Arbeitskammer-Chef sorgt sich um Autoland Saar
Thomas Otto fordert von den Autoherstellern und Zuliefer-Betrieben eine offenere Kommunikation darüber, was in Zukunft an Standortbedingungen und Qualifikationen von Beschäftigten vorhanden sein muss, damit ein Engagement in der jeweiligen Region auch auf
2024 muss zu einem Jahr des Aufbruchs im Saarland werden. Davon ist der Hauptgeschäftsführer der Arbeitskammer, Thomas Otto, überzeugt. Eine besondere Herausforderung erwartet er für die Autoindustrie. „Ich mache mir Sorgen, dass wir eine führende Rolle der deutschen Autoindustrie im Weltmarkt im Augenblick aus den Augen verloren haben.“Man könne nur Wertschöpfung erzielen, wenn man sehr genau weiß, auf welche Technologien und Produkte man setzt. Gegenwärtig sei das nicht der Fall.
„Ich fühle mich auch als Konsument im Moment total verunsichert. Man kann nicht einmal erkennen, welche Art der Mobilität morgen eigentlich die Richtige ist.“Zumal sich heute viele Käufer 40 000 Euro oder mehr für einen Neuwagen nicht leisten könnten.
Wer politisch kurzfristig ein Aus für den Verbrennungsmotor beschließt, der müsse zugleich für eine attraktive Alternative inklusive einer zukunftsfähigen Infrastruktur sorgen. Von günstigen Anschaffungspreisen über ein komfortables Netz an Ladesäulen bis zu einer Verwertungsstrategie am Ende des Lebenszyklus der Fahrzeuge. Elektroautos zu kaufen, müsse attraktiver werden, auch im Saarland. Zumal im Übergang die Energieerzeugung in Deutschland noch zu gut einem Drittel mit fossilen Anteilen erfolge. Deshalb könne man mit weiteren Effizienzsteigerungen und technologischen Entwicklungen bei Verbrennern diesen als Übergangstechnologie konsequent nutzen, bis eine Elektromobilität wirklich auch ausgereift ist. „Dies meine ich ausdrücklich nicht als ein ,weiter so`, sondern ein intelligentes Abwägen hin zu einer am Ende konsequent dekarbonisierten Mobilität“, betont Thomas Otto.
Er fordert eine gemeinsame Strategie der Politik und der Autohersteller, die für die Konsumenten Klarheit für ihre Mobilitätsplanung schafft. Inklusive Förder-Instrumenten, die auch länger Bestand haben. Viele Politiker machten zudem den Fehler, Kerneuropa mit der Welt zu vergleichen. „Es wird auch Regionen geben, in denen Elektroautos zehn Jahre später oder wegen einer fehlenden Infrastruktur überhaupt nicht kommen werden.“Deshalb werde der Verbrenner in vielen Regionen noch lange gebraucht. Am Ende entscheide ohnehin die Attraktivität der Technologie, ihre Verfügbarkeit und der Preis darüber, was sich am Markt durchsetzt. Zumal sich das Saarland auch in der Wasserstoff-Technologie zunehmend Kom
„Ich mache mir Sorgen, dass wir eine führende Rolle der deutschen Autoindustrie im Weltmarkt im Augenblick aus den Augen verloren haben.“Thomas Otto Hauptgeschäftsführer der Arbeitskammer Saar
petenz erwerbe. „Deshalb müssen wir jetzt mit der Landesregierung, den Autoherstellern, Zulieferern und den Gewerkschaften über die Wertschöpfung der Zukunft im Saarland reden. Inklusive der notwendigen Qualifizierung von Fachkräften und der Ausbildung neuer Berufe. Alles unter dem Motto: Was wird jetzt und in Zukunft gebraucht?“
Otto erwartet auch mehr Offenheit von der Autoindustrie, was sie konkret plant und welche Art von Fachkräften sie braucht. Das setze
eine ehrliche Kommunikation voraus, ob solche Unternehmen ihre Produktion auch längerfristig vom Saarland aus betreiben wollen und welche Rahmenbedingungen sie für notwendig halten. „Selbst, wenn es unternehmerische Gründe gibt, warum das möglicherweise nicht in der bisherigen Dimension geht, wäre es nur fair, den Beschäftigten heute schon die Chance zu geben, sich auf die künftigen Anforderungen vorzubereiten.“Die Weiterbildungsbereitschaft müsse noch vor Unter
nehmensentscheidungen gestärkt werden. Die Beschäftigten entwickelten so einen Mehrwert für das eigene Unternehmen und stärkten zugleich ihre eigenen Chancen, auch für andere Betriebe als Arbeitskräfte attraktiv zu sein. Die Arbeitskammer treibe selbst Weiterbildung- und Qualifizierung voran, etwa im Projekt Transformationsnetzwerk Saarland.
Mit einem großen Reservoir gut ausgebildeter Fachkräfte erhöhe das Saarland zudem seine Attraktivität für Neuansiedlungen. „Ein Chip
hersteller wie Wolfspeed kommt ja auch ins Saarland, weil wir diese Fachkräfte haben“, so Otto. Der Bereich der Kreislaufwirtschaft, der ein großes Wachstumsfeld für die gesamte Region darstelle, sei ebenfalls auf Fachkräfte angewiesen. Das Reservoir an Spezialisten sowie die hervorragende Ausbildung an den Hochschulen müsse bei der Werbung für den Standort stärker im Vordergrund stehen. Zumal in dieser Region auch neue, ökologische Technologien vorangetrieben werden, betont Otto.