Prämierte Schokolade durch präzises Handwerk
Kurz vor Ostern läuft in OEting die Schokoladenproduktion auf Hochtouren. In den vergangenen Jahren hat sich die Boutique von Julien Mistler zu einer Top-Adresse für Süßspeisen etabliert. Denn neben Pralinen hat der Lothringer noch eine weitere Spezialitä
Es duftet nach Schokolade und auf jedem Quadratzentimeter im Lager stapeln sich die Bestellungen: Ein Besuch bei Konditor und Chocolatier Julien Mistler in OEting bei Forbach, ein paar Kilometer von Saarbrücken entfernt, macht schnell klar: Bis Ostern sind es nur noch wenige Tage. In der Zeit rund um das Osterfest erwirtschaftet sein Betrieb rund 30 Prozent des Jahresumsatzes, weitere 30 Prozent fallen auf die Adventszeit und Weihnachten.
„Doch eigentlich ist bei uns immer viel los. Nach Weihnachten gibt es das Dreikönigsfest. Dafür backen wir extra ‚Galettes des rois'“, erzählt Mistler. „Danach kommt der Valentinstag, gefolgt vom Großmuttertag, der in Frankreich Anfang März gefeiert wird. Es folgen Ostern, Muttertag, Vatertag, Kommunionen und Taufen, Hochzeiten....“, zählt er auf. Schokolade ist eben eine Ware, die das ganze Jahr über und zu vielen Anlässen begehrt ist.
In den Boutiquen „Julien M.“in Saargemünd, St. Avold und OEting, wo die Verkaufsfläche direkt neben der Produktion ist, finden die Kunden eine breite Auswahl an Süßspeisen,Tafelschokolade mit Kakao aus allen Herren Ländern – auch ungewöhnlichen Herkünften wie Vietnam und der dominikanischen Republik – aber vor allem die Spezialitäten des Hauses: Macarons (16 Sorten) und Pralinen (32 Sorten). Am Wochenende kommen Brioche und Croissants dazu. 24 Frauen und Männer arbeiten mit Julien Mistler in der Werkstatt, im Lager und im Verkauf in den drei Boutiquen.
Das Wachstum kam nach und
„Wir haben einen hohen Anspruch an unsere Produkte, aber genau das wird von unseren Kunden geschätzt.“Julien Mistler Chocolatier
nach – genug neue Anstellungen, um die Nachfrage zu bedienen; nicht zu viel, um sich wirtschaftlich nicht zu übernehmen. Angefangen hat er 2010 allein mit seiner Frau und einem Freund. Damals betrieb seine Mutter noch ein Café in Diebling und das Trio begann damit, Kuchen für die Café-Besucher zu kreieren. Schnell wuchs die Nachfrage und Mistler eröffnete sein eigenes Geschäft.
Morgens um sechs Uhr startet die Produktion. Um diese effizienter zu gestalten, werden nicht jeden Tag alle Produkte hergestellt, sondern tageweise. So gelingt es mit einem vergleichsweise kleinen Team in der Werkstatt, in einer normalen Woche außerhalb von Feiertagen rund 7000 Macarons und 12 000 Pralinen herzustellen. Allein an den Ostertagen werden rund 6000 Eier, Hasen und andere Schoko-Kreatio
nen über die Theken der Boutique gehen. Dazu kommen noch jede Menge Sonderbestellungen.
Dafür kommt nicht nur gekonntes Handwerk ins Spiel, sondern auch der Einsatz moderner Maschinen – etwa die Wasserstrahl-Schneidemaschine. Sie ermöglicht es, ein von Julien Mistler entworfenes und eingescanntes Design in Schokolade präzise aufzuschneiden. Damit können auch Elemente in 3D hergestellt werden, zum Beispiel reliefartige Details auf großen Ostereiern.
Auch wenn die Technik einiges erleichtert und das Team in Takt
arbeitet, braucht es viel Zeit, bis eine aufwendige Figur wie ein großer Osterhase fertiggestellt ist.
Jede Farbe wird einzeln geschmolzen, verarbeitet, abgekühlt, die Motive werden geschnitzt, die verschiedenen farbigen Elemente zusammengefügt, weitere Details zum Schluss montiert. Rund sieben Etappen sind notwendig, bevor aufwendige Stücke verpackt werden.
„Wir haben einen hohen Anspruch an unsere Produkte, aber genau das wird von unseren Kunden geschätzt“, sagt der Chocolatier. Viele der Stammkunden kennt der
39-Jährige persönlich, doch auch immer mehr Unternehmen kommen dazu, die Eigenkreationen mit ihrem Logo für Kunden oder die Belegschaft bei „Julien M.“bestellen. Das gefällt dem Chef. In dem Beruf sei ein routinierter Ablauf wichtig, dennoch langweile er sich schnell. „Deshalb probiere ich immer gerne etwas Neues aus. Neue Motive, neue Zusammenstellungen, neue Geschmacksrichtungen“, sagt er. Zuletzt hat er in Zusammenarbeit mit dem Bergbaumuseum in Petite-Rosselle besondere Schokoladentrüffel entworfen, die an Lothringer
Kohle erinnern sollen.
Nicht nur in OEting direkt hinter der Grenze zum Saarland überzeugt er mit seinen Kreationen. Bei der größten Fachmesse Frankreichs, dem „Salon du chocolat“in Paris, gewann Mistler zuletzt drei Preise. „Ich war überrascht, aber es war für mich eine zusätzliche Anerkennung seitens sehr strenger Fachleute“, freut er sich. Ob es für ihn nach Ostern erst einmal eine Schokoladenpause gibt? Die prompte Antwort kommt von einer Mitarbeiterin: „Bestimmt nicht. Er isst jeden Tag Schokolade, der Chef probiert alles.“