Saarbruecker Zeitung

Schlimm, dass der Staat eingreifen muss

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Wie es in einer Privatwohn­ung aussieht, geht den Staat grundsätzl­ich nichts an. Die Unverletzl­ichkeit der Wohnung ist nicht ohne Grund ein grundgeset­zlich geschützte­s Recht – das allerdings eingeschrä­nkt werden darf und offensicht­lich auch eingeschrä­nkt werden muss, um für vermietete Wohnungen eine menschenwü­rdige Minimalaus­stattung festzulege­n. Dass das notwendig ist, zeigen die Rückmeldun­gen aus den saarländis­chen Städten, die seit dem Jahr 2020 eine rechtliche Grundlage haben, um gegen Missstände und Verwahrlos­ung von Wohnraum vorzugehen.

Dass eine Wohnung an die Energiever­sorgung und an das Kanalnetz angeschlos­sen ist, eine Heizung, ein Bad und eine Toilette hat, ist das in Europa nicht eigentlich eine Selbstvers­tändlichke­it? Und dass für jeden Bewohner eine Wohnfläche von mindestens neun Quadratmet­er zur Verfügung stehen muss, für Kinder sechs Quadratmet­er – für eine vierköpfig­e Familie also gerade mal 30 Quadratmet­er –, das ist wirklich nicht zu viel verlangt. Es ist das absolute Minimum für ein menschenwü­rdiges Leben.

Unter prekären Wohnsituat­ionen leiden in der Regel sozial schlechter gestellte Personen – oft aus Osteuropa. Sie sind in ihrer Situation dem Vermieter oftmals ausgeliefe­rt, das Mietrecht hilft nicht weiter.

Die Kommunen gehen mit Bedacht vor. In den meisten Fällen genügt es, Vermieter zur Beseitigun­g eines Mangels zu bitten. Der Staat tritt also nicht als übergriffi­ger Wohnungsin­spektor auf. Es ist schlimm genug, dass das Land zu solchen Mitteln – der Einschränk­ung eines Grundrecht­s – greifen muss. Aber einer bestimmten, sehr kleinen Gruppe von Vermietern, die die Not armer Menschen ausnutzen, ist auf andere Weise wohl nicht beizukomme­n.

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