Stimmung bei den Royals ist auf dem Nullpunkt
Vor dem großen Top-4-Turnier in eigener Halle hängt in Saarlouis der Haussegen schief. Ein Besuch im Training beweist das.
Im Vorraum bemühen sich Maler, die Wände der Katakomben vor dem großen Top4-Finalturnier um den deutschen BasketballPokal auf Vordermann zu bringen. In der Halle läuft auf der Anzeigetafel schon die Leuchtschrift: „Willkommen in Saarlouis in der Stadtgartenhalle.“Doch kurz bevor die Augen aller an Frauen-Basketball Interessierten in Deutschland sich auf das Saarland richten, scheint die Stimmung bei den gastgebenden Saarlouis Royals am Nullpunkt angekommen zu sein.
„Wir haben die letzten Spiele verloren. Da ist es natürlich nicht so einfach“, versucht sich Monika
„Die Spielerinnen müssen verstehen, dass es nicht um die eigene Statistik geht, sondern dass Mannschaft und Verein größer sind, als man selbst.“Dragana Svitlica Trainerin der Saarlouis Royals
Naczk, eine der beiden Kapitäninnen, an einer einfachen Erklärung. Doch so einfach ist es offensichtlich nicht. Schon beim Aufwärmen an diesem Tag zeigt sich, dass nicht alle Spielerinnen mit der gleichen Intensität zur Sache gehen. Die Mobilisierungsübungen werden in unterschiedlicher Qualität oder gar nicht ausgeführt. Nach den ersten taktischen Inhalten zum schnellen Umschalten von Abwehr auf Angriff und umgekehrt reißt Trainerin Dragana Svitlica der Geduldsfaden.
„Warum spielt ihr Basketball? Warum seid ihr hier? Nicht für euch alleine und nicht für Drama. Drama gibt es im Theater. Hört auf euch zu beschweren und macht euren Job“, sagt Svitlica. Die Ansage ist deutlich, auch wenn sie gerade einmal in Zimmerlautstärke kommt. „Es gibt Momente, da muss man brüllen. Aber aktuell muss ich schauen, dass die Dinge in die richtige Richtung laufen“, erklärt die Trainerin später: „Dennoch müssen sie verstehen,
dass es nicht um die eigene Statistik geht, sondern dass Mannschaft und Verein größer sind, als man selbst.“
Dennoch wird es in der Trainingseinheit noch einmal laut. Svitlica kritisiert eine Reaktion von Topscorerin Destiny Littleton. Und die verliert die Fassung und blafft ihre Trainerin an: „Wenn du was gegen mich hast, sag es mir ins Gesicht. Ich habe mit einer Mannschaftskollegin gesprochen, nicht mit dir.“Andere Trainer hätten Littleton direkt zum Duschen oder nach Hause geschickt, nach kurzem Wortwechsel geht das Training aber weiter.
Die Nerven liegen blank in der Schlussphase einer Saison, die sich alle in Saarlouis ganz anders vorgestellt hatten – von Titelambitionen war im vergangenen Herbst die Rede. „Wir sind am Anfang schlecht
gestartet. Dann kamen zuerst neue Spielerinnen und danach die neue Trainerin“, blickt Monika Jasnowska, die zweite Kapitänin, zurück: „Dazu kam das Verletzungspech. Wir konnten lange Zeit nur mit sechs oder sieben Spielerinnen trainieren. Wenn du dann noch verlierst, wird es schwierig.“
Dass die Royals am letzten Spieltag am vergangenen Wochenende nur mit viel Glück und fremder Hilfe den Sprung in die Playoffs in der Liga erreicht haben, hat die Situation nicht entschärft. Die individuelle Qualität, gegen jeden Gegner der Liga mitzuhalten, hat die Mannschaft. Doch bringt sie ihre Stärken so gut wie nie konstant auf die Platte. „Wir haben Spielerinnen mit sehr starken Charakteren“, sagt Naczk, die bewusst das Wort Egois
men umkurvt: „Wenn von fünf Spielerinnen auf dem Feld zwei nicht an ihre Leistungsgrenze gehen, werden die Löcher groß. Und es sind immer andere zwei.“Es habe viele Gespräche gegeben. Mit der Trainerin, dem sportlichen Berater Hermann Paar und untereinander. „Ich hätte mir das Kapitäns-Amt nicht so schwierig vorgestellt“, gesteht Jasnowska.
An diesem Wochenende werden alle Spielerinnen gebraucht. Das Finalturnier um den DBBL-Pokal in der eigenen Halle ist auch eine Chance, verspielten Kredit wieder zurückzugewinnen. „In der letzten Saison war die Halle öfter voll, und die Menschen haben uns richtig toll angefeuert. Das war eine besondere Energie und hat uns geholfen“, sagt Jasnowska, und Naczk ergänzt mit einem Appell: „Es liegt nur an uns
selber. Wir müssen unsere Leistung als Mannschaft aufs Feld bringen.“
Die Bosnierin Dragana Svitlica hat die Aufgabe, aus den Individuen eben so eine Mannschaft zusammen zu bekommen. Das gelang ihr bislang nicht wie erhofft, was gleichermaßen die sportliche Leitung um Berater Paar in Sachen Kaderzusammenstellung zu verantworten hat. „Es ist eine große Sache für den Verein, dieses Turnier ausrichten zu dürfen“, sagt die Trainerin: „Wir müssen uns nicht nur taktisch und körperlich auf den Pokal vorbereiten, sondern auch mental und emotional an uns arbeiten.“
Nur dann haben die Royals im Halbfinale am Samstag (15 Uhr) eine Chance gegen Nördlingen. „Das ist ein sehr erfahrenes Team, das Fehler sofort bestraft“, sagt Svitlica: „Aber wir haben in den Liga-Spielen gezeigt, dass wir sie schlagen können.“Die Hoffnung stirbt ohnehin zuletzt. „Als Kapitänin glaube ich natürlich an meine Mannschaft“, sagt Jasnowska: „Wenn wir gemeinsam auftreten, ist alles möglich.“
Im zweiten Halbfinale am Samstag trifft Titelfavorit Alba Berlin auf TK Hannover (18 Uhr). Das Spiel um Platz drei findet am Sonntag um 13 Uhr statt, um 16 Uhr steigt das Finale. Karten fürs Wochenende und die einzelnen Spieltage gibt es an der Tageskasse. „Im Vorverkauf haben wir für jeden Spieltag bislang 500 Karten abgesetzt“, sagt RoyalsSchatzmeister Thomas Mathieu. Die ganz große Begeisterung ist noch nicht ausgebrochen, und das liegt auch daran, wie sich die Mannschaft verkauft – oder im Training arbeitet.