Nicht nur Bauern gehen auf die Straße
Motorradfahrer, Lkw-Fahrer und Handwerker schlossen sich den Protesten an. CDU und SPD im Saar-Landtag warnen indes davor, dass sich auch rechte Gruppen unter die Demonstranten mischen könnten und fordern eine klare Abgrenzung.
SAARBRÜCKEN Eine hupende Karawane aus Traktoren, Lkw, Autos, Motorrädern und Wohnmobilen zog am Montag von der Saarbrücker Stadtautobahn in Richtung Schloss, vorbei am Saar-Landtag. Auch Handwerker und Motorradfahrer protestierten. Weit über eine Stunde dauerte die Demonstration von Bauern und Spediteuren, die so ihre Wut über die geplanten Sparmaßnahmen in Richtung Berliner Ampelregierung zum Ausdruck brachten. Ähnliche Bilder zum Start der angekündigten Bauernproteste in dieser Woche gab es in zahlreichen deutschen Städten.
Bereits im Vorfeld der bundesweiten Proteste wurde bekannt, dass sich unter die Demonstrierenden auch Rechtsextreme als Mitläufer mischen könnten. Der saarländische Bauernverband sprach sich daher zuvor klar gegen die Teilnahme von „unbekannten Dritten“aus und nahm Stellung zum vergangenen Protesttag im Dezember in St. Ingbert bei einer Veranstaltung mit der Grünen-Bundeschefin Ricarda Lang. „Der Galgen in St. Ingbert war nicht von landwirtschaftlichen Protestteilnehmern. Wir fordern Sie auf: Lassen Sie derartige
Symbolik zu Hause und sagen Sie Dritten, die derartige Gegenstände mit auf unsere Demonstration mitbringen möchten, dass wir sie nicht brauchen“, heißt es in dem Ankündigungsschreiben des Saar-Bauernverbands zum Protestzug am Montag.
SPD-Fraktionschef Ulrich Commerçon sprach sich am Montag bei einer Pressekonferenz im Landtag klar dagegen aus, dass derartige Proteste von „Trittbrettfahrern“instrumentalisiert werden. Dies sei für die SPD „völlig inakzeptabel“. Wenn es Mitläufern gelinge, an den Demos teilzunehmen und Straftaten begangen werden, sei es gemeinsame Aufgabe von Polizei und Veranstaltern, diese zu erfassen und strafrechtlich zu verfolgen, so Commerçon. Darin sehe er die einzige Möglichkeit, die der Staat in solchen Fällen habe. Eine präventive Einschränkung des Demonstrationsrechts lehnte Commerçon ab. Bisher empfinde er die Demonstrationen der saarländischen Bauern als friedlich.
Ernst nimmt auch CDU-Fraktionschef Stephan Toscani die Versuche von Rechts, derartige Proteste für ihre Belange der Radikalisierung zu instrumentalisieren. Auch er verwies auf die Verantwortung der Veranstalter, sich klar von rechten Mitläufern zu distanzieren. Bei den Bauernprotesten gelte es, das Anliegen der Landwirte aus der Mitte der Gesellschaft heraus zu unterstützen. Darin sieht Toscani auch eine Möglichkeit, „Trittbrettfahrer“an den Rand zu drücken. Um dies zu signalisieren, seien einige CDU-Landtagsabgeordnete auf den Traktoren der Landwirte während des Demozugs mitgefahren.
Eine „Gesinnungsprobe“von den demonstrierenden Bauern zu verlangen, um zu überprüfen, wer mit ihnen protestiere, hält Josef Dörr, AfD
Fraktionschef, für übertrieben. Er gehe davon aus, dass sich die Bauern über eine breite Unterstützung freuten, „und da auch keine großen Unterschiede machen zwischen Rechts und Links“, sagte Dörr. Im Grundsatzprogramm der AfD wird dagegen die Streichung von Subventionen für die Bauern gefordert. Diese Meinung vertritt Dörr nicht. Gleichzeitig distanziere er sich diesbezüglich aber auch nicht von der Bundespartei. „Ich habe immer meine Meinung und dann war's das“, so Dörr.
Der Magdeburger Extremismusforscher Matthias Quent forderte von den protestierenden Bauern eine klare Abgrenzung gegenüber rechten Mitläufern. Nationalistische, rechtsextremistische und verschwörungsideologische Akteure versuchten, die Bewegung politisch zu instrumentalisieren, sagte Quent am Montagmorgen im Deutschlandfunk. Ihnen gehe es nicht um Agrardiesel, sie „wollen Deutschland lahmlegen“. Die Bauern sollten sich nicht nur verbal abgrenzen, mahnte Quent. Man könne gegen die Ampel-Regierung demonstrieren und gleichzeitig ein Zeichen gegen Rechts setzen – beispielsweise durch Schriftzüge wie „Nazis raus“oder Regenbogensymbole auf Plakaten.