Reichert ist bereit für denkwürdigen Sommer
Saarlands bester Volleyballer spielt an Ostern mit Montpellier um ersten Titel der Saison. Olympische Spiele und Hochzeit im Fokus.
Moritz Reichert steht vor einem denkwürdigen Sommer. Der durch eine starke Platzierung bei den Olympischen Sommerspielen in Paris sogar noch denkwürdiger werden könnte. „Stimmt, da steht einiges an“, sagt der Profi-Volleyballer schmunzelnd. Der aus Lebach stammende Außenangreifer, der vor wenigen Tagen seinen 29. Geburtstag gefeiert hat, wird seine Freundin Lisanne heiraten. Anfang Juli steht die standesamtliche Hochzeit an, und im August, direkt nach den Sommerspielen (26. Juli bis 11. August), geht es dann auf Hochzeitsreise in die Flitterwochen.
„Die kirchliche Hochzeit machen wir aus Termingründen erst im nächsten Jahr“, erzählt der Saarländer. Denn neben dem privaten Glück und Hochzeits-Stress ist Reicherts Terminkalender pickepackevoll mit sportlichen Aufgaben wie Liga, Pokal und Nations League zur Olympia-Vorbereitung. Das begann mit dem ersten Playoff-Spiel seines französischen Clubs Montpellier HSC am Dienstagabend in Tours (2:3). Für den Gegner Tours VB stand Reichert in der Saison 2017/2018 selbst auf dem Feld. „Spieler von damals sind keine mehr übrig, aber ich freue mich auf das Wiedersehen mit den Verantwortlichen oder dem Co-Trainer“, sagt der Lebacher.
Mit seinem neuen Verein Montpellier hatte Reichert einen guten Saisonstart erwischt, durch viele Verletzungen geriet das Team aber im Winter in ein Tief und schloss die reguläre Hauptrunde unbefriedi
gend ab. „Wegen der Schwächephase wurden wir Fünfter. Zwei Punkte mehr, und wir wären Dritter.“
Seit Ende Januar hat sich das Team nach einem Trainerwechsel, der bisherige Co-Trainer Loïc Le Marrec ersetzte den Italiener Lorenzo Tubertini, aber gefangen. Jetzt geht es gegen Tours als Vierten der Hauptrunde in maximal fünf Spielen um ein Ticket fürs Meisterschafts-Halbfinale. Dieses würde dann als „best of three“ausgespielt: Wer zwei Siege hat, stünde im Finale. Und das End
spiel wiederum wird mit einem Hinund Rückspiel ausgetragen.
Am Ostersonntag (15.30 Uhr) sind die Playoffs kurz unterbrochen. Für Reichert geht es um einen Titel – und einen kleinen Vorgeschmack auf die olympische Volleyball-Stimmung. Denn das Finale des französischen Pokals, in dem Montpellier auf Nantes Rezé Métropole Volley trifft, findet in Paris statt. Gutes Omen: Im letzten Hauptrundenspiel hatte Montpellier den Gegner aus Nantes, eines der absoluten Spitzenteams
des Landes, mit 3:2 geschlagen. „Weil Nantes als Zweiter der Hauptrunde schon qualifiziert war, haben die aber einiges ausprobiert“, relativiert der 29-Jährige, der mit Montpellier in dieser Saison nicht international vertreten war. „Wenn wir einen guten Tag erwischen, haben wir eine gute Chance zu gewinnen“, sagt der Saarländer zum Pokalfinale.
Ostern in der Halle statt bei den Eltern in Lebach – als Profisportler ist Reichert das gewohnt und findet es auch nicht so schlimm. Der April wäre also bei einem Weiterkommen in der Liga komplett geplant, die Finalspiele wären am 28. April beendet. „Durch Olympia ist das ganze Programm komprimierter“, erklärt Reichert, für den es danach Schlag auf Schlag gehen wird.
Immer im Fokus: Olympia. Im Herbst 2023 hatte Reichert mit der deutschen Nationalmannschaft dank eines furiosen Durchmarschs beim Qualifikationsturnier in Brasilien das Ticket für die Sommerspielen gelöst. Die Deutschen blieben in sieben Spielen ungeschlagen, schlugen sogar Gastgeber Brasilien und Weltmeister Italien. „Das ganze Turnier war wie im Rausch“, schwärmt Reichert noch heute und fiebert nach zwei knapp verpassten Teilnahmen seiner olympischen Premiere entgegen.
Die Vorbereitung soll möglichst perfekt laufen. Nach einem Trainingslager im Stützpunkt in Kienbaum bei Berlin startet ab dem 20. Mai die Nations League. 16 Nationalmannschaften spielen dabei in drei Blöcken jeweils vier Spiele, immer eine Woche lang Spiele und dann eine Woche Pause im Wechsel – bis Ende Juni. Das deutsche Team muss zu seinen Turnieren nach Brasilien, nach Japan und auf die Philippinen jetten, auch die anderen Spielblöcke sind quer über die Welt verteilt. Steht die Mannschaft des Deutschen Volleyball-Verbandes (DVV) dann unter den besten Acht des 16er Feldes, darf sie beim Finalturnier vom 27. bis 30. Juni in Polen antreten.
Bei der Nations League geht es im Übrigen auch noch um fünf freie Olympia-Startplätze. Die werden am Ende nach der Platzierung in der Weltrangliste, auf die die NationsLeague-Spiele unmittelbar Einfluss haben, verteilt. Daher werden auch die Gruppen für Olympia erst kurz vor den Spielen ausgelost.
Gut bei der ganzen Terminhatz, dass Reichert die ganze Saison über fit und verletzungsfrei ist. Das ist auch wichtig, weil der Routinier mit mittlerweile 132 Länderspielen eine wichtige Stütze für Bundestrainer Michal Winiarski ist. Der Pole hatte Reichert schon von 2020 bis 2022 bei Trefl Gdansk trainiert. „Er hat Vertrauen in mich, hat mir viel Einsatzzeit gegeben. Im Sommer werden die Karten aber neu gemischt“, sagt der beste Volleyballer, den das Saarland je herausgebracht hat. Dennoch: Moritz Reichert ist bereit für einen denkwürdigen Sommer. Privat. Und sportlich.
„Wenn wir einen guten Tag erwischen, haben wir eine gute Chance zu gewinnen.“Volleyballer Moritz Reichert über das Finale im französischen Pokal am Ostersonntag in Paris