Wie der Fuchs die Macht des Tigers nutzte
Autorin Julia Donaldson ließ sich laut eigener Aussage von einem chinesischen Volksmärchen inspirieren.
(nbo) „Das Buch sollte von einem Tiger handeln, aber ich konnte nichts auf ‚Tiger` reimen, also beschloss ich, ein imaginäres Monster zu erschaffen, dessen Name sich auf ‚Oh Hilfe, oh nein!` (im Original „Oh help, oh no!“, Anm. d. Red.) reimen konnte.“So beschreibt die Autorin Julia Donaldson den Geistesblitz, aus dem der englische Ursprungsname des Grüffelo, Gruffalo, entstand.
Wirft man einen Blick in Richard Wilhelms Veröffentlichung „Chinesische Volksmärchen“, entdeckt man das Märchen „Der Fuchs und der Tiger“. Dort will ein Tiger einen Fuchs fressen. Diesem gelingt es aber, seinen Kontrahenten auszutricksen. Der Fuchs sagt: „Wenn die Menschen mich sehen und sich nicht fürchten, dann mögt Ihr mich fressen.“Er lässt den Tiger aber hinter sich herlaufen.
Dieser lässt sich darauf ein und flüchtet ehrfürchtig vor dem Fuchs, nachdem entgegenkommende Wanderer vor Schreck das Weite suchten – der listige Fuchs nutzte in Wahrheit die Macht des Kontrahenten zu seinen Gunsten.
Die Handlung der Fabel weist einige Parallelen zu der des Grüffelo auf. So ist die Maus mit dem Fuchs gleichzusetzen. Beide geraten in eine Notlage, aus der sie sich mit einem Trick befreien können. Die Waldtiere in der Grüffelo-Geschichte stellen zunächst wie der Tiger in der chinesischen Fabel die Bedrohung dar. Der von der Maus erfundene Grüffelo ist die personifizierte List, die auch der Fuchs an den Tag legt.
Vielmehr nutzt die Maus gegen Ende der Grüffelo-Erzählung, als der eigentlich nur ausgedachte Grüffelo real und zur Bedrohung wird, den gleichen Trick gegen ihn wie ihn der Fuchs gegen den Tiger nutzt. Aus den Waldtieren, die vorher eine Gefahr darstellten, wird dann das Äquivalent zu den flüchtenden Wanderern aus der chinesischen Fabel.