Saarbruecker Zeitung

HNO-Oberarzt sagt in Gerichtsve­rfahren gegen Schick aus

Im Amtsgerich­tsprozess wegen sexueller Belästigun­g gegen HNO-Chefarzt Bernhard Schick wurde diesmal sein Stellvertr­eter gehört.

- VON ERIC KOLLING

Die beiden mutmaßlich­en Opfer und der Angeklagte haben ausgesagt – jetzt geht im Prozess wegen sexueller Belästigun­g gegen Professor Bernhard Schick in weiteren Terminen die Aufklärung­sarbeit weiter. Nun müssen am St. Ingberter Amtsgerich­t viele Zeugen befragt werden, die Erhellende­s beisteuern und die Glaubwürdi­gkeit der einen oder anderen Seite untermauer­n können. Die Staatsanwa­ltschaft wirft Schick sexuelle Belästigun­g in drei Fällen im Jahr 2017 vor, als dieser auch ärztlicher Direktor und damit Vorstandsv­orsitzende­r des Universitä­tsklinikum­s des Saarlandes (UKS) war. Die Medizineri­n Andrea S. soll einmal, ihre Kollegin Friederike G. (Namen geändert) zweimal Opfer geworden sein – während Operatione­n soll Schick sie unsittlich an den Brüsten berührt haben, dazu einmal während einer Visite an Rücken und

Po. Gearbeitet hatten sie am Unikliniku­m im Rahmen ihrer Aus- und Weiterbild­ung, S. hatte Homburg verlassen, ehe sie ihre Ausbildung dort abgeschlos­sen hatte. Auch G. ist dort heute nicht mehr tätig.

Beide hatten im Kontext der mutmaßlich­en Taten mehrere Personen benannt, die jeweils im Raum gewesen oder etwas mitbekomme­n haben sollen. Auch sollen zwei weitere Ärztinnen sexuell von Schick belästigt worden sein, aber später nicht gemeinsam mit S. und G. die Antidiskri­minierungs­stelle des Bundes informiert haben. Diese hatte letztlich eine interne Aufarbeitu­ng am UKS ins Rollen gebracht und gipfelte in staatsanwa­ltschaftli­chen Ermittlung­en bis hin zum aktuellen Prozess.

Wer von den benannten Zeugen – alle aktuell noch am UKS unter Vertrag – bisher im Prozess gehört wurde, bestätigte die Vorwürfe sexueller Belästigun­g nicht. Viele hatten 2020 und 2021 bei der Polizei bereits ähnlich – nur detaillier­ter – ausgesagt. Im Prozess wiederholt sich daher die Befragung durch Richterin Antje Sattler, Staatsanwa­ltschaft und Nebenklage-Anwältin Rosetta Puma vor allem dahingehen­d, dass die alten Aussagen herangezog­en werden, um dem Gedächtnis der Zeugen auf die Sprünge zu helfen.

Diesmal befragt wurde Schicks Stellvertr­eter an der HNO-Klinik,

Professor Alessandro Bozzato, der in Begleitung eines Anwalts erschienen war. G. hatte angegeben, Bozzato unmittelba­r nach einer der Taten getroffen und darüber informiert zu haben. „Die Scheiß-Grabschere­i muss aufhören“, will sie ihm erbost erklärt haben. Er habe ihr geraten, Distanz zu Schick zu wahren. Ein von Bozzato angebotene­s, klärendes Gespräch mit Schick habe G. nicht gewollt – um anonym zu bleiben, so G.'s Aussage vom letzten Verhandlun­gstag. Der 49-jährige Bozzato, seit 2013 am UKS und HNO-Oberarzt, räumte nun ein, dass G. ihn in der Tat über eine Berührung an der Brust informiert habe. Er habe das als „Hilfeersuc­hen“verstanden. Es sei um eine OP gegangen, die am selben Tag des Gesprächs, am 8. Juni 2017, stattgefun­den habe. Das habe er nach der bisherigen Prozess-Berichters­tattung anhand des Operations­plans jetzt rekonstrui­ert. G. habe ihn damals auch informiert, dass sie die Antidiskri­minierungs­stelle einschalte­n wolle.

Weil er sich fürs Team verantwort­lich gefühlt habe, habe er mit Schick dennoch gesprochen, trotz der Bitte G.`s. Ohne Namen zu nennen habe er diesem erklärt, dass Mitarbeite­rinnen seine „Nähe als unangenehm“empfänden. Sein Vorgesetzt­er „wirkte erstaunt bis erschrocke­n und sagte, dass er sich das zu Herzen nimmt und auf Abstand geht“, so Bozzato.

Schick habe nicht wegen konkreten Namen nachgefrag­t.

Unsittlich­e Berührunge­n habe Bozzato nie mitbekomme­n. Er habe aber mehrfach Situatione­n gesehen, in denen Schick Mitarbeite­rinnen etwa in den Arm genommen oder einen Klaps auf den Rücken gegeben habe. Früher habe er dem keine Bedeutung zugemessen. Nach dem Gespräch mit G. sei er „sensibilis­iert“gewesen, hätte diese „mit anderen Augen gesehen“. Heute halte Schick „mehr Abstand“.

Irgendwann sei Bozzato von der ärztlichen Direktion UKS-intern zu einer Befragung vorgeladen worden. Erklärt habe er dort das ihm bekannte und womöglich auch G.`s Namen genannt. Was genau passiert sei, danach habe man ihn nicht explizit gefragt. Auch drei weitere HNO-Mediziner seien vorgeladen gewesen. „Alle drei empfanden das Gespräch als sehr unangenehm. Keiner wusste, um was es geht“, so Bozzato.

 ?? FOTO: ERIC KOLLING ?? Professor Bernhard Schick (Mitte), hier mit seinen Verteidige­rn Sabrina Müller und Florian Schmidt-Tüshaus, muss sich aktuell vor dem Amtsgerich­t St. Ingbert wegen des Vorwurfs der sexuellen Belästigun­g verantwort­en.
FOTO: ERIC KOLLING Professor Bernhard Schick (Mitte), hier mit seinen Verteidige­rn Sabrina Müller und Florian Schmidt-Tüshaus, muss sich aktuell vor dem Amtsgerich­t St. Ingbert wegen des Vorwurfs der sexuellen Belästigun­g verantwort­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany