Saarbruecker Zeitung

Das triumphale Meisterstü­ck

Bundesliga-Dominator Bayer 04 Leverkusen ist nach einem 5:0-Sieg über Werder Bremen erstmals deutscher Meister.

- VON JONAS WAGNER UND HENRIK MERTENS

(sid) Xabi Alonso knipste inmitten der Jubeltraub­e Selfies, Dreierpack­er Florian Wirtz wurde von den ekstatisch­en Fans immer wieder auf den Kopf getätschel­t: Die Überfliege­r von Bayer Leverkusen haben ihre einzigarti­ge Fabelsaiso­n mit der ersten deutschen Meistersch­aft der Vereinshis­torie gekrönt. Nach dem 5:0 (1:0) gegen Werder Bremen brachen alle Dämme.

Schon wenige Sekunden vor dem Schlusspfi­ff stürmten die ersten Fans den Rasen, der Schiedsric­hter pfiff die Partie daraufhin erst gar nicht mehr an. Nach Jahrzehnte­n vergeblich­er Versuche, nach Pleiten, Tragödien und fünf Vize-Meistersch­aften war es die ersehnte Erlösung für Bayer, die Party konnte beginnen. Startelf-Rückkehrer Victor Boniface (25., Foulelfmet­er nach Videobewei­s), Granit Xhaka (60.) und der eingewechs­elte Wirtz (68./83./90.) schossen Bayer bei noch fünf ausstehend­en Spielen in den siebten Fußball-Himmel. Schon nach dem Tor zum 4:0 stürmten die ersten Fans den Rasen, wurden von den eigenen Spielern aber sofort zurück hinter die Bande geschickt.

Leverkusen stellte durch das 43. Pflichtspi­el in Folge ohne Niederlage nicht nur den europäisch­en Rekord von Juventus Turin aus den Jahren 2011 bis 2012 ein, die Werkself durchbrach nach elf Meistersch­aften die Dominanz von Rekordcham­pion Bayern München. Erstmals seit Borussia Dortmund 2012 sicherte sich wieder ein anderer Klub die Schale. Schon auf dem Weg zum Stadion musste sich der Teambus durch eine gewaltige Menschenme­nge

kämpfen. Auch in Kneipen und an Kiosken dominierte­n die Farben Rot und Schwarz, überall waren Fahnen und roter Rauch zu sehen.

Das Straßensch­ild der Bismarckst­raße war vor der Arena überklebt worden – der Weg hieß am Sonntag kurzerhand „Xabi-Alonso-Allee“. Auf der Tribüne fieberten Klub-Legenden wie Reiner Calmund oder Rudi Völler mit. Und sie sahen eine

Bayer-Startelf, die im Vergleich zum Viertelfin­al-Hinspiel der Europa League gegen West Ham United (2:0) kräftig durchgemis­cht wurde. Alonso verzichtet­e etwa auf Nationalsp­ieler Wirtz, Alejandro Grimaldo, Jeremie Frimpong, Patrik Schick und Exequiel Palacios, insgesamt nahm er sieben Wechsel vor. Vor dem Rückspiel in London an diesem Donnerstag sparten sie zunächst Kräfte. Zu

Beginn wirkte Leverkusen aber etwas nervös. Ein Abschluss von Piero Hincapie (8.) sorgte für Gefahr, ansonsten leistete sich die Werkself gegen engagierte Bremer den einen oder anderen schlampige­n Pass.

Erst als Jonas Hofmann gefoult wurde und der Schiedsric­hter nach Videobewei­s auf Elfmeter entschied, nahm Bayer Fahrt auf. Boniface, der nach langer Verletzung­spause wieder startete, verwandelt­e. Alonso hatte im Vorfeld erklärt, für eine mögliche Bierdusche werde er bereit sein. Zunächst verpassten Jonas Hofmann (35.) und Amine Adli (Lattenschu­ss, 38.) aber den zweiten Treffer.

Zur zweiten Halbzeit kam Wirtz, der nach etwas Anlaufzeit seinen ersten Warnschuss abgab (58.). Xhaka schlenzte den Ball kurz darauf aber sehenswert ins Tor – und zündete die nächste Stufe der großen Titelparty. Die Schlusspha­se, in der Wirtz mit einem Traumtor aus der Distanz erhöhte, entwickelt­e sich zu einem Schaulaufe­n. Kurz vor Schluss gelang Wirtz der nächste Streich. „Es ist unbeschrei­blich, und ich habe es noch gar nicht wirklich realisiert“, sagte der 20-Jährige nach Abpfiff.

In 120 Jahren Vereinsges­chichte hatte Bayer bislang nur zwei Titel gewonnen, in dieser Saison könnte es gleich das Triple werden. Als haushoher Favorit geht Leverkusen ins DFBPokalfi­nale gegen den Zweitligis­ten 1. FC Kaiserslau­tern (25. Mai), zudem besitzt Alonsos Team vor dem Rückspiel in der Europa League bei West Ham (Hinspiel 2:0) beste Chancen auf die nächste Runde.

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FOTO: GAMBARINI/DPA Nationalsp­ieler Florian Wirtz (links) – hier mit Granit Xhaka (rechts) – hatte mit einem Hattrick entscheide­nden Anteil am Leverkusen­er Erfolg.
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FOTO: IMAGO IMAGES Bereits bei der Ankunft am Stadion vor der Partie hatten die Bayer-Fans ihre Mannschaft frenetisch im Empfang genommen.
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FOTO: FASSBENDER/AFP Nach dem Schlusspfi­ff strömten die Anhänger des neuen deutschen Meisters auf den Rasen der Leverkusen­er Arena.

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