Zwiespältige Premiere von Jaté-Film
Volles Haus im Passage-Kino bei der Vorführung von „ Mein Freund Beuys“.
(lem) „Bitte bleiben Sie da. Es gibt noch zwei Programmpunkte“, wendet sich Meinrad Maria Grewenig nach dem Ende der Filmvorführung mit dem Mikro ans Publikum. Unbeeindruckt davon erhebt sich der Großteil der Besucherinnen und Besucher und verlässt den Saal des Saarbrücker Passage-Kinos. Abwarten heißt es – auch für den ehemaligen Generaldirektor und Geschäftsführer des Weltkulturerbes Völklinger Hütte, der als Moderator durch den Abend führt, doch ob der Unruhe im Saal vorerst nicht mit dem Programm fortfahren kann.
Nachdem sich die Reihen gelichtet haben, bittet er den als „Radioprofi“angekündigten Charlie König, den Regisseur und Produzenten Roman Redzimski, den Schauspieler Sebastian Müller-Bech (im Film Joseph Beuys) sowie Ulrich Seidel, Chefarzt der Psychiatrie der
SHG-Kliniken Sonnenberg, für das abschließende Gespräch auf die Bühne. „Ein kleines Meisterwerk“, befindet der Radioprofi. Grewenig hat der Film über das Saarbrücker Urgestein „mit seinen tiefgehenden Konflikten berührt“. Die Herren loben wechselseitig ihre Moderationskünste und schmeicheln Redzimski, der sich für die Unterstützung bei Seidel bedankt. Denn der SHGChefarzt stand Redzimski und seinem Team beratend zur Seite, um Jatés psychotische Schübe angemessen abzubilden. Das hat dem Film offensichtlich gutgetan, der in rund 90 Minuten Schlaglichter auf das von psychotischen Schüben geprägte Leben und Wirken des Künstlers Claude Jaté wirft. „Ich bin der Sheriff aus Paris und male Bilder aus einem anderen Leben“, sagt Jaté am Ende des Films, als er nach einem heftigen Schub in der Düsseldorfer Psychiatrie zu sich kommt und zu einer Maltherapie verdonnert wird. „Die Psychiatrie ist für mich eine Instanz des Verbrechens, die Maltherapie eine Blasphemie bei der Gottesarbeit“, wütet Jaté. Dargestellt wird Jaté von Benjamin Kelm, der während des Corona-Lockdowns in New York das Drehbuch geschrieben hat – doch an diesem Abend auf der Berlinale weilt. „Eine saarländische Erfolgs-Story“, säuselt Grewenig in seiner fast zwanzigminütigen Eröffnungsrede ins Mikrofon.
Abwesend ist auch Claude Jaté, der den Film laut Grewenig gesehen und autorisiert hat. Nicht anwesend ist außerdem Yvonne Laros. Die aus Trier stammende Schauspielerin mit dem schwarzen Nasenpiercing und den markanten Tattoos (besonders der kleine Falter im Gesicht) verkörpert Gaby Winter, die Freundin von Klaus-Dieter Schneider, so der bürgerliche Name von Claude Jaté. Nachdem Klaus-Dieter von Joseph Beuys seinen Künstlernamen erhalten hat, widmet er sich fortan vollumfänglich der Kunst. „Hör' nie auf mit der Kunst. Egal, was dich aus der Bahn wirft“, sagt ihm sein Freund Beuys und verrät ihm außerdem: „Ich weiß, Frauen spielen in Krisen eine große Rolle.“„Ja, du hast recht“, erwidert Claude und vernachlässigt fortan seine Freundin Gaby und seine psychische Gesundheit.
Wenngleich der Film markante Stationen der psychischen Zerrüttung des Protagonisten einzufangen weiß, überzeugt er in der Gesamtschau nicht. Die holzschnittartige (Über-)Zeichnung der gestelzt sprechenden und steif agierenden Figuren sowie die anachronistische musikalische Untermalung mindern den Genuss erheblich. Dass beide Frauenfiguren dem Künstler ihre nackten Brüste (eingefangen mit Closeups) darbieten, wirkt deplatziert. So mag es kaum verwundern, dass viel Besucher direkt nach der Vorführung den Weg ins Freie suchten.
Weitere Termine von „Mein Freund Beuys“: Capitol Movieworld Saarlouis (1. März), City-Filmstudio Lebach (8. März), Neues Theater St. Wendel (13. März) und Union-Theater Illingen (22. März).
Infos und Trailer unter www.mediengestaltung-saarland.de