„Freiheit – Svoboda“: Die Ukraine im Theater
Die Geschichten hinter den abendlichen Fernsehnachrichten: In der Sparte4 hat ein Stück Dokumentartheater Premiere, das gemeinsam mit jungen Menschen aus der Ukraine entstanden ist.
Freiheit – Svoboda“nennt sich ein dokumentarischer Theaterabend, der am Freitag, 19. Januar in der Sparte4 uraufgeführt wird. Dokumentarisch deshalb, weil hier ukrainische Jugendliche ihre Geschichte erzählen. „Die berichten von ihrer Flucht und den Erfahrungen, die sie dort gemacht haben. Davon, wo sie jetzt leben, wo sie herkommen und wie es ihnen hier geht“, sagt Theaterpädagogin Luca Pauer, die zusammen mit Thorsten Köhler die Sparte4 leitet.
Zur Idee des Abends sagt sie: „Thorsten und ich vergeben eine Produktion in der Sparte4 immer an ein Thema, das wir gerade wichtig finden. Beziehungsweise an eine Gruppe von Menschen, denen wir eine Stimme geben wollen.“Letztes Jahr waren es mit dem Stück „Oh, Mama!“noch die Mütter, die thematisch bedacht wurden, dieses Jahr sind es ukrainische Jugendliche.
Ursprünglich habe Pauer etwas mit ukrainischen Künstlerinnen und Künstlern machen wollen. „Die bringen andere Themen mit, die sagen, setzt euch mit russischer Geschichte und Kunst auseinander. Weil die Ukraine nicht nur von der Invasion betroffen ist, sondern historisch auch ganz lange unter der Sowjetunion gelitten hat.“
Als deutsche Künstlerin sei man doch weit entfernt von diesen Erfahrungen. Die Auseinandersetzung damit bringe einen erst in diese Welt hinein: Wie es ist, wenn einem die Heimat genommen wird. „Das ist schon ganz schön heftig“, sagt Pauer.
Die Grundidee für den Abend sei gewesen, nicht immer nur Stücke über Themen, die einen selbst interessieren, auf die Bühne zu bringen. Als sie für die Umsetzung einen ukrainischen Regisseur suchte, stieß sie auf Andriy May. „Der sagte dann, ich will unbedingt mit jungen Menschen arbeiten“, berichtet Pauer.
May sei auch „extrem renommiert“, was junge Dramatik angehe. Er habe einst ein Theaterfestival in der Ukraine gegründet und bereits
mit vielen großen deutschen Theatern kooperiert. Jetzt lebt er in Köln.
An seiner Seite steht bei der Produktion Regisseurin Ulrike Janssen. „Sie übernimmt sozusagen den deutschen Part“, erklärt Pauer. Es sind nämlich auch zwei deutsche Jugendliche an der Produktion beteiligt sowie einer, der schon länger in Deutschland lebt. May spreche wesentlich besser Englisch als Deutsch, und so komme es, dass die Jugendlichen häufig selbst übersetzen müssen.
Dass die jungen Menschen nun kein Drama einstudiert haben, sei von vornherein beabsichtigt gewesen, so Pauer: „Das ist auch für mich als Theaterpädagogin wichtig, nicht Laien in irgendein Theaterstück zu zwängen, sondern es geht ja darum, dass wir Menschen eine Bühne geben, die ihre eigene Geschichte erzählen sollen.“Das werden die Jugendlichen nun auf der Sparte4Bühne tun – mit festgelegtem Text auf Ukrainisch, was das Einblenden deutscher Untertitel ermöglicht.
„Es ist aber nie so, dass der Krieg Thema des Stückes ist. Das ist auch superwichtig, deswegen heißt das Stück ‚Freiheit`. Natürlich bedeutet Freiheit für die ukrainischen Jugendlichen etwas ganz anderes als für die deutschen.“Die Metaebene des Stücks sei das Thema, jetzt in Freiheit zu leben und jetzt etwas damit tun zu können.
„Die Idee war auch, eine gemisch
te Gruppe zu machen“, erklärt Regisseurin Janssen. „Auch die beiden deutschen Jugendlichen erklären ihren Begriff von Freiheit. Teenager haben ja oft gemeinsame Themen. Die Frage war: Wie wird daraus eine Gruppe?“
Die Jugendlichen, die zwischen zwölf und 18 Jahren alt sind, seien auch nach dem Stück im Staatstheater mit eingebunden. Pauer sagt: „Die werden weiterspielen. Also auf jeden Fall ist da eine gewisse Nachhaltigkeit. Die sind teilweise im Jugendclub bei mir oder sie machen im Haus irgendwas weiter. Eine macht jetzt ein Praktikum bei mir.“
Der Theaterpädagogin geht es darum, dass die jungen Menschen aus der Ukraine einen Anknüpfungspunkt bekommen, um sich zu Hause fühlen zu können im fremden Land. Nach der Premiere soll das Stück noch mindestens siebenmal aufgeführt werden. Pauer: „Es unterscheidet sich von meiner Jugendclub-Arbeit. Es ist kein rein theaterpädagogisches Projekt, das nur für die Eltern interessant ist, sondern es stellt eine große Frage an die Erwachsenen: Wie sie mit der Welt umgehen.“
Premiere von „Freiheit – Svoboda“ist am 19. Januar, 20 Uhr, in der Sparte4 in der Eisenbahnstraße. Weitere Aufführungen sind unter anderem am 26. Januar und 8. Februar. Info: https://www. staatstheater.saarland/detail/freiheit Karten: (0681) 3 09 24 86.