Sprache in Saar-Verfassung spaltet Politik
Frauenbeauftragte hatten vorgeschlagen, die Sprache in der Saar-Verfassung geschlechtergerecht anzupassen und Begriffe wie „christliches Sittengesetz“zu streichen. Die SPD ist dafür offen, die CDU winkt ab.
Nicht alles, was in der 1947 beschlossenen Verfassung des Saarlandes steht, ist 77 Jahre später noch aktuell. So schreibt Artikel 52 vor, dass Schlüsselunternehmen der Wirtschaft „nicht Gegenstand privaten Eigentums“sein dürfen und vergemeinschaftet werden müssen – ein glatter Verstoß gegen die Eigentums-Garantie des Grundgesetzes und deshalb unwirksam.
Die Frauenbeauftragten der saarländischen Kommunen haben dieser Tage auf weitere Formulierungen in der Verfassung hingewiesen, die aus ihrer Sicht überkommen sind (wir berichteten). So gibt Artikel 26 Eltern das Recht, ihre Kinder auf der Grundlage des „christlichen Sittengesetzes“zu erziehen. In Artikel 30 heißt es unter anderem, die Jugend sei „in der Ehrfurcht vor Gott“zu erziehen.
Die Frauenbeauftragten geben zu bedenken, dass christliche Sitten und Werte nicht getrennt von Geschlechterrollen betrachtet werden könnten: Die traditionelle christliche Rolle der Frau als „sorgende
Unterstützerin des Ehemannes“stehe der Umsetzung der Gleichstellung in der Praxis entgegen. Außerdem wünschen sich die Frauenvertreterinnen, dass das weibliche Geschlecht in der Verfassung nicht nur mitgemeint ist, wenn etwa von „Ministerpräsident“oder „Arbeit
nehmern“die Rede ist, sondern explizit erwähnt wird.
Sympathien für eine Anpassung der Verfassung hat die SPD-Fraktion. „Die Forderung nach geschlechtergerechter Sprache und die Kritik an bestimmten Formulierungen wie der Bezugnahme auf ‚christliche Sittengesetze` in der Verfassung sind legitime Anliegen und verdienen eine sorgfältige Prüfung“, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Kira Braun. Die Verfassung spiegele die Grundprinzipien und Werte unseres Landes wider. „Daher sollte auch hier grundsätzlich eine gendergerechte Sprache Anwendung finden“, so Braun.
Allerdings bedürfe eine Verfassungsänderung der Zwei-DrittelMehrheit des Landtags, die nur mit der CDU erreichbar sei.
Die CDU-Fraktion allerdings winkt sofort ab. „Die saarländische Verfassung beschreibt in der Sprache ihrer Zeit die ideellen und kulturellen Grundlagen unseres Gemeinwesens“, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Roland Theis. „Das mag in manchen Ohren veraltet klingen. Aber für uns ist der Bezug zum Christentum als zumindest kultureller Grundlage der Werte, für die unser Staat einsteht, nach wie vor aktuell. Sie sind für uns Teil der kulturellen Identität unserer Heimat. Und diese Identität steht für uns auch in der Verfassung nicht zur Debatte.“
Auch für eine „geschlechtergerechte Sprache“, wie die SPD, Grüne und Frauenverbände sie für die Verfassung fordern, sieht die CDUFraktion keinen Handlungsbedarf. Theis wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass in der Verfassung (Artikel 12) die Gleichbehandlung von Männern und Frauen vorgeschrieben ist, seit einer Reform im Jahr 1999 sogar ausdrücklich als Auftrag von Land und Kommunen. Damit sei die Verfassung „absolut aktuell“, sagte Theis.
„Der Sprachgebrauch unserer Verfassung, die aus guten Gründen nicht jeder Mode folgt und natürlich aus ihrer Zeit heraus verstanden werden muss, ist zudem wohltuend nüchtern und einfach. Darin unterscheidet sie sich von vielem, was heute so in Gesetzen an umständlichen und sprachlich unschönen Formulierungen zu finden ist“, sagte er.
Theis: „Vor allem aber nutzt unsere Verfassung den Sprachgebrauch der Menschen in unserem Land, die Gender-Sternchen und sonstige sprachliche Verrenkungen mit großer Mehrheit und völlig zurecht ablehnen. Wir wollen, dass unsere Verfassung weiterhin die Sprache der Mehrheit der Menschen in unserem Land spricht.“