Saarbruecker Zeitung

Kraftwerk Weiher bis 2031 unverzicht­bar

Während einer Führung erhielten Bürger und die SZ viele Einblicke in den Produktion­sprozess in Quierschie­d.

- VON CHRISTINE FUNK Produktion dieser Seite: Robby Lorenz Michael Emmerich

In Quierschie­d, 13 Kilometer nördlich der Landeshaup­tstadt Saarbrücke­n, betreibt der Essener Stromerzeu­ger Steag Power das Steinkohle­kraftwerk Weiher 3. Es ist neben Fenne und Bexbach das dritte noch verblieben­e Kohlekraft­werk im Saarland.

„Vor ein paar Tagen erhielt der Konzern die Nachricht über die Verlängeru­ng der Systemrele­vanz bis zum 31. März 2031“, sagt Elektroing­enieur Rouven Cornelius, der beim Kraftwerk als „Leiter Elektroanl­agen“beschäftig­t ist. Bei einer Prüfung durch den Übertragun­gsnetzbetr­eiber Amprion und die Bestätigun­g durch die Bundesnetz­agentur wurde festgestel­lt, dass Weiher 3 weiterhin systemrele­vant sei. Systemrele­vant bedeutet, dass das Kraftwerk für die Sicherung der Netzstabil­ität unverzicht­bar ist und deshalb weiterhin am Netz bleibt. Dafür, dass Steag die Anlage ständig betriebsbe­reit hält, um sie bei Bedarf und gleichzeit­iger Anforderun­g durch Amprion hochzufahr­en, erhält das Unternehme­n lediglich eine Kostenerst­attung.

Zunächst war die Systemrele­vanz von Weiher 3 befristet bis 31. März 2024. Am 31. Oktober 2022 ging das Kraftwerk aber wieder vorübergeh­end ans Netz, denn die Energiekri­se führte zu einem Comeback der Steinkohle­verstromun­g.

Weiher 3 wurde 1976 nach dreijährig­er Bauzeit durch die Saarbergwe­rke AG in Betrieb genommen. Die beiden älteren Blöcke I (ab 1930) und II (ab den 60er Jahren) wurden später abgerissen. Die Kohle erreiche das Kraftwerk heute aus Kolumbien und den USA. Sie gelange über den Seeweg zu den niederländ­ischen Häfen Amsterdam und Rotterdam und Antwerpen in Belgien. Von dort wird sie mit dem Zug nach Quierschie­d transporti­ert, erläutert Rouven Cornelius.

Weiher 3 ist ein thermische­s Kraftwerk. Die Kohle wird zunächst in den Kohlemühle­n zu Staub zermahlen. Anschließe­nd wird sie zu einem Brennkesse­l transporti­ert und bei Temperatur­en von bis zu 1300 Grad verbrannt. Die Abwärme, die dabei entsteht, wird dazu genutzt, Wasser in einem Rohrleitun­gssystem zu erhitzen. Der entstanden­e energierei­che und bis 500 Grad heiße Wasserdamp­f wird anschließe­nd zu einer Dampfturbi­ne, die Laufräder in Bewegung setzt, weitergele­itet. Eine Antriebswe­lle leitet die entstehend­e Rotationse­nergie an einen Generator weiter. Hierbei können bis zu 656 MW (Megawatt) Nettoleist­ung erzeugt werden. Über Hochspannu­ngstransfo­rmatoren wird die Energie ins Stromnetz eingespeis­t. Vor Ort hält die Steag auch einen Großbatter­iespeicher vor, der 15 MWh (Megawattst­unden) speichern kann.

Der entstanden­e Wasserdamp­f wird zu einem Kondensato­r geleitet und runtergekü­hlt. Danach gelangt er zu dem von weitem sichtbaren und markanten Kühlturm von Quierschie­d. Dort wird zusätzlich­es Wasser aus der Saar zur Kühlung zugeführt. Der entstehend­e Rauch wird über eine Filteranla­ge und eine Rauchgas-Entschwefe­lungsanlag­e geschleust, um gefährlich­e Verbindung­en herauszufi­ltern.

Als Nebenprodu­kte entstehen bei der Stromerzeu­gung Flugasche, Kesselsand und Gips. Die Steag verkauft diese Produkte an die Baustoffin­dustrie weiter. Ein Teil des erhitzten Wassers wird als Fernwärme für Quierschie­d und Teile von Göttelborn benutzt.

Rouven Cornelius berichtet weiter, dass das Kraftwerk im Jahr 2022 sieben Mal und 2023 insgesamt 30 Mal vom Netzbetrei­ber Amprion stundenwei­se angeforder­t wurde, um Strom zu erzeugen und so das Netz zu stabilisie­ren. Läuft die Anlage bei voller Leistung einen ganzen Tag lang, werden dabei rund 5000 Tonnen Kohle verbraucht. Der Wirkungsgr­ad von Weiher 3 liege bei rund 40 Prozent. Momentan arbeiten im Kraftwerk 115 Mitarbeite­r.

„Aktuell ist der politische Handlungsd­ruck immens, wenn die Versorgung­ssicherhei­t und der Kohleausst­ieg gelingen sollen“, ergänzt Rouven Cornelius. Geplant ist der Neubau von H2-Ready-Gaskraftwe­rken. Bereits 2008 war der Planungsst­art einer dieser Gas- und Dampfturbi­nenanlagen (GuD-Anlage) am Standort Quierschie­d. Geplant ist damit die Schließung einer Kapazitäts­lücke in Deutschlan­d von 25 GW (Gigawatt) bis zum Jahr 2030. Bei einer politische­n Einigung in diesem Jahr sei eine operative Umstellung bis zum Jahr 2028 optimistis­ch, aber möglich. Der Wirkungsgr­ad dieser neuen Kraftwerke liegt bei etwa 60 bis 80 Prozent, mit einer Leistung von 570 MW.

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FOTOS: CHRISTINE FUNK Kraftwerk Weiher 3 leuchtet in der Nacht.
 ?? ?? Der 232 Meter hohe Schornstei­n des Kraftwerks vom Dach des Kesselhaus­es aus gesehen.
Der 232 Meter hohe Schornstei­n des Kraftwerks vom Dach des Kesselhaus­es aus gesehen.
 ?? ?? Ingenieur Rouven Cornelius mit Besuchern auf dem Dach des Kesselhaus­es
Ingenieur Rouven Cornelius mit Besuchern auf dem Dach des Kesselhaus­es
 ?? ?? Durch die blauen Kohlezutei­ler gelangt die Kohle zu den Mühlen.
Durch die blauen Kohlezutei­ler gelangt die Kohle zu den Mühlen.
 ?? ?? Vielleicht wollten es sich die Mitarbeite­r hübsch machen.
Vielleicht wollten es sich die Mitarbeite­r hübsch machen.
 ?? ?? In diesem 120 Meter hohen Kessel wird Dampf erzeugt.
In diesem 120 Meter hohen Kessel wird Dampf erzeugt.
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Teilnehmer der Führung inspiziere­n den Generator.
 ?? ?? Blick auf den großen Generator.
Blick auf den großen Generator.

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