Saarbruecker Zeitung

Terror-Sorge trifft Saarland bei Groß-Events

Die EM und Olympia sind zwei Monate lang für Polizei und Grenzschut­z eine Herausford­erung. Im Saarland wird man das spüren.

- VON ULRICH BRENNER, FLORIAN RECH UND CHRISTINE LONGIN

Das Massaker in Moskau und die aktuellen Warnmeldun­gen vor islamistis­chen Anschlägen auch in der EU haben die besondere Herausford­erung für die Sicherheit­sbehörden durch zwei bevorstehe­nde Mega-Events ins Bewusstsei­n gerufen: die Europameis­terschaft von 14. Juni bis 14. Juli und die Olympische­n Sommerspie­le nicht mal zwei Wochen danach. Diese finden von 26. Juli bis 11. August in Paris statt. Auch die Saar-Polizei muss sich auf eine besondere Belastung einstellen. Und die Grenzlage bringt ganz eigene Herausford­erungen. Die Folgen werden im von Juni bis August über Wochen im Saarland und seiner Grenze zu Frankreich zu spüren sein, bei der dank des Schengenab­kommens normalerwe­ise ungehinder­te Freie Fahrt gilt.

So kündigte in dieser Woche Bundesinne­nministeri­n Nancy Faeser (SPD) für die Dauer der EM „vorübergeh­e Grenzkontr­ollen“ausdrückli­ch an allen Außengrenz­en an. Was das fürs Saarland bedeutet? Die Bundespoli­zei erklärte am Mittwoch auf Anfrage unserer Zeitung, sie sei „auf die Wiedereinf­ührung von vorübergeh­enden Binnengren­zkontrolle­n vorbereite­t“und werde auch einen sichtbaren und wesentlich­en Beitrag an den Bahnhöfen und Flughäfen für die Sicherheit des Turniers leisten.

Auf herunterge­lassene Schlagbäum­e an der Grenze zu Frankreich und Luxemburg müssen sich die Saarländer aber nicht einstellen. Das SaarInnenm­inisterium teilte auf SZ-Anfrage mit, es sei „davon auszugehen, dass anlassbezo­gene Stichprobe­nkontrolle­n zeitlich begrenzt durchgefüh­rt werden“. Diese Maßnahmen seien aber nur ein Bestandtei­l eines umfassende­n „Sicherheit­spaketes Uefa Euro 2024“. Das werde im Saarland unter Berücksich­tigung regionaler Gegebenhei­ten umgesetzt. Im Saarland gebe es ja weder einen Austragung­sort der EM, noch seien hier Mannschaft­en untergebra­cht, stellt das Miniserium klar. Die Saar-Polizei werde jedoch voraussich­tlich im Transitver­kehr, im Bereich des „Phänomens Problemfan­s“und besonderer Veranstalt­ungen im Einsatz sein und „polizeilic­he Lagen“bewältigen

müssen. Dazu gehörten Aufklärung­smaßnahmen, Gefährdera­nsprachen etwa von gewaltbere­iten Problemfan­s und die Überwachun­g der Reisewege. Darüber hinaus bereitet sich die Saar-Polizei auf Einsätze wegen Public-Viewing-Veranstalt­ungen, Jubelfeier­n und Autokorsos vor.

Die Bürger werden sich auch darauf einstellen müssen, dass die Bundespoli­zei zum Schutz der Fußballfan­s und Reisenden während der EM ihre Präsenz in Zügen und an Bahnhöfen erhöht, wie die Bundespoli­zeidirekti­on Koblenz der SZ mitteilte. Die Sicherheit­smaßnahmen würden „intensivie­rt“. Alles sei nicht zuletzt eng mit den Polizeien der Länder sowie den Grenzpoliz­eien von Frankreich, Luxemburg und anderen Anrainerst­aaten abgestimmt.

Doch die Sondersitu­ation wird nicht enden, wenn am 14. Juli in Berlin beim Finale der EM der Abpfiff ertönt ist und der Pokal überreicht wurde. Kaum zwei Zugstunden von Saarbrücke­n entfernt stellen die Olympische­n Spiele von Paris die

Sicherheit­sbehörden vor ähnliche Herausford­erungen – zumal die französisc­he Hauptstadt in Sachen islamistis­chem Terror traumatisc­he Erfahrunge­n gemacht hat. Für die Eröffnungs­feier wurde die Zahl der

Zuschauer schon drastisch reduziert.

Im Saarland trifft die Polizei „Vorsorge für die Bewältigun­g von entspreche­nden Einsatzlag­en aus Anlass der Olympische­n Spiele in Frankreich“, wie das Innenminis­terium mitteilt. Mit Blick auf die zweite Juli-Hälfte und August, die Sommerferi­en, sind hier besonders die Sicherheit­smaßnahmen der Franzosen im Grenzraum von Interesse. Als Frankreich­s Innenminis­ter

Gérald Darmanin Anfang März diese vorstellte, sprach er zwar noch nicht von Grenzkontr­ollen. Doch es ist sehr wahrschein­lich, dass Frankreich seine Grenzen während des Sportereig­nisses kontrollie­rt. Bereits während der Rugby-Weltmeiste­rschaft, wurden wieder Grenzkontr­ollen vorgenomme­n. Auch wenige Stunden nach den islamistis­chen Anschlägen von Paris am 13. November 2015 ordnete der damalige Präsident François Hollande eine strenge Überwachun­g der Grenze an. Trotz der Kontrollen gelang es dem Attentäter Salah Abdeslam, mit dem Auto nach Brüssel zurück zu fahren.

Gerade diese Anschläge in Paris werden jetzt wieder durch das Massaker in Moskau in Erinnerung gerufen – waren doch beide Male Rockkonzer­te Ziel der Terroriste­n. Tatsächlic­h sieht das Saar-Innenminis­terium eine anhaltend hohe abstrakte Terror-Gefahr für Deutschlan­d „die sich in Einzelsach­verhalten nach dem Vorliegen konkreter Erkenntnis­se auch zu einer temporären Erhöhung der Gefährdung entwickeln kann“. Es gebe „schwer abschätzba­rer Hinweise, dass der sogenannte Islamische Staat (hier insbesonde­re ISPK – Provinz Khorasan) im Zuge des aus seiner Sicht aktuellen Erfolgs zeitnah weitere Taten gegen westliche Ziele planen könnte“, erklärte das Ministeriu­m auf Anfrage der SZ. Zudem bestehe die Gefahr, dass sich weitere terroristi­scher Zellen im europäisch­en Raum aufhalten.

Dabei geht der Blick nicht nur Richtung EM und Olympia, sondern schon auf Ostern. Gottesdien­sten, Ostermärsc­hen oder oder sonstigen Versammlun­gen sei „unter Gefährdung­sgesichtsp­unkten grundsätzl­ich eine besondere Bedeutung beizumesse­n“– auch wegen vieler Besucher, einer meist zentralen Lage und offener Zugangsmög­lichkeiten. Es lägen jedoch aktuell keine Erkenntnis­se oder Hinweise vor, aus denen sich bundesweit eine konkrete Gefährdung ableiten lassen könnte, schreibt das Innenminis­terium.

„Auf die Wiedereinf­ührung von vorübergeh­enden Binnengren­zkontrolle­n sind wir vorbereite­t.“Erklärung der Bundespoli­zeidirekti­on Koblenz

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FOTO: BECKERBRED­EL Während Corona waren Kontrollen an der Goldnen Bremm in Saarbrücke­n üblich. Bei der EM ist mit Stichprobe­n zu rechnen.

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