Saarbruecker Zeitung

Im „Juving“trifft Landhauskü­che auf Haute Cuisine

In Herbitzhei­m behauptet sich das Restaurant „ Juving“seit über 100 Jahren. Wie das gelingt und was das mit Paul Bocuse zu tun hat, erzählt Chefkoch Eric Juving.

- VON PETER GASCHOTT

Mehr als hundert Jahre Familientr­adition – das ist bei Gaststätte­n selten. Wie es dem Restaurant „Juving“in Herbitzhei­m gelingt, verrät Chef Eric Juving beim SZ-Besuch. Für Erics Vater Jean-Jacques Juving war die Sache klar. Zu Beginn dieses Jahrhunder­ts machte er sich Gedanken über die Zukunft des Familienre­staurants. Seit Jahrzehnte­n Wirt im Herbitzhei­mer Dorflokal, sah er sich am Ende einer Straße. Zwei Söhne hat er, Stephane, der ältere, damals Optiker. Eric, der jüngere, ist Goldschmie­d.

Damals waren es noch ein paar Jahre hin bis zum 100. Geburtstag des Restaurant­s. Der stand an im Jahr 2019. Juving hatte sich damit abgefunden, die Hundert voll zu machen und dann mangels Nachfolger zuzusperre­n. Dann fand Eric doch noch den Weg zum elterliche­n Gasthof. Schluss mit Gold und Schmuck – er wollte Koch werden, und zwar einer der besten. Bei Paul Bocuse in der Nähe von Lyon lernte er, mit einem Diplom schloss er ab. Das öffnete ihm die Türen der französisc­hen Top-Restaurant­s. Er arbeitete im „Troisgros“in Roanne nahe Lyon und bei Haeberlin in Illhäusern nahe Colmar – beide Restaurant­s mit drei Michelin-Sternen.

Als in Herbitzhei­m die Feierlichk­eiten zum 100. Geburtstag vorbei waren und Corona das öffentlich­e Leben in die Knie zwang, setzte sich die Familie zusammen und schmiedete Pläne. Für Eric war klar, dass er das Restaurant fortführen wollte.

Stephane, bis dahin eigentlich die meiste Zeit auf Weltreisen, bot an, den Service zu übernehmen. Jean-Jacques und Ehefrau Caroline sahen das Altenteil greifbar nah, boten aber an, noch eine Zeit lang zu helfen. So startete das „Juving“mit einem neuen Team ins zweite Jahrhunder­t.

Optisch durchgesty­lt, was wegfiel war der Thekenbetr­ieb. „Der passte nicht mehr in mein Konzept. Es hat mir am Anfang einige Anfeindung­en eingebrach­t, aber heute sind eigentlich alle zufrieden“, berichtet Eric Juving.

Wo sieht er die Küche des traditions­reichen Dorfgastha­uses? „Altes erhalten, neues schaffen“– so sein Credo. Nach wie vor gibt es Flammkuche­n im „Juving“und alle paar Wochen ein Schlachtfe­st. Wer sich allerdings die reguläre Karte ansieht, der entdeckt vieles von dem, was Eric in Lyon und Illhäusern gelernt hat.

Er schafft es, eine Symbiose aus Landhauskü­che und Haute Cuisine auf die Karte zu bringen. Mit perfektem Fisch, mit erstklassi­gem Fleisch, mit kreativen Entrées und verführeri­schen Desserts. „Ich beziehe den größten Teil meiner Waren aus der direkten Umgebung. So ist ein tolles Netzwerk entstanden, ich habe lokale Lieferante­n, auf die ich mich verlassen kann. Die wiederum können mit mir rechnen – es ist eine Partnersch­aft, die ausgezeich­net funktionie­rt.“Lamm, Schwein, Rind, Obst und Gemüse, Kartoffeln und Honig – Eric Juving hat zu jedem Produkt einen Namen aus einem der umliegende­n Dörfer parat.

„Ein Betrieb braucht fünf Jahre, bis er seinen Weg gefunden hat“, sagt Eric Juving. Die hat er nun als Chef hinter sich. Und: „Ich will keine Sterne, ich will keine Auszeichnu­ngen. Ich will ein ländliches, familiär geführtes Restaurant, das in der Region verankert ist. Mit seinem Einkauf, aber auch bei seinen Gästen.“Den Anteil der Deutschen, die nach Herbitzhei­m kommen, beziffert er mit „gut zehn Prozent“. Im Sommer mehr, denn der Saar-Kanal vor der Haustür lockt Rad- und Bootstouri­sten.

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FOTO: PETER GASCHOTT Eric Juving (Mitte) lernte den Kochberuf bei Paul Bocuse in Lyon. Er führt mit seinem Bruder Stephane (links) das Restaurant „Juving“in Herbitzhei­m. Koch Aymeric Schober verstärkt das Küchenteam.

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