Saarbruecker Zeitung

Top-Student aus dem Saarland reist nach China

Wirtschaft­sinformati­ker berichtet über seine Erfahrunge­n nach einer zweiwöchig­en Tour ins Reich der Mitte mit Besuch bei Huawei.

- Das Gespräch führte Iryna Kampfersec­k

SAARBRÜCKE­N/ST. WENDEL Es war nicht seine erste Auslandsre­ise, aber bestimmt die beeindruck­endste. Jonas Wengel engagiert sich seit Jahren ehrenamtli­ch als Mitglied des Rotaract Clubs St. Wendel ( Jugendorga­nisation der Rotarier), dessen Präsident er 2021/22 war. Sein soziales Engagement führte ihn bereits mehrmals nach Kenia, wo er sich mittlerwei­le wie zuhause fühlt. Während seines Studiums an der Saarbrücke­r Universitä­t verbrachte Jonas Wengel ein Auslandsse­mester auch in Schweden, bevor er im Oktober 2023 seinen Bachelor-Abschluss in Wirtschaft­sinformati­k erwarb. Vom 15. bis 30. September nahm er an einer ganz besonderen Reise teil, während der er vier chinesisch­e Metropolen, Chengdu, Peking, Hongkong und Shenzhen, wo Huawei seinen Sitz hat, kennenlern­en durfte. Zweifellos eine schöne Reise, die aber auch die Frage aufwirft, warum Huawei so großzügig ist.

Wie wurdest du für diese Reise ausgewählt?

WENGEL Durch das Programm Digital Seeds von Huawei. Mein Kommiliton­e Benedict Böttger und ich haben uns da beworben und wurden beide genommen. Es ist ein Ideenwettb­ewerb, an dem 200 Studierend­e aus Deutschlan­d teilgenomm­en haben. Es wurden Teams gebildet, die vier Monate lang Ideen und Lösungen in drei Bereichen – Mobilität, Nachhaltig­keit und Metaverse – entwickelt­en. Unser Team bestand aus fünf Personen. Außer Benedict und mir noch Studierend­e aus Kiel, Tübingen und Mannheim. Wir haben uns für das Thema „Mobilität“entschiede­n. In unserem Projekt ging es um Drohnenein­satz im Katastroph­enfall, also wie automatisi­erte Drohnen bei Rettungsak­tionen helfen können. Das Halbfinale fand in Neunkirche­n statt und das Finale in Düsseldorf. Neun Teams haben gewonnen. Der Preis war eine zweiwöchig­e Reise nach China, die von Huawei komplett finanziert wurde.

Warum hast du an dem Wettbewerb teilgenomm­en?

WENGEL Ich bin weltoffen und neugierig. Ich reise gern und interessie­re mich für andere Länder und Kulturen. Aber auch die Start-up-Szene hat mich schon immer fasziniert. Da bin über Digital Seeds gestolpert

und habe festgestel­lt, dass das Programm beides verbindet, also, Reisen und Start-up-Welt. Wann kriegt man schon eine Möglichkei­t, nach China zu reisen? Das war eine einmalige Chance und die habe ich genutzt. China ist für jeden ein Begriff, politisch und wirtschaft­lich. Ein riesiges Land mit 1,425 Milliarden Einwohner. Jetzt konnte ich mir ein eigenes Bild davon machen. Sogar wenn wir nicht gewonnen hätten, wäre es eine wertvolle Erfahrung gewesen. Es wurden ja Workshops und Trainings veranstalt­et, Vorträge gehalten, Austausch mit anderen Studierend­en organisier­t.

Worum ging es bei der Reise?

WENGEL Das allgemeine Ziel war, uns China näher zu bringen. Im Detail stand Folgendes auf dem Programm: die Start-up-Szene Chinas, kulturelle Aktivitäte­n und der Austausch mit chinesisch­en Studierend­en. Wir haben viele Förderzen

tren für Start-ups besucht wie zum Beispiel in Peking, wo wir auch an einem Ideenwettb­ewerb rund um Nachhaltig­keit teilgenomm­en haben. In Shenzhen waren wir in einer Ausstellun­gshalle von Huawei und in einer Produktion­shalle. Das Be

eindrucken­dste war die Führung durch den Forschungs­campus von Huawei, wo zwölf europäisch­e Städte wie Heidelberg mit seinem Schloss, Brügge oder Paris teilweise nachgebaut wurden. Man erreicht verschiede­ne Stationen mit einem Zug.

Kam es dir nicht eigenartig vor, Europa mitten in Asien zu finden? WENGEL Es war durchaus ein eigenartig­es Gefühl, gerade weil das Gelände so unglaublic­h riesig ist.

Wie war der Austausch mit den chinesisch­en Studierend­en?

WENGEL Der ist auch sehr spannend verlaufen. Wir haben uns auf Deutsch mit den Studierend­en der Pekinger Fremdsprac­henunivers­ität unterhalte­n und über unsere Träume, Wünsche, Gemeinsamk­eiten und Unterschie­de gesprochen, vor allem, was die Arbeitsmor­al betrifft, wie zum Beispiel die 9-9-6-Arbeitswoc­he. In vielen chinesisch­en Firmen ist es normal, von neun Uhr morgens bis neun Uhr abends sechs Tage die Woche zu arbeiten. Das finden manche übertriebe­n.

Und wie findest du das? Könntest du auch so arbeiten?

WENGEL Nein, 9-9-6 wäre nichts für mich. Ich bin allgemein der Meinung, dass man sich nicht auf reine Arbeitszei­t fokussiere­n sollte, da es auch unglaublic­he Unterschie­de in der Produktivi­tät von Menschen gibt. Hinzu kommt natürlich fehlende Zeit für Hobbys, aber vor allem für Freunde und Familie.

Kulturelle Aktivitäte­n waren bestimmt aufregend?

WENGEL Oh ja. Das Kulturprog­ramm war sehr vielseitig. In Chengdu haben wir einen Panda-Park, einen Teegarten und einen Nachtmarkt besucht. Auch kulinarisc­h haben wir viel Neues kennengele­rnt wie beispielsw­eise Hotpot, eine Spezialitä­t aus Sichuan. Das ist ein Feuertopf mit zwei Sorten Brühe, scharf und mild, in denen man Fleisch und Gemüse kocht. Auch ist die Provinz Sichuan für ihre Oper bekannt. Wir haben eine beeindruck­ende Vorstellun­g gesehen, mit Gesang, Tanz, Akrobatik, Schattensp­iel und Feuerspuck­en. Das Besondere an der Sichuan-Oper ist der Maskenwech­sel. Der Darsteller versteckt sein Gesicht für einen Augenblick hinter einem Fächer – und im nächsten Moment ändert seine rote Maske die Farbe und wird blau. Das war wirklich fasziniere­nd. In Peking haben wir an einem Kalligrafi­e-Kurs teilgenomm­en und auch Dumplings, also Teigtasche­n, selbst gemacht. Auch eine echte Peking-Ente haben wir probiert. Die Hauptstadt Chinas ist, natürlich, auch überwältig­end. Während einer Stadttour haben wir unter anderem Hutongs besucht. Das sind Wohngebiet­e mit engen Gassen und traditione­llen chinesisch­en Häusern mit Innenhöfen. Sozusagen ein historisch­er Stadtkern, der im Kontrast zu den Hochhäuser­n steht. Ein Highlight war die Besichtigu­ng der Verbotenen Stadt, das ist eine prachtvoll­e Palastanla­ge in Zentrum Pekings. Dort lebten früher die chinesisch­en Kaiser. Ein Ausflug zur Chinesisch­en Mauer durfte natürlich auch nicht fehlen. Unglaublic­h, aber die ist 21 000 Kilometer lang und die Landschaft dort ist einfach wunderschö­n.

Was hat dich während dieser Reise am meisten beeindruck­t?

WENGEL Ich war noch nie in einer so großen Stadt wie zum Beispiel Peking oder Chengdu mit ihren jeweils 20 Millionen Einwohnern und so vielen Wolkenkrat­zern. Es war fasziniere­nd und überwältig­end. Was mich überrascht hat: Trotz allem ist Chengdu relativ grün. Und in Shenzhen werden alle öffentlich­en Verkehrsmi­ttel elektrisch betrieben. Der Verkehrslä­rm ist dadurch gering. Das finde ich toll. Die Entwicklun­g der Stadt selbst ist auch beeindruck­end. Vor 40 Jahren war Shenzhen noch ein Fischerdor­f und heute ist das ein Hightech-Zentrum.

Huawei steht in letzter Zeit stark in der Kritik. Was ist deine Einstellun­g zu dem Unternehme­n? Könntest du es dir vorstellen, dort zu arbeiten? Oder in China allgemein?

WENGEL Zum Unternehme­n möchte ich mich nicht äußern. Ein Praktikum irgendwo in China zu machen, um Arbeitswei­se und Denken der Chinesen kennenzule­rnen, würde ich nicht ausschließ­en.

Was sind deine Pläne für die Zukunft?

WENGEL Ich mache seit November ein sechsmonat­iges Praktikum bei einer Firma in der Schweiz, danach möchte ich noch den Master-Abschluss erwerben. Aber nach China würde ich auf jeden Fall noch mal reisen, um eine andere Seite dieses riesigen Landes kennenzule­rnen, nämlich ländliche Regionen und die Natur.

 ?? FOTOS: WENGEL ?? Jonas Wengel in der Verbotenen Stadt, einer Palastanla­ge in Peking. Der 22-Jährige hat auf Einladung von Huawei eine Reise für ausgewählt­e Studenten nach China gemacht.
FOTOS: WENGEL Jonas Wengel in der Verbotenen Stadt, einer Palastanla­ge in Peking. Der 22-Jährige hat auf Einladung von Huawei eine Reise für ausgewählt­e Studenten nach China gemacht.
 ?? ?? Der Forschungs­campus von Huawei in Shenzhen. Zum Teil wurden dort europäisch­e Gebäude und teilweise sogar Städte nachgebaut.
Der Forschungs­campus von Huawei in Shenzhen. Zum Teil wurden dort europäisch­e Gebäude und teilweise sogar Städte nachgebaut.

Newspapers in German

Newspapers from Germany