„Die Idee widerlegen, dass wir kriegsmüde sind“
21 Staats- und Regierungschefs bekundeten in Paris ihre Unterstützung für die Ukraine und sprechen über die Koordination der Hilfe.
Die Zahl der Staats- und Regierungschefs, die Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Montag im Elysée-Palast begrüßte, war beeindruckend. 21 Eingeladene waren gekommen, um zwei Jahre nach dem russischen Überfall die Hilfe für die Ukraine besser zu koordinieren. „Wir müssen sehen, wie wir mehr machen können, sowohl was das Finanzielle als auch was das Militärische angeht“, forderte Macron zum Auftakt des Treffens, an dem auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) teilnahm. Der Kanzler, der als Letzter eintraf, hatte bereits vorab Forderungen nach der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern eine Absage erteilt.
In seinem Eingangsstatement konstatierte Macron eine „Verhärtung“der russischen Haltung. Das hätten auch die europäischen Länder durch von Russland gesteuerte Desinformationskampagnen zu spüren bekommen. Gerade Frankreich war in den vergangenen Wochen mehrmals Ziel solcher Kampagnen. So soll Russland hinter einem gefälschten Fernsehbericht stehen, der ukrainische Anschlagspläne für eine Absage von Macrons Kiew-Reise verantwortlich machte. Der Präsident hatte seinen Besuch im Februar abgesagt, will ihn aber in der ersten Märzhälfte nachholen.
„Es geht darum, die Idee zu widerlegen, dass wir kriegsmüde seien“, sagte ein Präsidentenberater vor dem Treffen. „Wir sind im Gegenteil sehr entschlossen, den Sieg Russlands in der Ukraine zu verhindern.“Dazu erklärte sich Gastgeber Frankreich bereit, über den tschechischen Vorschlag zu diskutieren, der Ukraine 800 000 Schuss Munition außerhalb Europas zu beschaffen. Die französische Regierung hatte den Waffenkauf außerhalb Europas lange abgelehnt, um die europäische Rüstungsindustrie damit nicht zu schädigen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj war vor zehn Tagen erst in Berlin und dann in Paris gewesen, um Sicherheitsabkommen zu unterzeichnen. Macron sagte bei der Gelegenheit bis zu drei Milliarden Euro Militärhilfe für die Ukraine dieses Jahr zu. Unklar ist allerdings, woher die Summe kommen soll, da die Regierung aufgrund der schlechten Wirtschaftslage bis zu zehn Milliarden Euro einsparen muss.
Deutschland versprach seinerseits Hilfen über 7,1 Milliarden Euro. Bei der Militärhilfe an die Ukraine liegt
Frankreich laut dem Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel nur auf dem 16. Platz – hinter Verbündeten wie Lettland oder Polen. Deutschland belegt hinter den USA den zweiten Platz. „Wie kann man hinnehmen, dass Frankreich hinter Italien, Deutschland und Großbritannien liegt?“, kritisierte Ex-Präsident François Hollande in einem Zeitungsbeitrag. Im Umfeld Macrons wird darauf verwiesen, dass es auf Qualität, nicht auf Quantität ankomme. Frankreich liefere sehr leistungsstarkes Material wie beispielsweise die Marschflugkörper des Typs Scalp, deren Reichweite allerdings unter der von Taurus-Raketen liegt.
Scholz bekräftigte vor dem Treffen seine Absage an Taurus-Lieferungen. „Wir dürfen an keiner Stelle und an keinem Ort mit den Zielen, die dieses System erreicht, verknüpft sein“, sagte Scholz bei der dpa-Chefredaktionskonferenz. Gemeint sind Ziele in Russland. Im Umfeld des französischen Präsidenten wurde ein Angriff auf russisches Territorium am Wochenende nicht als Problem gesehen. Das sei sowohl mit den ScalpRaketen als auch mit den Cesar-Haubitzen möglich, hieß es.
An der Konferenz nahmen Staatsund Regierungschefs aus 21 europäischen Ländern sowie mehrere Minister teil. Die USA waren durch den Unter-Staatssekretär James O'Brien vertreten. Selenskyj war zum Auftakt per Video zugeschaltet. Nicht nach Paris gekommen waren die Regierungschefs Italiens, der Slowakei und Ungarns.