Ist die Cannabis-Reform nunmehr vor dem Aus?
Nach langen Verhandlungen verkündete die Ampel im Herbst in Sachen Cannabis-Legalisierung eine Einigung. Doch die Kritik hält an. Wann genau und ob überhaupt das Gesetz im Bundestag verabschiedet wird, scheint offen.
BERLIN Trotz einer politischen Einigung beim geplanten Cannabis-Gesetz hält die Kritik insbesondere aus der SPD-Bundestagsfraktion an, eine Abstimmung im Bundestag wurde erneut verschoben. Der kriminalpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sebastian Fiedler, mahnte gar einen kompletten Stopp der bisherigen Legalisierungspläne an. „Zum Cannabisgesetz werden logischerweise Gespräche geführt. Ich hoffe nach wie vor, dass sie dazu führen, dass sich die Erkenntnis durchsetzt, dass dieses Gesetz so auf keinen Fall kommen darf“, sagte Fiedler unserer Redaktion. „Ich kenne eine Vielzahl von Kolleginnen und Kollegen in meiner Fraktion, die das ebenso sehen.“Dafür gebe es viele Gründe, so Fiedler.
Die Ampel-Koalitionsfraktionen hatten sich Ende November darauf verständigt, Cannabis im Betäubungsmittelgesetz von der Liste der verbotenen Substanzen zu streichen. Eigenanbau und Besitz bestimmter Mengen der Droge sollen für Volljährige ab 1. April 2024 erlaubt sein. Zum 1. Juli sollen Clubs zum gemeinsamen Anbau möglich werden. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und die Befürworter der Reform versprechen sich davon eine Bekämpfung des Schwarzmarktes und damit auch besseren Jugendschutz.
Katja Mast betonte trotz der Kritik, dass man weiterhin daran festhalte, „zeitnah“das Gesetz verabschieden zu wollen. Doch eine Abstimmung hatte man weder vor Weihnachten noch in der aktuell laufenden Sitzungswoche des Bundestages angesetzt. Eine Sprecherin von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte: „Aus unserer Sicht steht der Gesetzentwurf.“Es sei Sache des Parlaments, letzte Änderungen vorzunehmen und die zweite und dritte Lesung im Bundestag anzusetzen. Wann das kommt und ob überhaupt eine Abstimmung über das Gesetz in seiner vorliegenden Form möglich wird, ist offen.
Fiedler betonte: „Der Gesetzentwurf hat mit den Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag rein gar nichts zu tun.“Dort sei eine Abgabe von Cannabis in lizenzierten Fachgeschäften festgelegt worden. „Dahinter steckte die Idee, der Organisierten Kriminalität die komplette Lieferkette zu entziehen und unter staatliche Kontrolle zu bringen. Stattdessen soll nun ein buchstäblich tonnenschwerer völlig unkontrollierter Cannabis-Privatmarkt in deutschen Wohnungen entstehen, bei dem jeder Erwachsene Stoff für 150 Joints aufbewahren darf“, kritisierte Fiedler.
Er warnte: „Würde das Gesetz so verabschiedet, würden wir das im Alltag sehr schnell merken, weil buchstäblich an jeder Ecke, zum Beispiel in Straßencafés, gekifft werden dürfte. Die Abstände zu Einrichtungen, in denen sich Kinder aufhalten, sind mit 100 Metern viel zu gering.“Das sei das Gegenteil von Kinder- und Jugendschutz, so der SPD-Politiker. „Auf die Polizei würde aufgrund neuer Kontrollerfordernisse mehr, und nicht weniger Arbeit, zukommen“, sagte Fiedler.