Weiter Debatte zu häufigem Martinshorneinsatz
Nach der Berichterstattung unserer Zeitung zu Ruhestörungen an der Kreuzung Saargemünder Straße und Julius-Kiefer-Straße wurde im Internet kräftig diskutiert. Nun hat sich auch der Zweckverband für Rettungsdienst zum Thema geäußert.
Die Berichterstattung unserer Zeitung über das Problem häufigen Einsatzes von Martinshorn an der Kreuzung Saargemünder Straße und Julius-KieferStraße hat eine Debatte über die Angemessenheit von Fahrten mit Martinshorn ausgelöst. Der Initiator der Plakataktion bestreitet dabei nicht, dass viele der Einsatzfahrten notwendig sind und auch den Einsatz von Martinshorn rechtfertigen (wir berichteten).
In Sozialen Netzwerken und auf der Facebookseite unserer Zeitung wurde heftig diskutiert. SZ-Leser Ralf Baltes zeigte Verständnis für die Aktion: „Ich verstehe den Anwohner. Es ist gerade in der Zeit von 22 bis 5 Uhr auch nicht notwendig, dort mit Martinshorn über die Kreuzung zu fahren. Kurz mit Blaulicht anzuhalten (sollte man so oder so, weil die Kreuzung schlecht einsehbar ist) und dann weiter. So rettet man auch Leben und hat keinerlei Zeitverlust. Und bevor jetzt der Shitstorm los geht … ja ich weiß, dass man in der Theorie das Horn an haben muss. Theorie und Praxis gehen da nachts und zu verkehrsschwachen Zeiten aber weit auseinander – und ich spreche aus langer Erfahrung.“
Doch gab es viele, die diesem Leser widersprachen. Der ehemalige Feuerwehrmann Dieter Dillschneider schrieb: „Es gibt Menschen, die stören die Mücken an der Wand. Selbst nachts ist eine Einsatzfahrt mit blauem Blinklicht und Martinshorn durchzuführen. Aus Ende.“
Vielfach wurde der Beschwerdeführer auch beleidigt, mehrere schrieben, man solle ihm im Notfall die Hilfe verweigern. Eindeutig waren unter den rund 200 Kommentaren die Verständnisvollen in der Minderheit.
Dabei sehen Rettungsprofis die Angelegenheit durchaus differenziert. Der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Saar (ZRF) als Träger des Saarländischen Rettungsdienstes hat auf Anfrage unserer Zeitung reagiert. Der ZRF betreibt die Rettungsleitstelle auf dem Saarbrücker Winterberg und kann anhand seiner digitalen Datensätze nachvollziehen, wann Fahrzeuge zu Notfällen fahren und zu welchen Kliniken. ZRF-Sprecher Lukas Hoor teilt mit: „Dem ZRF Saar liegen keinerlei Erkenntnisse über aktuelle Beschwerden mit Bezug auf eine gestiegene Lärmbelästigung im Bereich der Julius-Kiefer-Straße in Saarbrücken vor. Auch die Plakataktion ist zumindest in unser Haus nicht kommuniziert worden.“Das ist verständlich, denn die Plakate wurden im Zuge der Recherchen unserer Zeitung wegen fehlender Genehmigung sofort vom Ordnungsamt entfernt. Zudem teilte der Initiator mit, neben den Protestplakaten keine Beschwerden versandt zu haben.
Der ZRF hat allerdings Verständnis für die Problematik. „Wir können es nachvollziehen, dass gerade auf dieser Hauptzufahrt zu einer der größten Kliniken der Region und speziell im Kreuzungsbereich zur Saargemünder Straße, wenn die dortige Ampel für die Einsatzfahrzeuge ‚Rot' zeigt, die erhöhte Frequenz von Einsatzfahrzeugen zu einer belastenden Situation für Anwohner führen kann.“Letztendlich sei die gesetzliche Grundlage für die Nutzung von Sonder- und Wegerechten jedoch eindeutig. „Aus der Straßenverkehrsordnung geht hervor, dass die Feuerwehr und der Rettungsdienst gesetzlich dazu verpflichtet sind, Blaulicht und Einsatzhorn zusammen einzusetzen, wenn sie das Wegerecht in Anspruch nehmen wollen.“Nur wenn beide Warneinrichtungen gemeinsam genutzt werden, müssten alle übrigen Verkehrsteilnehmer „sofort freie Bahn schaffen.“
Das Straßenverkehrsrecht sieht also die „Vorfahrt“des Einsatzfahrzeugs nur vor, wenn Licht und Horn gemeinsam in Betrieb sind. „Dies ist aus der Praxis auch sinnvoll, weil die Erfahrungen zeigen, dass blaues Blinklicht allein in komplexen Verkehrsgeschehen eben gerade nicht wahrgenommen wird oder es mitunter zu Fehlinterpretationen und gefährlichen Reaktionen kommen kann.“Vor allem im Fall eines Unfalls zähle letztlich, ob Blaulicht und Martinshorn gemeinsam genutzt wurden. „Der Fahrer des Fahrzeugs trägt hierbei die Verantwortung“, sagt der Zweckverbandssprecher.
Abgesehen von der Rechtslage gelte ein gewisses Maß an Rücksichtnahme und es sei daher nicht
„Wir können es nachvollziehen, dass die erhöhte Frequenz von Einsatzfahrzeugen zu einer belastenden Situation für Anwohner führen kann.“Lukas Hoor Sprecher des Zweckverbands für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Saar
so, dass Rettungsfahrzeuge stets nur mit Martinshorn unterwegs seien. „Natürlich sind sich alle Kolleginnen und Kollegen des Rettungsdienstes auch darüber bewusst, dass das Geräusch des Einsatzhornes, gerade in Nachtstunden, für die Anwohner belastend sein kann und bemühen sich, die Beeinträchtigung der Bevölkerung auf ein Minimum zu reduzieren.“
Hierbei fließe in die Abwägung auch ein, dass die Geräuschkulisse für den Patienten im Auto ebenfalls belastend sein kann, weswegen die Nutzung tatsächlich nur dann erfolge, wenn dies medizinisch indi
ziert ist. „Hinter jeder Blaulichtfahrt steht ein Patient, der dringend Hilfe braucht oder der Aufnahme in der Zielklinik bedarf. Wir gehen davon aus, dass gerade in den späten Nacht- und frühen Morgenstunden auch ein nicht unerheblicher Anteil der Fahrzeuge mit größtmöglicher Vorsicht und nur mit Blaulicht den Straßenzug passiert, ohne dass dies wahrgenommen wird.“
Wenn sich der Fahrer eines Einsatzfahrzeuges dazu entscheide, zum Beispiel bei übersichtlichen Straßenverhältnissen oder in den Nachtstunden auf den Einsatz des Hornes zu verzichten, müsse er dies
stets sorgsam abwägen – zumal er dies bei Unfällen auch verantworten müsse. „Gerade bei unübersichtlichen Straßenabschnitten, vor oder hinter Kreuzungsbereichen – bei engen Straßendurchfahrten durch parkende Fahrzeuge oder nicht einsehbaren Gegenverkehr – werden die Einsatzkräfte aber auch in den Nachtstunden ihrer gesetzlich auferlegten Pflicht nachkommen und im Sinne einer sicheren Einsatzfahrt und in Verantwortung für die übrigen Fahrzeuginsassen die übrigen Verkehrsteilnehmer rechtzeitig warnen und das Signalhorn einschalten müssen“, sagt Hoor.