Warum Fernwärmepreise stark schwanken
Zu Beginn des kommenden Jahres müssen die Fernwärmekunden im Saarland mit höheren Preisen rechnen. Wir erklären weshalb – und warum die Preise im Jahresverlauf teils heftigen Schwankungen unterliegen.
Die Preise für Fernwärme unterscheiden sich – je nach Stadt und Region – in Deutschland erheblich. Saarbrücken gehörte bei dieser Art des Heizens Anfang des Jahres zu den teuren Pflastern. Im Laufe des Jahres sanken die Preise jedoch. Das geht aus einer Erhebung des Verbraucherzentrale-Bundesverbands (vzbv) hervor. Seit Beginn des Jahres vergleicht der vzbv die Fernwärmepreise in 31 Orten in Deutschland.
Anhand dieser Auswertung lag die Landeshauptstadt in den ersten drei Monaten mit einem Preis von 33 Cent pro Kilowattstunde (kWh) auf einem bundesweiten Spitzenplatz. Nur in Erfurt war der Fernwärme-Bezug mit 36 Cent je kWh noch teurer. Am günstigsten war die Saalestadt Halle, die zwölf Cent verlangte. Basis war das Beheizen von Einfamilienhäusern. Für den Preisvergleich hat der vzbv die Effektivpreise ( Jahresgesamtpreis im Verhältnis zur Wärmeabnahme) zugrunde gelegt.
Im Laufe des Jahres hat sich das Bild verändert. Den vzbv-Angaben zufolge lag Saarbrücken im dritten Quartal mit 15 Cent am unteren Ende der Skala. Von Juli bis Ende September rangierte Köln mit 27 Cent auf dem Spitzenplatz. Ein ähnliches Bild ergab sich bei der Ermittlung der Jahresgesamtpreise. Aufs Jahr hochgerechnet hätte der Hausbesitzer in Saarbrücken mit Gesamtkosten von 5916 Euro rechnen müssen, auf Basis der Preise im dritten Quartal würde sich die Endabrechnung für 2023 auf 2738 Euro addieren. Einen ähnlichen Trend machte der vzbv bei den Fernwärmekosten für Sechs- und Mehrfamilienhäuser aus.
Das Saarbrücker Versorgungsunternehmen Energie Saar-Lor-Lux (ESLL) bestätigt diesen Trend. „Der
durchschnittliche Fernwärmepreis für einen Standardkunden wurde ab dem 1. April um zirka 26 Prozent, im Juli um weitere 36 Prozent und im Oktober nochmals um weitere fünf Prozent gesenkt“, sagt ein Sprecher.
Der vzbv hat neben den großen Stadtnetzen auch die Preise kleinerer Fernwärme-Einheiten unter die Lupe genommen. In dieser Auflistung ist von den Saar-Kommunen lediglich die Stadt Saarlouis aufgeführt, die am Netz des Fernwärme Verbunds Saar (FVS) hängt. Anfang des Jahres errechnete der vzbv für Einfamilienhäuser einen Preis pro kWh von 24 Cent und für das dritte Quartal von 20 Cent. Damit lag Saarlouis im Mittelfeld. Am teuersten war das Netz in der Weusthoffstraße im Hamburger Süden (38 Cent). Den günstigen Preis rief Bad Laaspe (zwischen Siegen und Marburg) mit 14 Cent auf.
Die Fernwärme hat im Saarland eine lange Tradition. Bereits 1963 gingen in Saarbrücken die ersten
Netze in Betrieb. 1976 startete die Fernwärmeschiene Saar mit der ersten Ausbaustufe in Völklingen. Heute beliefert ESLL rund 11 000 Privathaushalte, Industriebetriebe und öffentliche Einrichtungen mit Fernwärme. Über die Fernwärmeschiene Saar werden 13 500 Kunden versorgt. Eigentümer ist FVS, eine Tochter des Essener Energiekonzerns Iqony (vormals Steag). An ESLL sind der französisch-belgische Energiekonzern Engie mit 51 und die Stadtwerke Saarbrücken mit 49 Prozent beteiligt.
Doch warum sind die Heizpreise so unterschiedlich? Die Preis
bildung ist in einer Verordnung geregelt. Die Preise sollen auf der Basis von Indizes ermittelt werden. Doch diese Kennzahlen hängen unter anderem vom Energieträger ab, „mit dem der jeweilige Versorger seine Fernwärme erzeugt“, sagt ein Iqony-Sprecher. Auch die „Erzeugungsanlagen, die Leitungsnetze und die geologischen Voraussetzungen“können eine Rolle spielen, so ESLL. Die wichtigsten Energieträger in den deutschen Netzen sind immer noch Erdgas, Steinkohle und Heizöl.
Zu Beginn des kommenden Jahres müssen die Fernwärmekunden im Saarland mit höheren Preisen rechnen. Bei ESLL steigt der Arbeitspreis um drei Prozent auf 11,923 Cent pro kWh. Hinzu kommt ein Leistungspreis, der abhängig vom Anschlusswert ist und in Kilowatt (kW) gemessen wird. „Dennoch sind wir mit dem ab 1. Januar gültigen Fernwärmepreis – im Vergleich zu anderen deut
schen Städten – auf einem guten und marktüblichen Niveau“, so der ESLL-Sprecher. Beim FVS müssen normale Verbraucher mit einem Anschlusswert von bis zu 100 kW ab 1. Januar einen Arbeitspreis von 20,718 Cent zahlen, bisher waren es 19,174 Cent. Sonst fallen keine Kosten an. Der Anschlusswert beziffert die maximale Leistung, die an der Fernwärme-Übergabestation zur Verfügung steht. Sie hängt vom Wärmebedarf des Gebäudes ab.
Allerdings drohen im Jahr 2024 weitere Preissteigerungen, die von den Fernwärme-Versorgern nicht beeinflussbar sind. Ab 1. Januar fällt die Energiepreisbremse weg, mit der 80 Prozent des Fernwärmeverbrauchs bisher auf 9,5 Cent je kWh gedeckelt wurden. Sie sollte ursprünglich bis Ende März laufen. Außerdem soll vermutlich Ende Februar die Mehrwertsteuer für die Lieferung von Gas und Fernwärme wieder von sieben auf 19 Prozent steigen.
Die Preisbildung ist in einer Verordnung geregelt. Die Preise sollen auf der Basis von Indizes ermittelt werden.