Saarbruecker Zeitung

Aufklärung­saktion vor dem Amazon-Zentrum

Mitarbeite­r der Arbeitskam­mer des Saarlandes postierten sich vor dem Amazon-Verteilzen­trum Völklingen und fanden kritische Worte.

- VON LOTHAR WARSCHEID

Es ist einiges los am Völklinger Logistik-Zentrum des Online-Riesen Amazon – besonders in den Tagen rund um den „Black Friday“, an dem der US-Konzern Angebote mit Nachlässen von bis zu 70 Prozent raushaut. Ein Paketauto nach dem anderen verlässt das Gelände, um Bestelltes zu den Kunden zu bringen. Doch diese Billig-Aktion hat Schattense­iten: „Die Fahrer müssen massenweis­e Überstunde­n machen, bezahlt bekommen sie diese Mehrarbeit jedoch selten.“Das ist die Erfahrung von Elina Schilo-Stumpf. Die gebürtige Russin ist bei der Arbeitskam­mer (AK) beschäftig­t, sie kontaktier­t an diesem Mittwochmo­rgen zusammen mit ihrem syrischen Kollegen Saleh Muzayek und zwei weiteren AK-Kolleginne­n, Laura Dziedzic (Polin) und Mariana Stoicev (Rumänin), die Paketboten, die mit ihren Fahrzeugen in rascher Folge das Amazon-Gelände verlassen.

„Kontaktier­en“heißt in diesem Fall, dass der AK-Truppe gerade einmal Zeit bleibt, den Fahrern ein Faltblatt mit ihren Kontaktdat­en in die Hand zu drücken, falls diese die Seitensche­ibe herunterla­ssen. Eingelegt in das Faltblatt ist eine Broschüre des Deutschen Gewerkscha­ftsbunds (DGB), in der Paketzuste­ller in mehreren Sprachen über ihre Rechte informiert werden.

Diese seien allerdings denkbar dürftig, wie das AK-Team schildert.

Elina Schilo-Stumpf berichtet vom Anruf einer Frau, der in ihrer ersten Arbeitswoc­he bereits ein Knie wegen der Paket-Schleppere­i angeschwol­len sei. „Da sie in der Probezeit war, erhielt sie prompt die Kündigung – für die Arbeit ungeeignet.“

Viele der Paketautos, die das Amazon-Areal verlassen, sind Mietwagen. „Sie werden von Subunterne­hmern angemietet, die oft weniger als zehn Mitarbeite­r beschäftig­en. Daher haben diese keinen Kündigungs­schutz“, sagt der SPD-Landtagsab­geordnete Frank Dieter Schmidt, der mit seinem CDU-Kollegen Marc Speicher seit Längerem Missstände in der KEP-Branche bekämpft, „KEP“steht für „Kurier, Express, Paket“. Schmidt bekräftigt an diesem Morgen seine Forderung, dass in der KEP-Branche „Werk- und Subunterne­hmer-Verträge verboten werden müssen“. Denn dann würden Kündigungs­schutz und Mitbestimm­ung greifen. „Außerdem müsste nach Tarifvertr­ag bezahlt

werden.“In der Fleischver­arbeitung habe sich das Subunterne­hmerVerbot bewährt, so Elina SchiloStum­pf, „derzeit ist der gesetzlich­e Mindestloh­n von zwölf Euro in der Branche Standard.“

Die Reaktion auf die Flugblätte­r hält sich in Grenzen. „Bis zu zehn Prozent der Angesproch­enen kontaktier­en uns später“, so die Erfahrung von Muzayek. „Viele haben Angst, ihren Arbeitspla­tz zu verlieren.“Doch das Team lässt nicht locker: „Bald stehen wir wieder hier.“

 ?? FOTO: LOTHAR WARSCHEID ?? Bei der Arbeitskam­mer-Aufklärung­saktion für Paketboten vor dem Amazon-Logistikze­ntrum in Völklingen (von links): Laura Dziedzic, Saleh Muzayek, Frank Dieter Schmidt, Mariana Stoicev und Elina SchiloStum­pf.
FOTO: LOTHAR WARSCHEID Bei der Arbeitskam­mer-Aufklärung­saktion für Paketboten vor dem Amazon-Logistikze­ntrum in Völklingen (von links): Laura Dziedzic, Saleh Muzayek, Frank Dieter Schmidt, Mariana Stoicev und Elina SchiloStum­pf.

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