„Ich war fasziniert von der Idee“
Mit seiner Firma verwandelt Recycling-Pionier Pascal Klein alte Reifen in ihre Bestandteile zurück.
Warum haben Sie den Standort Besch für Ihr Unternehmen gewählt?
KLEIN Wir haben bewusst nach einem Standort in Flussnähe gesucht, da wir einen großen Teil der Logistik über den Wasserweg abbilden wollen. Immerhin ist dies die umweltfreundlichste Variante des Transportes und es ermöglicht uns auch, größere Einzugsgebiete abzudecken. Das Grundstück in Besch ist perfekt, da die Mosel nebenan ist, die Schiene streift das Grundstück, die Autobahn ist nicht weit entfernt, und über das Industriegebiet existiert bereits eine Zufahrt bis zu dem Gelände.
Ist die Nähe zu Frankreich und Luxemburg ein Vorteil?
KLEIN Es geht hierbei nicht primär um die unmittelbare Nähe zu Luxemburg und Frankreich, sondern zur Mosel und dem Flusssystem. Zusätzlich planen wir schon seit Jahren eine Kooperation mit Luxemburg, um die Altreifen aus dem Großherzogtum umweltfreundlich zu neuen Rohstoffen zu verarbeiten.
Werden Sie an der Obermosel eine weitere Zweigstelle Ihres Pionierunternehmens gründen?
KLEIN Ja, wir planen, ein komplettes Werk mit einer Kapazität von 20 000 Jahrestonnen Altreifen in Besch zu errichten. Hierbei kommt natürlich unsere innovative Pyrum Thermolysetechnik zum Einsatz und verwandelt Altreifen in die Rohstoffe der Zukunft für zum Beispiel neue Reifen, Kunststoffe et cetera.
Wie viele Niederlassungen gibt es bereits?
KLEIN Wir haben eine Niederlassung in Dillingen/Saar und eine in Bayern mit der Firma Revalit. Zusätzlich werden neue Niederlassungen, zusammen mit Partnerfirmen wie zum Beispiel Remondis in Bremen, Emleben ( Thüringen), Tschechien, Griechenland und England in den kommenden zwei bis drei Jahren entstehen.
Wie sind Sie auf die Idee zu dem Unternehmen Pyrum gekommen?
KLEIN Das geschah während meines Studiums, als ich den Erfinder unserer Technologie, Klaus-Peter Schulz aus Auggen bei Freiburg, kennenlernte. Herr Schulz war damals, im Jahr 2008, schon im Rentenalter und ich ein junger Student Anfang 20. Wir waren anfangs ein sehr ungleiches Team, immerhin hätte Schulz mein Großvater sein können, aber ich war fasziniert von der Idee, dass man unsere Abfälle in Rohstoffe wie Öl und Kohlenstoff zurück verwandeln kann. Das erinnerte mich an ein Zitat aus meinem Studium, welches besagte, dass es mehrere Evolutionsstufen bei der Kreislaufwirtschaft geben wird und wir am Ziel sind, wenn die Menschheit von ihren Abfällen leben kann. Somit starteten wir das Abenteuer, und ich holte mir noch drei Freunde hinzu, um Pyrum zu gründen.
Wie wurde die Idee, Altreifen zu recyceln, geboren?
KLEIN Unsere Technik ist eigentlich für die meisten Kunststoffe anwendbar, wir haben uns aber damals für Altreifen entschieden, weil es dafür einige sehr gute Gründe gab. Erstens sind Altreifen am allerschwersten mit unserer Technologie zu recyceln, also war klar: Wenn es mit Altreifen funktioniert, dann funktioniert es auch problemlos mit den meisten anderen Kunststoffen. Zweitens war uns klar, dass wir gerade am Anfang einen sortenreinen Kunststoff brauchen, um hochwertige Produkte herstellen zu können. Mischkunststoffe aus der Gelben Tonne sind zwar einfach zu thermolysieren in unserer Anlage, die Endprodukte schwanken aber sehr stark aufgrund des stark schwankenden Eingangsstoffes. Reifen sind nun mal Reifen und in Altreifencontainern sind nur Altreifen. Somit sind Altreifen ein schöner und sauberer Abfallstrom, mit welchem man sehr gute und gleichbleibende Produkte herstellen kann. Drittens: Altreifen sind ein riesiges Umweltproblem, da in Europa 3,4 Millionen Tonnen Altreifen pro Jahr anfallen, und über die Hälfte dieser Menge wird in Zementwerken verbrannt und erzeugt somit immense Mengen an CO2. Also war uns schnell klar: Die Entsorgung der Altreifen muss grün werden.
Woran arbeiten Sie noch?
KLEIN Parallel arbeiten wir bereits an Prototypen für das Recycling von
Kohlefaserverstärkten Kunststoffen (CFRP) aus den Flügeln von Windkrafträdern, von PUR-Platten aus der Fassadendämmung oder Silikonkunststoffen aus der Industrie. Also, Reifen sind nur der erste Schritt.
Werden Sie wie in Besch wie in Dillingen Altreifen nachhaltig recyceln?
KLEIN Wir recyceln bereits mit einer Linie seit Mai 2020 im Dauerbetrieb Altreifen in Dillingen. Vor drei Wochen hat die erste Produktion unserer beiden neuen Linien in Dillingen begonnen, damit wir unsere Kapazität verdreifachen können. Der Standort in Besch ersetzt das geplante Werk in Homburg. Es tut uns sehr leid, nicht in Homburg bauen zu können. Aber zugegebenermaßen ist der Standort in Besch logistisch sogar viel besser für uns. Ein solches Pyrum-Werk schafft ungefähr 40 neue Arbeitsplätze.
Wann geht es dort los?
KLEIN Der Zeitplan ist sehr eng getaktet, da die ersten Gelder für den Bau bereitstehen und so schnell wie möglich ausgegeben werden müssen. Wir investieren also am Standort in Besch bis zu 40Millionen Euro in den kommenden zwei Jahren. Geplant ist die Einreichung der Genehmigungsunterlagen bereits Anfang 2024, damit ein Spatenstich noch im zweiten Quartal 2024 stattfinden kann. Das Werk würde dann Anfang 2026 starten.