Resolution gegen Rassismus und Extremismus
Die Initiative ging von Regionalverbandsdirektor Peter Gillo (SPD) aus – doch das Thema hätte es beinahe nicht auf die Tagesordnung geschafft. Am Ende kam es zu einer Abstimmung mit überraschenden Ausgang.
Im Ratsinformationssystem des Regionalverbandes (RGV) war von dem Vorhaben nichts zu lesen. Bei der Regionalversammlung am Donnerstag bat Regionalverbandsdirektor Peter Gillo (SPD) die anwesenden Ratsmitglieder jedoch, das Thema kurzfristig auf die Agenda zu setzen: Auf knapp einer Seite hatte Gillo eine „Resolution gegen Rechtsextremismus“verfasst, die der Verwaltungschef zur Abstimmung bringen wollte. Anlass waren die Enthüllungen des Medienhauses Correctiv über ein Geheimtreffen bei Potsdam, an dem laut Resolutionstext „rechtsextreme Politiker, Ideologen und finanzkräftige Einzelpersonen“über einen „Masterplan zur massenhaften Vertreibung von Zugewanderten und Menschen mit Migrationshintergrund“beraten hatten. Dies treffe „auf unseren entschiedenen Widerstand“, heißt es weiter, denn dieser Plan sei „mit dem Auftrag und Selbstverständnis des Regionalverbands Saarbrücken nicht vereinbar“.
Weil der Text den Ratsmitgliedern erst nach Ende der Einreichungsfrist zugegangen war, musste die Regionalversammlung allerdings zunächst darüber abstimmen, ob der Beschluss auf die Tagesordnung
gesetzt wird – und das gestaltete sich unerwartet spannend.
Zuerst ergriff der CDU-Fraktionsvorsitzende Norbert Moy das Wort: Natürlich sei die Fraktion gegen Extremismus, egal ob rechts, links oder islamistisch, aber gerade weil das Thema so wichtig sei, wünsche sich die CDU hier noch Beratungszeit. „Insofern würden wir uns dagegen aussprechen, die Abstimmung auf die Tagesordnung zu setzen.“Dafür gab es kurzen Applaus – vonseiten der AfD.
Anders äußerte sich die SPD: Der Text sei „zugegebenermaßen mit heißer Nadel gestrickt“, erklärte Fraktionschef Stephan Schmidt, doch letztlich sei der Inhalt eindeutig. Dass er sich nur gegen Rechtsextremismus richte, sei angesichts der hunderttausenden Menschen,
die aktuell dagegen demonstrierten („Gott sei Dank“), wohl ersichtlich.
An dieser Stelle schaltete sich Gillo ein und erläuterte seine Motivation, diesen Text aufzusetzen: Er sei in den letzten zwei Wochen von vielen Menschen angesprochen worden, die noch nie zuvor demonstriert hätten, aber jetzt bereit seien, für die Demokratie auf die Straße zu gehen. „Sie haben das Bedürfnis, aufzustehen, sich zu artikulieren“, erklärte Gillo. „Und ich glaube, dass Politik die Aufgabe hat, diesen Menschen zu zeigen: Wir nehmen das wahr und wir positionieren uns mit euch.“
Er erinnerte an eine ähnliche Abstimmung in der Regionalversammlung aus dem Jahr 2015, die einstimmig ausging. Er habe geglaubt, dass auch die neue Resolution auf „90 Prozent Konsens“treffen wür
de. „Es wäre sehr schade, wenn wir jetzt sechs Wochen bis zur nächsten Sitzung warten müssten. Das wird der Aktualität des Themas nicht gerecht.“
Unterstützung erhielt der Regionalverbandsdirektor von den kleinen Fraktionen: „Wir sind sehr überrascht, dass Demokraten mit diesem Text Schwierigkeiten haben könnten“, betonte FDP-Fraktionsvorsitzender Roland König. Es sei „absolut notwendig, so ein Zeichen zu setzen“. Patrick Ginsbach, Fraktionsvorsitzender der Grünen, sagte, er sei „ehrlich gesagt sehr, sehr erschrocken, dass man bei einer Resolution gegen Rechtsextremismus noch Beratungsbedarf hat“. Bei diesem aktuellen Anlass sollte es kein Problem sein, „auch spontan und möglichst einstimmig darüber zu entscheiden“. Kleinere Änderungen könnten schließlich noch beraten werden, wenn der Text ordnungsgemäß auf die Tagesordnung gesetzt werde.
Uneinigkeit herrschte dagegen bei den Linken: Fraktionsvorsitzender Jürgen Trenz kritisierte ebenfalls, dass der Text sich nur auf Rechtsextremismus beziehe. Eine Umfrage habe ergeben, dass die Bürger sich am meisten vor „Islamismus und Clankriminalität“fürchten und verwies auf die Reaktionen in Berlin auf die Attacke der Hamas gegen Israel: Dort war der Terrorangriff teils bejubelt worden. „Das zu negieren und wegzulassen, halte ich für einseitig.“
Sein Parteikollege Sigurd Gilcher schüttelte bei Trenz` Ausführungen entschieden den Kopf und stellte später klar, dies sei nicht die Haltung aller Linken in der Regionalversammlung: „Ich bin absolut dafür, die Resolution ohne Änderung auf die Tagesordnung zu setzen und zu verabschieden.“Dies nicht zu tun, wäre ein fatales Signal nach außen, gaben sowohl Manfred Baldauf (FDP) als auch Volker Schmidt (SPD) zu bedenken.
Blieb die AfD. Fraktionsvorsitzender Michel Dörr zweifelte zunächst die Dringlichkeit an: „Wenn Rechtsradikalismus und -extremismus eine Bedrohung ist, dann ist das in sechs Wochen auch noch eine Bedrohung.“Er sei genau wie die CDU gegen jede Form von Extremismus und finde, dass der Text jetzt nicht mit aller Gewalt durchgedrückt werden müsse. Darüber hinaus sehe er die Resolution als „Angriff auf seine Partei“.
Das griff Stephan Schmidt augenblicklich auf: Mit Blick auf Jürgen Trenz betonte er, dass laut Verfassungsschutzbericht eindeutig der Rechtsextremismus die größte Bedrohung für die Demokratie sei. Dagegen richte die Resolution sich, die AfD werde dagegen gar nicht erwähnt. Wenn Dörr sich trotzdem angesprochen fühle – „und das wäre ich an seiner Stelle“– sei das nicht die Schuld des Textes.
René Selzer (AfD) erklärte dann noch, dass es sich bei dem Geheimtreffen in Potsdam um ein privates Treffen gehandelt habe und das Thema „aktuell hochgekocht“werde. Das größte Problem in Deutschland sei Antisemitismus und dieser komme nicht von rechts. Auch er plädierte für eine Ausweitung auf alle Formen des Extremismus.
Insgesamt dauerte die Diskussion rund eine halbe Stunde. Am Ende überzeugte wohl vor allem der mehrmalige Hinweis auf die Außenwirkung: Einstimmig wurde beschlossen, die Resolution auf die Tagesordnung zu setzen. Anschließend unterbrach der Regionalverbandsdirektor die Sitzung für etwa 15 Minuten, um mit den Fraktionsvorsitzenden und einigen anderen Ratsmitgliedern über Textänderungen zu beraten. Diese fielen am Ende kaum ins Gewicht: An die Formulierung „Die Regionalversammlung wendet sich gegen jegliche Form von Rassismus“wurde ein „und Extremismus“angefügt. Der Titel – „Resolution gegen Rechtsextremismus“– blieb dagegen unverändert. Auch die finale Abstimmung fiel einstimmig aus – lediglich Patrick Ruttar (AfD) enthielt sich.
„Die Regionalversammlung wendet sich gegen jegliche Form von Rassismus und Extremismus.“Resolutionstext