Prozess um getötete Mutter geht in neue Runde
Anders als geplant gab es gestern kein Urteil gegen einen 35-Jährigen. Dessen Verteidiger will ein neues Gutachten.
SAARBRÜCKEN/DILLINGEN Der Prozess gegen den 35-Jährigen aus Dillingen-Pachten, der seine Mutter am 21. Juli 2023 erstochen haben soll, geht am Landgericht Saarbrücken in eine neue Runde. Uwe C. räumt die Tat zwar ein, kann sich aber nicht mehr erinnern, lässt er seinen Anwalt Marius Müller erklären. Es habe nie Streit gegeben. Er habe seiner 67-jährigen Mutter sehr nahegestanden, es tue ihm unfassbar leid, was passiert sei. Für Donnerstag waren die Plädoyers und das Urteil vor dem großen Schwurgericht gegen Uwe C. vorgesehen. Doch ein Antrag des Verteidigers auf ein neues Gutschten stoppte den Plan des Gerichtes.
Nachdem am Prozesstag zuvor bereits Professor Retz, Direktor des Instituts für Gerichtliche Psychologie und Psychiatrie an der Uniklinik Homburg, sein Gutachten dem Gericht vortrug, stand fest, dass der Angeklagte nur vermindert schuldfähig ist. Der 35-Jährige leidet demnach an einer massiven Drogensucht. Dazu kommt: Seit Ende 2022 habe er öfter sehr nervös gewirkt, habe gezappelt, sei laut geworden, habe wirres Zeug geredet, habe öfter von einem Lottogewinn fabuliert – und sei dann auch aggressiv aufgetreten, erinnert sich sein Vater. Er habe mehrfach die Polizei und Ambulanz rufen müssen. Sein Sohn blieb demnach öfter stationär in einer Fachklinik.
Nach Ansicht von Gutachter Retz leidet der Angeklagte an einer episodisch auftretenden, psychotischen Krankheit. Die zeige sich in kurzen Zeitabschnitten mit wahnhafter Symptomatik, mit Affekt-Störungen und mit psychomotorischer Erregung. Doch was ist die Ursache dafür? Die Drogen? Oder eine Schizophrenie? Dazu passe nicht die kurze Zeit, in der die Episoden anhalten. Unter Behandlung seien sie schnell wieder abgeklungen, sagt Retz. Er gehe eher von einer „drogenindizierten Psychose“aus.
Drittens leide Uwe C. seit etwa 2018 unter teils sehr schweren Krampfanfällen, einer Epilepsie. Bekommt er einen Anfall, krampft er, verliert das Bewusstsein – danach habe er die ersten Minuten überhaupt keine Kontrolle über seinen Willen, berichten sein Sohn und auch sein Vater vor Gericht. Nach einem Anfall habe Uwe C., „zum Beispiel einmal in die Waschmaschine uriniert“, berichtet der Sohn. In solchen Momenten sei er auch aggressiv geworden.
Und genau darüber, über die epileptischen Anfälle und ihre Folgen, soll es noch ein Gutachten geben. Das hat Verteidiger Müller nun beantragt. Er will wissen, ob die Anfälle, aber auch die Drogen und der Alkoholmissbrauch zu einer hirnorganisch bedingten Wesensveränderung bei Uwe C. geführt haben, die erkläre, dass er plötzlich und ohne sinnvollen Grund in heftige, unkontrollierbare Wutausbrüche mit starken körperlichen Erregungszeichen und gewalttätigen Ausbrüchen verfallen kann. Das sei früher nicht so gewesen. Beispiele zu ähnlichen Wesensveränderungs-Fällen gebe es in der Rechtsprechung. Es sei nicht auszuschließen, dass der Angeklagte unmittelbar vor der Tat erneut einen solchen Krampfanfall erlitten und sich in dem besagten Zustand unkontrollierter Wutausbrüche befunden habe. Damit wäre er komplett schuldunfähig und gehöre in eine Forensik – und nicht ins Gefängnis, wie Gutachter Renz empfohlen hatte. Das Gericht vertagte sich auf den 5. Februar.