Giftfreie Teddybären für die kleinen Europäer
Gefährliches Spielzeug hat in der EU nichts zu suchen. Darüber sind sich die europäischen Gesetzgeber einig. Doch zuletzt war jedes fünfte Produkt, das von der EU aus dem Verkehr gezogen wurde, ein Spielzeug. Deshalb will die Union die SpielzeugRichtlinie
Die Geschichte von Cayla wird in Brüsseler Kreisen gerne erzählt, wenn es um neue Regeln für Europas Kinderzimmer geht. Cayla mit den großen blauen Augen und den blonden Haaren sollte einst die neue Freundin von unzähligen Mädchen und Jungen werden. Doch die sprechende Puppe wurde als Spionin enttarnt. Die Behörden zogen daraufhin das Modell des chinesischen Unternehmens Genesis Toys 2017 aus dem Handel, denn alles, was das Mikrofon des Spielzeugs er
fasste, konnte auch weitergesendet werden, Daten wurden kabellos und via ungesicherter Bluetooth-Verbindung ans Smartphone oder Tablet übertragen. Eine getarnte Abhöranlage sozusagen. Mittlerweile stecken in etlichen Smart Toys ausgefeilte Mikrochips und Technologien, die es Kindern ermöglichen, mit den Figuren zu sprechen, sie fernzusteuern oder mithilfe von Apps zu bedienen. Doch nicht nur das. Obwohl sich
die Gemeinschaft rühmt, auf dem europäischen Binnenmarkt die, im weltweiten Vergleich, sichersten Spielsachen zu haben, handelte es sich bei jedem fünften Produkt, das von der EU als gefährlich eingestuft und deshalb aus dem Verkehr gezogen wurde, um ein Spielzeug, wie die CDU-Europaabgeordnete Marion Walsmann beklagte. „Es ist inakzeptabel, dass Spielzeug schon seit Jahren die Liste der am häufigsten gemeldeten Produktkategorien im europäischen Schnellwarnsystem für gefährliche Produkte anführt.“Die seit 2009 geltende Richtlinie sei „in die Jahre gekommen“. Mit Blick auf chemische Risiken oder aber veränderte Vertriebswege müsse man nachbessern.
Deshalb will die EU ihre bestehenden Vorschriften verschärfen. Am Mittwoch stimmte das EU-Parlament über seine Position der überarbeiteten Richtlinie ab. Kinder müssten „vor neuartigen, gefährlichen Chemikalien geschützt werden sowie vor digitalem Spielzeug, das die Privatsphäre ignoriert“, sagte der sozialdemokratische EU-Parlamentarier René Repasi. Dabei wolle man „alle Kinder mitdenken“, wie es die Grünen-Europaabgeordnete Katrin Langensiepen nannte. „Zum ersten Mal weltweit geben wir einen Verweis auf anpassungsfähiges Spielzeug für Kinder mit Behinderungen.“
Während das Verbot von Stoffen in Teddybären, Puppen oder Rasseln bestehen bleiben soll, die krebserregend oder DNA-schädigend sind oder sich auf die Fruchtbarkeit auswirken können, sollen Spielzeuge künftig auch keine Chemikalien mehr enthalten, die möglicherweise das Hormon-, Nerven- oder Immunsystem beeinflussen können. Das hohe Haus Europas will zudem erreichen, dass in Kinderspielzeug kein Material mehr vorkommt, das die Atemwege schädigen kann.
Die Union will die Regeln zudem an das Zeitalter der Digitalisierung anpassen. So gehört zu den Plänen ein digitaler Produktpass, in dem die Hersteller angeben, wie sie die Sicherheitsanforderungen der Gemeinschaft erfüllen und über den alle wesentlichen Informationen zum Spielzeug abrufbar sind, wie etwa die Anleitung zum Zusammenbau einer Eisenbahn. Warnhinweise auf Onlinemarktplätzen müssen gut sichtbar angezeigt werden. An den EU-Außengrenzen sollen die digitalen Pässe bei der Einfuhr gescannt und kontrolliert werden. Sie können für die Marktüberwachungs- und Zollbehörden beispielsweise Informationen darüber enthalten, welche Chemikalien im Produkt sein dürfen. Darüber hinaus forderte Repasi, Online-Marktplätze selbst in die Pflicht zu nehmen, um die Herkunft und die Qualität des bei ihnen erwerbbaren Spielzeugs zu prüfen.
Derweil müsse laut Walsmann vernetztes Spielzeug künftig in Bezug auf Cybersicherheit sowie den Schutz personenbezogener Daten und der Privatsphäre den höchsten Standards entsprechen. Eine Puppe wie Cayla dürfte „in Zukunft gar nicht erst auf dem europäischen Binnenmarkt verkauft werden“, so die CDU-Politikerin.
Die nun anstehenden Verhandlungen zwischen Europäischem Parlament, der EU-Kommission und dem Gremium der 27 Mitgliedstaaten über die Neufassung der Richtlinie starten voraussichtlich erst im kommenden Mandat nach den im Juni stattfindenden Europawahlen.
„Kinder müssen vor neuartigen, gefährlichen Chemikalien geschützt werden.“René Repasi (SPD) Mitglied des EU-Parlaments