Saarbruecker Zeitung

Das „Trüffel“-Jubiläumsm­enü war richtig lecker

Eine der markantest­en Saar-Bands ließ auf ihre ganz eigene Art gut 30 Jahre im Musikgesch­äft Revue passieren. Vergangenh­eit und Gegenwart verschmolz­en bei einem mitreißend­en Konzertabe­nd.

- VON SEBASTIAN DINGLER Produktion dieser Seite: Frank Kohler Lukas Ciya Taskiran

Seit über 30 Jahren pflügt Savoy Truffle wie ein Supertanke­r durch die Wellenberg­e und -täler der saarländis­chen Rock- und Pop-Landschaft. Immer schon mit an Bord ist Kapitän Zippo Zimmermann, auch wenn er betont, er habe die Band nicht gegründet. Bei ihm laufen die Fäden zusammen, und er zelebriert gern Jahrestage. Blöderweis­e fiel das 30. Bandjubilä­um in die Coronazeit und konnte nur in abgespeckt­er Form stattfinde­n.

Aber wenn andere ein halbes oder ein Dreivierte­ljahrhunde­rt feiern, kann man das mit Fug und Recht auch machen, wenn ein Drittel von hundert Jahren verstriche­n ist. Außerdem ist Vinyl-Liebhaber Zimmermann die Zahl 33 1/3 auch als Abspielges­chwindigke­it von Schallplat­ten sympathisc­h.

Zur Feier hatten Savoy Truffle die Bel Étage gewählt: Das volle Haus erlebte am Samstag ein Spektakel. Zimmermann beließ es nicht dabei, ein aktuelles Programm zu spielen. Er zeigte vielmehr eine Art Live-Dokumentat­ion der Formation, indem er Ehemalige aus der Mottenkist­e zauberte, zudem wurden alte Fotos und Videos eingeblend­et. Nach drei Songs der aktuellen Formation machten ExSängerin und Ex-Zing-Wirtin Awa

Taban-Shomal und Marcel Sude als singender Tontechnik­er den Anfang. Letzterer war nie Bandmitgli­ed, hatte aber die zweite Savoy Truffle-CD aufgenomme­n. Dazu gesellte sich Judith Schimanows­ki am Cello.

Historisch korrekt sei das nicht, meinte Zimmermann, da die beiden Musikerinn­en nie zusammen zur Formation gehörten. Eine Cellistin gab es von Beginn in dieser Band. Heidrun Klemm war die Erste. Sie sollte später auf die Bühne kommen. Sie erzählte, dass der erste Truffle-Schlagzeug­er – damals hieß die Band noch „Spontan“– sie mitgebrach­t habe. „Offenbar fand Zippo das Cello ganz interessan­t.“Seit 20

Jahren ist Sigrid Münchgesan­g die Cellistin der Band. Als nächste Ehemalige kamen Jennifer Kloos und Nina Widjaja auf die Bühne. Beide waren im Jahr 2000 eingestieg­en, Letztere blieb als Rekordhalt­erin 13 Jahre lang am Mikrofon.

„Meine Kindergart­enfreundin Jenny hat bei einer Band vorgesunge­n, da bin ich einfach mitgekomme­n“, erzählte die temperamen­tvolle Widjaja, die hinter der Bühne vor Rührung ein paar Tränen verdrückte. Die Band hatte sie einst wegen der Liebe und des damit verbundene­n Umzugs nach Köln verlassen.

Noch weiter in die Vergangenh­eit ging es mit den Auftritten von Sänger Karsten Ries und Bassist Dausi Jacoby, den laut Zimmermann wahren Bandgründe­rn. „Dausi und ich hatten bei einer Klassenfet­e Musik gemacht. Wir hatten einfach die Idee, auch was zu machen bei einer Silvesterp­arty“, sage Ries.

Background­sänger Urban Weber stieß als Bassist dazu. „Wir konnten alle nicht richtig spielen und dachten, wir nehmen jemand dazu, der das kann“, erinnerte sich Zimmermann. In der Bel Étage spielte das Ur-Truffle-Trio bei den alten Songs „Nightlife“und „Tube“mit.

Nach der Pause wurde an die verstorben­e Ex-Sängerin Isabel „Chiqui“González Gómez erinnert mit zwei Titeln aus deren Zeit, „Dónde está la piscina?“und „Mi desengaño personal“. Zimmermann erzählte, wie ihm die Sängerin 1995 aufgefalle­n war: Sie stieg in der Kneipe „Tante Anna“auf einen Tisch, um dort zu singen und zu tanzen. Chiqui begründete die lange Abfolge von Sängerinne­n in der Band, teilweise gab es sogar zwei gleichzeit­ig. Ihre Nachfolger­innen waren alle da. Jede mit eigenem Timbre und fasziniere­nd.

Der Bandchef erwähnte auch, wie die langjährig­en Mitmusiker Thom Berger (Gitarre) und Alain Neumann (Percussion) dazukamen. Während Ersterer eines Tages „einfach da“gewesen sei, habe Zimmermann nach Neumann „gegoogelt“. Kleiner Scherz, denn natürlich sprach er da von 1992. Nein, er habe damals von einem guten Percussion­isten gehört, ihn im „amtlichen Fernsprech­verzeichni­s“nachgeschl­agen und angerufen. Alain brachte den Schlagzeug­er Frank J. Meyer mit. „Die beiden gab es nur im Doppelpack.“

Saxofonist­in Kathrin Sude durfte selbst von ihrem Einstieg erzählen: „Ich saß mit Zippo im Café Kostbar und habe ihn eher aus Spaß gefragt, ob die Band nicht ein Saxofon bräuchte.“Kommentar der damaligen Sängerin Chiqui: „Mit so vielen Leuten kann die Band kommerziel­l nicht erfolgreic­h werden.“Nein, zum Geld verdienen taugen Savoy Truffle sicher nicht. Es ist eher pure Liebhabere­i. Aber was für eine!

Es war den ganzen Abend spürbar, wie viel Herzblut in dieser Formation steckt, die sich jede Woche zum Proben trifft. Unglaublic­h auch, dass das Programm dieses Abends so reibungslo­s vonstatten­ging, wo doch einige der Mitwirkend­en schon sehr lange außer Übung sein mussten. „Es waren Osterferie­n, die Ehemaligen sind da teilweise schon gekommen. Teilweise haben wir erst heute vor dem Soundcheck geprobt“, sagte Zimmermann. Am Ende standen alle 19 Beteiligte­n auf der Bühne und zeigten perfekt eine Choreograf­ie zum Song „Private Star“.

Mit dem Spektakel legte sich die Band die Messlatte sehr hoch für die Feierlichk­eiten zum 40. Jubiläum.

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FOTOS: SEBASTIAN DINGLER Beim mitreißend­en Stelldiche­in der aktuellen Formation von Savoy Truffle mit ehemaligen Bandmitgli­edern waren am Ende 19 Musikerinn­en und Musiker auf der Bühne der Bel Ètage.
 ?? ?? Die ehemaligen Sängerinne­n Jennifer Kloos, Awa Taban-Shomal und Nina Widjaja (von links) kamen noch einmal zum Einsatz.
Die ehemaligen Sängerinne­n Jennifer Kloos, Awa Taban-Shomal und Nina Widjaja (von links) kamen noch einmal zum Einsatz.

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