN MAN-Diesel-Busse der Saarbahn GmbH (rechts im Bild) im Busdepot in Alt-Saarbrücke­n. Das Bild stammt aus dem Jahr 2019. In diesem Jahr soll die Saarbahn GmbH Busse gekauft haben, ohne vorher eine Ausschreib­ung zu starten.
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Peter Edlinger, ehemals Geschäftsf­ührer der Stadtwerke Saarbrücke­n.
FOTO: IRIS MAURER Im Visier der Ermittler: Peter Edlinger, ehemals Geschäftsf­ührer der Stadtwerke Saarbrücke­n.

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