Habeck im Oman – Gute Absichten mit Haken
Der Krieg im Gazastreifen überschattet die dreitägige Reise von Vizekanzler Robert Habeck in den Nahen Osten. Doch als Wirtschafts- und Energieminister will der Grüne vor Ort auch eine Geschichte des Aufbruchs erzählen. Der Oman will seine Wirtschaft aus
25 Grad Celsius im Schatten, keine Wolke am Himmel, Palmen im Blick – Robert Habeck steht vor der Deutschen Universität für Technologie im Oman (GUtech) und läuft sich gerade warm. Der Oman sei ein fossile Energien exportierendes Land, das „wild entschlossen ist, sich zu transformieren“, sagt der grüne Wirtschaftsminister am Dienstag in der omanischen Hauptstadt Maskat. Die gesamte energiepolitische Zukunft des Landes werde auf der Basis von erneuerbaren Energien aufgebaut und die Potenziale für neue Partnerschaften seien „riesengroß“. In dem Golf-Staat sei Fläche für den Ausbau erneuerbarer Energien verfügbar, die Sonneneinstrahlung sei „fantastisch“, es gebe auch gute Windlagen, schwärmt Habeck. „Das geht jetzt richtig los.“
Für Habeck beginnt gerade eine dreitägige Reise in den Nahen Osten, die ihn neben dem Oman auch nach Saudi-Arabien, Israel und in die
palästinensischen Gebiete führen wird. Zu schwärmen gibt es in dieser Region derzeit nicht viel. Der GazaKrieg droht weiter zu eskalieren und überschattet alles. Viele Juden in Israel stehen nach dem Massaker der Hamas vom 7. Oktober noch immer unter Schock, die humanitäre Lage der Palästinenser im Gaza-Streifen ist dramatisch und derzeit gibt es keine Anzeichen für Entspannung. Im Gegenteil, Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu treibt die militärische Eskalation weiter
voran. Bei seinen Gesprächen in Maskat, allen voran mit dem Sultan von Oman, Haitham bin Tariq Al Said, spielt der Krieg in Nahost eine Rolle. Das macht auch Habeck deutlich.
Umso mehr entsteht der Eindruck, dass der Vizekanzler nicht nur über die Vernichtung sprechen, sondern
auch eine Geschichte des Aufbruchs erzählen will. „Shape your future, shape the world“– „Gestalte deine Zukunft, gestalte die Welt“. Habeck greift in seiner Rede in der GUtech das Motto auf, das sich die Studierenden selbst gegeben haben. Man habe die Möglichkeit, Dinge anders zu machen,
als man sie bisher gemacht habe, sagt Habeck etwa mit Blick auf neue Formen der Energiegewinnung. Es sei keine „easy-peasy“-Zeit, sondern eine Zeit von Krisen und Kriegen. Und es gebe mit der Klimakrise noch eine „strukturelle Krise“. Die Zukunft zu gestalten bedeute, die Zukunft für die nächsten Generationen zu verteidigen. Es ist ein Mutmacher-Appell an die Studierenden, aber wohl auch an die anwesenden Vertreter von Politik und Wirtschaft, in deren Verantwortung der Wandel hin zu einer grünen Wirtschaft liegt.
Tatsächlich setzt der Oman große Hoffnungen in den Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft. Das Sultanat sieht eine Fläche ungefähr von der Größe Bayerns für den Ausbau erneuerbarer Energien vor. Über Auktionen sollen diese Flächen perspektivisch an Investoren gegeben werden, die dort dann Ökoenergie-Anlagen aufbauen sollen. Die gewonnene Energie soll zur Produktion von grünem Wasserstoff eingesetzt werden. Bis zum Jahr 2030 will der Golf-Staat eine Tonne grünen Wasserstoff pro Jahr produzieren, bis 2050 sollen es acht Tonnen pro Jahr sein. Große Mengen davon sollen exportiert werden – und, so die Idee, eine neue Einnahmequelle für den Oman bilden.
Doch der große Knackpunkt an dieser Aufbruchsgeschichte ist, dass diese Pläne bisher vor allem auf dem Papier existieren. Auch wenn sich im Oman zunehmend die Erkenntnis durchsetzt, dass die massive Abhängigkeit von Öl und Gas auf Dauer nicht zukunftsfähig ist, ist das Land doch noch meilenweit davon entfernt, sich vom fossilen Geschäft zu verabschieden. Zwar sind laut Habeck in der zweiten Auktionsrunde für die Flächenvergabe auch „deutsche Player“dabei. Doch im Gegensatz zu Projekten in Saudi-Arabien, wo deutsche Unternehmen bereits aktiv investieren, stecken die Partnerschaften mit dem Oman noch in den Kinderschuhen. Und man will dort die grüne Transformation vor allem aus wirtschaftlichen Gründen vorantreiben. Solange sie nicht trägt, bleibt man lieber bei Öl und Gas, solange es die Reserven dies zulassen. Es gehört zu Habecks politischem Stil, dass er dann warm läuft, wenn unterschiedliche Perspektiven aufeinandertreffen. Doch gerade in Nahost wird diese Haltung auf die Probe gestellt.
Für Habeck beginnt gerade eine dreitägige Reise in den Nahen Osten, die ihn neben dem Oman auch nach SaudiArabien, Israel und in die palästinensischen Gebiete führen wird.