Teleavatare helfen kranken Schülern
Sie sind die Augen, aber auch die Stimme kranker Kinder im Klassenzimmer. In vielen Bundesländern erleichtern Teleavatare den Fernunterricht – jetzt auch im Saarland.
SAARBRÜCKENWer schwer krank wird, muss nicht nur mit seiner Krankheit kämpfen, sondern auch damit, dass sein Alltag auf einmal auf den Kopf gestellt wird. So ergeht es auch Kindern, die nicht mehr zur Schule gehen können. „Für Kinder und Jugendliche geht es nicht nur darum, dass sie Unterrichtsstoff verpassen, sondern auch nicht mehr am Schulleben teilnehmen können. Wenn Kinder krank werden, haben sie oft nur noch mit Erwachsenen zu tun und können sich weniger mit Gleichaltrigen austauschen“, sagt Thomas Mann vom katholischen Institut für Lehrerfortund weiterbildung (ILF) in Saarbrücken. Zusammen mit seiner Kollegin Karolina Engel hat Mann ein Projekt gestartet, dass es betroffenen Kinder ermöglicht, trotz Krankheit im Klassenzimmer dabei zu sein – über einen Teleavatar.
In anderen Bundesländern wie etwa Hamburg oder Bayern werden die weißen Roboter schon länger eingesetzt. Sie sitzen quasi am Platz des fehlenden Schülers und können von ihm zu Hause über ein Tablet bedient werden. Will sich das Kind melden, leuchtet der Kopf des Teleavatars grün, sodass der Lehrer es merkt. Der Kopf kann sich um 360 Grad drehen, sich nach vorne beugen, zum Beispiel um Fragen auf einem Blatt Papier zu sehen. „Durch den Avatar kann der Schüler auch flüstern, zum Beispiel bei Gruppenarbeit. Und in der Pause kann er sich mit seinem Tischnachbarn unterhalten, sodass er zwar zu Hause oder in der Klinik ist, aber trotzdem am Klassenleben weiter teilnimmt“, erklärt Thomas Mann.
2021 war ein solcher Mini-Roboter zum ersten Mal an einer Saar-Schule im Einsatz – im Rahmen eines Pilotprojekts des ILF an der Saarbrücker Marienschule. „Es hat sehr gut funktioniert, der betroffene Schüler war begeistert, die Lehrer waren damit zufrieden, und auch die Mitschüler haben den Avatar direkt angenommen“, berichtet Mann. Mit diesem Projekt bewarb sich das Institut bei der Spendenaktion „Herzenssache“und bekam zehn Teleavatare, die nun von saarländischen Schulen kostenlos für eine Dauer von zu bis sechs Monaten ausgeliehen werden können. Darüber hinaus finanziert die Aktion den Service und die Wartung der Hightech-Geräte für die nächsten drei Jahre – insgesamt beläuft sich die Unterstützung auf 80 000 Euro. Seit vergangenem Oktober sind die Geräte im Saarland verfügbar, derzeit werden fünf von den zehn Robotern in saarländischen Schulen eingesetzt. Drei Jahre läuft das Projekt, doch das ILF-Team hofft, dass es anschließend weitergeführt werden kann.
„Davon profitieren Kinder und Jugendliche, die schwer krank sind, zum Beispiel an Krebs oder Mukoviszidose leiden“, berichtet ILF-Mitarbeiterin Karolina Engel: „Dass sie dadurch die Möglichkeit haben, den Unterricht an ihrer Stammschule, mit ihren Lehrern und Klassenkameraden weiterhin zu besuchen, ist für sie sehr wichtig.“So kämen sie nach einem Krankenhausaufenthalt wieder in die Schule, ohne den Eindruck, etwas verpasst zu haben. Durch die physische Präsenz des Teleavatars im Klassenraum würde sich die Klassengemeinschaft auch mit der Situation des anwesenden Schülers befassen. „Er ist dann nicht einfach weg und man vergisst ihn, sondern die Mitschüler entwickeln ein Gefühl für seine Situation, werden dafür sensibilisiert. Es ist ein sehr inklusives Vorgehen“, stellt Thomas Mann fest.
„Durch den Avatar kann der Schüler auch flüstern, zum Beispiel bei Gruppenarbeit.“Thomas Mann Katholischen Institut für Lehrerfort- und weiterbildung Saarbrücken