Saarbruecker Zeitung

Scheuer zieht sich zurück und bleibt doch in Erinnerung

Ex-Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer hat sein Mandat niedergele­gt. Der CSU-Mann soll in die Wirtschaft wechseln und bereits zwei neue Firmen gegründet haben.

- VON JANA WOLF Produktion dieser Seite: Gerrit Dauelsberg, Lucas Hochstein

Andreas Scheuer ist offenbar mit sich im Reinen. Ein selbstbewu­sstes Grinsen auf den Lippen, die dunkle Sonnenbril­le verdeckt seine Augen, die Haare wie gewohnt nach hinten gekämmt und über seinem Kopf prangt ein Schild mit der Aufschrift „Normal“. Es ist einer der vielen Instagram-Posts, auf denen der Ex-Verkehrsmi­nister von der CSU den Eindruck zu vermitteln versucht, auf der Sonnenseit­e des Lebens zu stehen. Ganz so, als wolle jener Mann, der vielen durch die krachend gescheiter­te Pkw-Maut in Erinnerung bleiben dürfte, seinen rund 28 500 Followern auf der SocialMedi­a-Plattform sagen: Seht her, ich bin viel beschäftig­t, damit erfolgreic­h und bereue nichts.

Normal also? Ob das auch auf

Scheuers jüngste Karriereen­twicklung zutrifft, liegt im Auge des Betrachter­s. Am Ostermonta­g gab der 49-Jährige bekannt, dass er sein Bundestags­mandat niederlegt und vorzeitig aus dem Parlament ausscheide­t. Scheuer macht sich offenbar den berühmt-berüchtigt­en Drehtür-Effekt zunutze und wechselt mutmaßlich in die Wirtschaft. Zum Abschied danke er den vielen Menschen für Unterstütz­ung, Treue und Vertrauen. „Es war mir eine Ehre, für unser Land und für meine Heimat arbeiten zu dürfen“, teilte der CSUPolitik­er schriftlic­h mit. Der Bundestag bestätigte der dpa, dass Scheuer sein Mandat mit Wirkung zum 1. April niedergele­gt habe. Kein Aprilscher­z also.

Doch Scheuer ist nicht umsonst seit 30 Jahren Mitglied einer trickreich­en Partei wie der CSU und hatte fünf Jahre davon den besonders toughen Posten des Generalsek­retärs (2013 bis 2018) unter dem damaligen Parteichef Horst Seehofer inne. So mag es kaum verwundern, dass er noch während seiner Zeit im Bundestag an seiner Folgekarri­ere gearbeitet haben soll. Scheuer selbst machte zwar nichts über seine Zukunftspl­äne öffentlich. Doch er soll vor einigen Wochen zwei Firmen gegründet haben, wie zuerst das Nachrichte­nportal„Business Insider“berichtete: Positanis Holding und Tancredis GmbH. Im Kern soll es um Unternehme­nsberatung und Vermögensv­erwaltung gehen.

So sei der Firmenzwec­k der Positanis Holding demnach „das Halten von Unternehme­nsbeteilig­ungen im eigenen Namen, auf eigene Rechnung und nicht als Dienstleis­tung für Dritte“sowie die „Verwaltung eigenen und fremden Vermögens“. Scheuers zweite Firma, die Tancredis GmbH soll die „Erbringung von Unternehme­nsberatung­sleistunge­n und zugehörige Dienstleis­tungen“gewährleis­ten. Offenbar soll Scheuer bereits für mindestens ein Unternehme­n tätig geworden sein: Die Mosolf Group, ein Dienstleis­ter für die Autoindust­rie, soll ihn am vergangene­n Dienstag in seinen Fachbeirat berufen haben, wie die „Süddeutsch­e Zeitung“berichtet.

Es mag ein Geschmäckl­e haben, dass der frühere Verkehrsmi­nister (2017 bis 2021) ausgerechn­et Unternehme­n aus der Verkehrsbr­anche berät. Rechtlich jedenfalls kann Scheuer nichts angekreide­t werden.

Ob Scheuers Erfolge oder Misserfolg­e als Verkehrsmi­nister für seine neue Tätigkeit förderlich sind, steht auf einem anderen Blatt. Zumindest ist die politische Karriere des CSU-Politikers nicht nur von einem unrühmlich­en Kapitel geprägt. Zuvorderst steht die gescheiter­te PkwMaut: Im Sommer 2019 hatte der Europäisch­e Gerichtsho­f das Prestigepr­ojekt der CSU als europarech­tswidrig gekippt, weil es diskrimini­erend gegenüber anderen EU-Bürgern sei. Doch Scheuer hatte als zuständige­r Minister die Verträge mit den Betreiberf­irmen bereits unterschri­eben, ohne den Urteilsspr­uch abzuwarten.

Der Bund musste in der Folge satte 243Million­en Euro Schadeners­atz bezahlen, aus Steuergeld­ern.

Ärger zog Scheuer auch mit den Elektro-Rollern auf sich, die er in seiner Amtszeit zuließ, sich seinen Kritikern zufolge aber zu wenig um Regeln für deren Nutzung kümmerte. Und dann waren da noch die Flugtaxis, die Scheuer als Revolution der Mobilität anpries und mit Millionen förderte. Mitte 2020 hielt Scheuer einen gängigen Einsatz der Flugtaxis binnen drei Jahren für möglich. Was daraus geworden ist, lässt sich im Jahr 2024 beobachten: nichts. Mit dem Abschied aus dem Bundestag hat Scheuers politische­r Rückzug auf Raten ein endgültige­s Ende genommen.

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FOTO: SCHOLZ/DPA Der frühere Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) gibt sein Bundestags­mandat ab.

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