Der lange Schatten von Nicolas Sarkozy
Der neuen französischen Regierung gehören zwei konservative Schwergewichte an. Den linken Flügel seiner Partei strafte Präsident Macron ab.
PARIS Als Rachida Dati am Freitagmorgen im schwarzen Hosenanzug die Stufen zum Elysée-Palast hochstieg, wirkte die neue Kulturministerin selbstsicher. Die 58-Jährige kannte den Weg, denn sie war von 2007 bis 2009 bereits Regierungsmitglied gewesen. Damals hieß der Präsident Nicolas Sarkozy und Dati war seine Justizministerin. Noch heute steht die konservative Politikerin dem ehemaligen Staatschef nahe. Ebenso wie Catherine Vautrin, die in der am Donnerstag bekannt gegebenen neuen Regierung ein Superministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales leitet. Vautrin war 2016 die Wahlkampfleiterin von „Sarko“, der sich damals vergeblich um die Präsidentschaftskandidatur der konservativen Républicains beworben hatte.
Wenn man zu den beiden Frauen die im Amt bestätigten Minister rechnet, die von den Konservativen kommen, ergibt sich ein klar rechtskonservatives Profil der neuen Regierung. „Das ist Sarko-Land“, zitierte die Zeitung „Le Parisien“ein ehemaliges Regierungsmitglied. „Sie halten die mächtigsten Ministerien der Republik.“Dabei war Macron 2017 mit dem Anspruch angetreten, sowohl rechts als auch links sein zu wollen. Doch mit der neuen Regierung gab er diese Linie endgültig auf.
Der frisch ernannte Premier Gabriel Attal wehrte sich in seinem ersten Interview gegen Kritik an der
Unausgewogenheit seines Kabinetts. „Ich bin nicht dazu da, meine Minister zu bitten, ihre Taschen zu leeren, um ihr Parteibuch zu sehen“, sagte er. Mit seiner Regierung wolle er sich „200-prozentig“für Frankreich engagieren. „Was ich will, ist Aktion, Aktion und nochmal Aktion.“Ähnlich äußerte sich Macron, als er am Freitag die erste Sitzung des neuen Kabinetts eröffnete, dem nur 14Minister angehören – zwei weniger als zuvor.
Neben Dati, gegen die ein Ermittlungsverfahren wegen Korruption und Einflussnahme läuft, saß auch ein neuer Außenminister am Tisch. Der Chef der Präsidentenpartei Renaissance und EU-Abgeordnete Stéphane Séjourné löst Catherine Colonna ab, der ein schlechtes Verhältnis zu Macron nachgesagt worden war. Séjourné, der ehemalige Lebensgefährte Attals, sollte eigentlich das Macron-Lager im EU-Wahlkampf anführen. Nun wird der entlassene Regierungssprecher Olivier Véran dafür gehandelt.
Véran gehörte zu den Mitgliedern des linken Flügels, die sich gegen das umstrittene Einwanderungsgesetz ausgesprochen hatten. Der Text, der im Dezember mit den Stimmen des rechtspopulistischen Rassemblement National verabschiedet worden war, sieht vor, Geflüchtete zu benachteiligen. Er verlor seinen Job ebenso wie Kulturministerin Rima Abdul Malak, die klar Stellung gegen den des sexuellen Missbrauchs beschuldigten Filmstar Gérard Depardieu bezogen hatte. Die Ministerin forderte, Dépardieu die Ehrenlegion zu entziehen, was Macron ablehnte.
Auch Verkehrsminister Clément Beaune gehört nicht mehr dem ersten Zirkel der Regierung an. Ihm werden Ambitionen auf das Bürgermeisteramt von Paris nachgesagt, das auch Dati anstrebt. Sie soll von Macron bereits die Zusage bekommen haben, als gemeinsame Spitzenkandidatin für Renaissance und die konservativen Républicains 2026 in den Kommunalwahlkampf ziehen zu dürfen. Die Républicains schlossen Dati, die zum Führungszirkel der Partei gehörte, allerdings nach ihrer Ernennung aus.
Die glamouröse Juristin war bereits der zweite Coup, den Macron diese Woche landete. Am Mittwoch hatte der Präsident Attal zum jüngsten Regierungschef gemacht. Der von den Sozialisten kommende ehemalige Bildungsminister hatte mit dem Verbot des muslimischen Gewands, der Abaya, in den Schulen auch die Konservativen überzeugt. 52 Prozent der Franzosen sind mit seiner Ernennung zufrieden.