Zverev ist nun der letzte Mohikaner
Außer dem Olympiasieger sind alle deutschen Tennisprofis bei den Australian Open im Einzel bereits ausgeschieden.
MELBOURNE (sid) Alexander Zverev atmete nach seinem Zittersieg tief durch und ging in die knallharte Selbstanalyse. „Um ehrlich zu sein, er hätte das Weiterkommen heute mehr verdient gehabt“, sagte Zverev, nachdem er ein blamables Zweitrundenaus bei den Australian Open gegen den Qualifikanten Lukas Klein nur mit Glück und Nervenstärke abgewendet hatte: „Ich dachte, es gibt heute einen Heimflug für mich.“
Den gab es nicht, weil der Hamburger in einem packenden Fünfsatz-Thriller sein großes Kämpferherz bewies. Doch beim 7:5, 3:6, 4:6, 7:6 (7:5), 7:6 (10:7) gegen den 163. der Weltrangliste wankte der Olympiasieger bedenklich, für seinen Traum vom ersten Grand-Slam
Titel muss er sich deutlich steigern. Zverev ist nach dem Ausscheiden von Jan-Lennard Struff und Tatjana Maria der letzte deutsche Hoffnungsträger in Melbourne.
Er sei die meiste Zeit nur „Zuschauer“gewesen, sagte Zverev, der über weite Strecken kraft- und emotionslos wirkte. Schon zum Auftakt gegen seinen Landsmann Dominik Koepfer hatte er Mühe, gegen den furios aufspielenden Slowaken agierte er am Donnerstag sehr passiv. „Es war eine lange Geburt, die aber gut ausging. Sascha tut sich in den Eröffnungsrunden immer schwerer als eigentlich nötig“, sagte Experte Boris Becker bei Eurosport. Nun trifft Zverev auf den US-Amerikaner Alex Michelsen.
Struff ließ dagegen eine große Chance auf seinen erstmaligen
Einzug in die dritte Runde liegen. Auch der Warsteiner musste in einen dramatischen Tiebreak im fünften Satz gehen, verlor bei zwei eigenen Matchbällen gegen den Serben Miomir Kecmanovic aber die Nerven. „Mit meiner Leistung bin ich echt zufrieden. Aber es sind dann ein oder zwei Bälle, die ein Match entscheiden. Und das ist bitter dann“, sagte Struff nach dem 4:6, 6:1, 6:7 (5:7), 6:1, 6:7 (9:11) auf Außenplatz 7. Die Nummer 25 der Welt war ambitioniert nach Melbourne gekommen, auch wenn das erste Major-Turnier des Jahres bisher kein gutes Pflaster für ihn war. „Ich wäre gerne noch weitergegangen“, betonte Struff.
Das gilt auch für Maria, die als letzte von fünf deutschen Frauen ausschied. Die 36-Jährige verlor ihr Zweitrundenmatch gegen die Italienerin Jasmine Paolini klar mit 2:6, 3:6. „Es war ein komisches Spiel, es war sehr windig“, sagte Maria: „Ich bin enttäuscht von meiner Leistung.“
Das war auch Zverev. Er müsse „besser spielen“und sei erst mal „froh, in der dritten Runde zu sein“, sagte der 26-Jährige. Von seinem nächsten Gegner habe er „noch nicht viel gesehen“, gab er zu. Als Nummer sechs der Welt gehörte der Hamburger in Melbourne eigentlich zum Favoritenkreis. Sein bestes Ergebnis in Melbourne ist der Halbfinal-Einzug 2020 – um da hinzukommen, braucht es eine Steigerung.