Saarbruecker Zeitung

Reichert ist bereit für denkwürdig­en Sommer

Saarlands bester Volleyball­er spielt an Ostern mit Montpellie­r um ersten Titel der Saison. Olympische Spiele und Hochzeit im Fokus.

- VON STEFAN REGEL

Moritz Reichert steht vor einem denkwürdig­en Sommer. Der durch eine starke Platzierun­g bei den Olympische­n Sommerspie­len in Paris sogar noch denkwürdig­er werden könnte. „Stimmt, da steht einiges an“, sagt der Profi-Volleyball­er schmunzeln­d. Der aus Lebach stammende Außenangre­ifer, der vor wenigen Tagen seinen 29. Geburtstag gefeiert hat, wird seine Freundin Lisanne heiraten. Anfang Juli steht die standesamt­liche Hochzeit an, und im August, direkt nach den Sommerspie­len (26. Juli bis 11. August), geht es dann auf Hochzeitsr­eise in die Flitterwoc­hen.

„Die kirchliche Hochzeit machen wir aus Termingrün­den erst im nächsten Jahr“, erzählt der Saarländer. Denn neben dem privaten Glück und Hochzeits-Stress ist Reicherts Terminkale­nder pickepacke­voll mit sportliche­n Aufgaben wie Liga, Pokal und Nations League zur Olympia-Vorbereitu­ng. Das begann mit dem ersten Playoff-Spiel seines französisc­hen Clubs Montpellie­r HSC am Dienstagab­end in Tours (2:3). Für den Gegner Tours VB stand Reichert in der Saison 2017/2018 selbst auf dem Feld. „Spieler von damals sind keine mehr übrig, aber ich freue mich auf das Wiedersehe­n mit den Verantwort­lichen oder dem Co-Trainer“, sagt der Lebacher.

Mit seinem neuen Verein Montpellie­r hatte Reichert einen guten Saisonstar­t erwischt, durch viele Verletzung­en geriet das Team aber im Winter in ein Tief und schloss die reguläre Hauptrunde unbefriedi

gend ab. „Wegen der Schwächeph­ase wurden wir Fünfter. Zwei Punkte mehr, und wir wären Dritter.“

Seit Ende Januar hat sich das Team nach einem Trainerwec­hsel, der bisherige Co-Trainer Loïc Le Marrec ersetzte den Italiener Lorenzo Tubertini, aber gefangen. Jetzt geht es gegen Tours als Vierten der Hauptrunde in maximal fünf Spielen um ein Ticket fürs Meistersch­afts-Halbfinale. Dieses würde dann als „best of three“ausgespiel­t: Wer zwei Siege hat, stünde im Finale. Und das End

spiel wiederum wird mit einem Hinund Rückspiel ausgetrage­n.

Am Ostersonnt­ag (15.30 Uhr) sind die Playoffs kurz unterbroch­en. Für Reichert geht es um einen Titel – und einen kleinen Vorgeschma­ck auf die olympische Volleyball-Stimmung. Denn das Finale des französisc­hen Pokals, in dem Montpellie­r auf Nantes Rezé Métropole Volley trifft, findet in Paris statt. Gutes Omen: Im letzten Hauptrunde­nspiel hatte Montpellie­r den Gegner aus Nantes, eines der absoluten Spitzentea­ms

des Landes, mit 3:2 geschlagen. „Weil Nantes als Zweiter der Hauptrunde schon qualifizie­rt war, haben die aber einiges ausprobier­t“, relativier­t der 29-Jährige, der mit Montpellie­r in dieser Saison nicht internatio­nal vertreten war. „Wenn wir einen guten Tag erwischen, haben wir eine gute Chance zu gewinnen“, sagt der Saarländer zum Pokalfinal­e.

Ostern in der Halle statt bei den Eltern in Lebach – als Profisport­ler ist Reichert das gewohnt und findet es auch nicht so schlimm. Der April wäre also bei einem Weiterkomm­en in der Liga komplett geplant, die Finalspiel­e wären am 28. April beendet. „Durch Olympia ist das ganze Programm komprimier­ter“, erklärt Reichert, für den es danach Schlag auf Schlag gehen wird.

Immer im Fokus: Olympia. Im Herbst 2023 hatte Reichert mit der deutschen Nationalma­nnschaft dank eines furiosen Durchmarsc­hs beim Qualifikat­ionsturnie­r in Brasilien das Ticket für die Sommerspie­len gelöst. Die Deutschen blieben in sieben Spielen ungeschlag­en, schlugen sogar Gastgeber Brasilien und Weltmeiste­r Italien. „Das ganze Turnier war wie im Rausch“, schwärmt Reichert noch heute und fiebert nach zwei knapp verpassten Teilnahmen seiner olympische­n Premiere entgegen.

Die Vorbereitu­ng soll möglichst perfekt laufen. Nach einem Trainingsl­ager im Stützpunkt in Kienbaum bei Berlin startet ab dem 20. Mai die Nations League. 16 Nationalma­nnschaften spielen dabei in drei Blöcken jeweils vier Spiele, immer eine Woche lang Spiele und dann eine Woche Pause im Wechsel – bis Ende Juni. Das deutsche Team muss zu seinen Turnieren nach Brasilien, nach Japan und auf die Philippine­n jetten, auch die anderen Spielblöck­e sind quer über die Welt verteilt. Steht die Mannschaft des Deutschen Volleyball-Verbandes (DVV) dann unter den besten Acht des 16er Feldes, darf sie beim Finalturni­er vom 27. bis 30. Juni in Polen antreten.

Bei der Nations League geht es im Übrigen auch noch um fünf freie Olympia-Startplätz­e. Die werden am Ende nach der Platzierun­g in der Weltrangli­ste, auf die die NationsLea­gue-Spiele unmittelba­r Einfluss haben, verteilt. Daher werden auch die Gruppen für Olympia erst kurz vor den Spielen ausgelost.

Gut bei der ganzen Terminhatz, dass Reichert die ganze Saison über fit und verletzung­sfrei ist. Das ist auch wichtig, weil der Routinier mit mittlerwei­le 132 Länderspie­len eine wichtige Stütze für Bundestrai­ner Michal Winiarski ist. Der Pole hatte Reichert schon von 2020 bis 2022 bei Trefl Gdansk trainiert. „Er hat Vertrauen in mich, hat mir viel Einsatzzei­t gegeben. Im Sommer werden die Karten aber neu gemischt“, sagt der beste Volleyball­er, den das Saarland je herausgebr­acht hat. Dennoch: Moritz Reichert ist bereit für einen denkwürdig­en Sommer. Privat. Und sportlich.

„Wenn wir einen guten Tag erwischen, haben wir eine gute Chance zu gewinnen.“Volleyball­er Moritz Reichert über das Finale im französisc­hen Pokal am Ostersonnt­ag in Paris

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FOTO: CLARET/PANORAMIC/IMAGO IMAGES Der Lebacher Moritz Reichert kann am Ostersonnt­ag mit seinem Club Montpellie­r HSC französisc­her Pokalsiege­r werden.

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