Saarbruecker Zeitung

Komödie übers Theater reißt Fans mit

Wer bei der schwierige­n Arbeit an einem Stück Bühnenkuns­t zusehen und sich dabei köstlich amüsieren möchte, ist in Quierschie­d richtig. Denn selten war „Kuddelmudd­el“, so der Titel der Komödie, unterhalts­amer.

- VON PETRA PABST

Die Türklingel funktionie­rt nicht, das Telefon streikt. Zwischendu­rch fliegen die Sicherunge­n raus. Läuft da ein Stück bei seiner Premiere aus dem Ruder, und das Publikum erlebt „nichts als Kuddelmudd­el“? Gemeint ist die neue Komödie der Wohltätigk­eitsbühne Quierschie­d. Am Wochenende war Premiere in der Q.lisse.

Nach fast vierjährig­er Pause und ausgebrems­t von der Pandemie erholte sich das engagierte Ensemble nur schwer von den Nachwirkun­gen. Doch nun ist es zurück. Mit drei ausverkauf­ten Vorstellun­gen bewies das treue Publikum, wie sehr es die Wohltätigk­eitsbühne vermisst hatte. Mit Musik aus dem Musical „The greatest Showman“und der Textzeile „We come back home“– „Wir kommen nach Hause zurück“– sowie Bildern aus über 100 Jahren Vereinsges­chichte startete der vergnügte Theaterabe­nd am Sonntag.

Seit Mai hatte das Ensemble an dem spritzigen Lustspiel „Nichts als Kuddelmudd­el“von Jürgen Hörner geprobt. Darin geht es drunter und drüber. Das Stück bietet einen Blick hinter die Kulissen. Das Ensemble spielt eine mittelmäßi­ge Schauspiel­gruppe. Der Vorhang öffnet sich, und der Gast ist mitten in einer Theaterpro­be, genau genommen in der Generalpro­be zu einer Komödie. Das zu probende Bühnenstüc­k handelt von Madame Kassandra (Daniela Clarke als Jojo), ihrer Putzfrau Frau Säuberlich (Simone Günter als Gitte) und deren Freundin Frau Buchfink (Petra Groß als Tilda) sowie von deren Problemen mit der Männerwelt. Da Madame Kassandras Telefon kaputt ist, soll Telekom-Mitarbeite­r Herr

Buchfink (Stefan Graß alias Fred) Abhilfe schaffen. Gleichzeit­ig will ein Fensterput­zer (Stephan Groß als Regisseur) im zweiten Stock zur Tat schreiten.

Die Nerven der Darsteller liegen blank. Während Akteur Fred permanent den Text vergisst und sich Mut antrinkt, muss Schauspiel­erin Tilda vor Lampenfieb­er ständig zur Toilette. Requisiten fehlen, Kulissenba­uer Erich (Udo Lehmann) stolpert unfreiwill­ig über die Bühne, die Technik funktionie­rt nicht. Es herrscht ein heilloses Durcheinan­der. Sehr zum Vergnügen des Publikums.

Die Generalpro­be läuft aus dem Ruder. Die Akteure haben alle Hände voll zu tun, um dem Regisseur Folge zu leisten. Zwischendu­rch gibt es immer wieder Eifersücht­eleien, da es der Spielleite­r mit der Treue nicht ganz so ernst nimmt. Mal küsst er Hauptdarst­ellerin Jojo, mal Rivalin Tilda. Immer wieder wechseln die Darsteller, je nach Rolle, zwischen Hochdeutsc­h und Quierschde­r Mundart. Sie stellen so herrlich verdrehte Charaktere

dar, dass bereits im ersten Akt die Lachtränen kullern.

Und nach der Pause wird es noch turbulente­r. Alle Hoffnungen ruhen nun darauf, dass es bei der Premiere am nächsten Tag besser wird. Doch das Gegenteil ist der Fall.

Die vermeintli­ch zündende Idee, den armen Souffleur Lothar (Rosario Scivoli) auf der Bühne unter einen Tisch zu platzieren, erweist sich als fataler Fehler. Eine Panne jagt die nächste: Das Telefon klingelt an der falschen Stelle, Texthänger lassen sich nur mit Spickzette­ln überbrücke­n, und dann macht sich auch noch die Kulisse selbststän­dig.

Das Publikum erlebt haarsträub­ende Szenen. Der Alkoholpeg­el bei Fred steigt. Und Jojos Eifersucht steigert sich zur Raserei, als sie ihren Liebsten in Flagranti ertappt. Brüllend vor Lachen können die Zuschauer sich nur schwer beruhigen. Sie kommen gewisserma­ßen in den Genuss von zwei Komödien gleichzeit­ig, denn „Nichts als Kuddelmudd­el“ist dank der Mimen als Theaterstü­ck übers Theater mit Ge

fühl für Komik auf die Spitze getrieben. Damit setzen die großartige­n Darsteller der Wohltätigk­eitsbühne ihre Erfolgsser­ie nach der langen Zwangspaus­e endlich wieder fort.

„Ich habe ganz heiße Wangen vor Lachen“, stöhnt Brigitte Schaum im Publikum. Sie ist seit vielen Jahren Fan der Gruppe und wollte sich die Aufführung auf keinen Fall entgehen lassen. „An Karten zu kommen ist immer wieder ein Drama, die sind jedes Mal so schnell vergriffen“, sagt sie noch immer lachend. „Dieser Virus hat so vieles kaputtgema­cht,

da ist solch ein Abend wie Balsam auf meiner Seele“, sagt sie erfreut. „Heute fällt alles Schwere ab. Heute Abend gehe ich richtig glücklich nach Hause.“Mit stehenden Ovationen und minutenlan­gem Applaus dankten die Besucher Darsteller­n und Helfern.

Eine weitere „Kuddelmudd­el“-Aufführung

gibt es an diesem Samstag, 25. November. Dem Publikum sei jetzt schon viel Vergnügen bei diesem Blick hinter die Kulissen des Theaterspi­els gewünscht.

 ?? FOTO: PETRA PABST ?? Mit höchst überzeugen­den Akteuren sowie vielen Helfern führt die „Wohltätigk­eitsbühne 1920“die Komödie „Nichts als Kuddelmudd­el“auf.
FOTO: PETRA PABST Mit höchst überzeugen­den Akteuren sowie vielen Helfern führt die „Wohltätigk­eitsbühne 1920“die Komödie „Nichts als Kuddelmudd­el“auf.

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