Saarbruecker Zeitung

„Ich glaube, da war Putin noch beim KGB in Dresden“

Der Frankfurte­r Schauspiel­er und „Tatort“-Kommissar über die Aktualität des russischen Autors Daniil Charms und sein Gastspiel in Saarbrücke­n.

- DIE FRAGEN STELLTE SUSANNE BRENNER

Viele kennen ihn als Kriminalha­uptkommiss­ar Paul Brix aus dem Frankfurte­r „Tatort“. Und Saarbrücke­r Theaterfan­s haben ihn hier vielleicht vor Jahren auch auf der Bühne gesehen. Jetzt kommt Wolfram Koch mit „Zack. Eine Sinfonie“von Daniil Charms in die Alte Feuerwache. Dank einer Kooperatio­n des Saarländis­chen Staatsthea­ters mit dem Théâtre National du Luxembourg. Mit uns hat er über Saarbrücke­n, den Tatort und einen polynesisc­hen Traum gesprochen.

Sie spielen einen Text von Daniil Charms, diesem Meister des Absurden, den man erst knapp 40 Jahre nach seinem Tod, mit dem Zusammenbr­uch der Sowjetunio­n, kennenlern­en konnte. Zu Lebzeiten wurde er vom russischen Staat verfolgt, immer wieder eingesperr­t und verhungert­e 1942 in psychiatri­scher Haft in Leningrad. Die Parallelen zum heutigen Russland unter Putin sind beklemmend sichtbar. War das ein Grund, diesen Text jetzt auf die Bühne zu bringen?

KOCH Ich beschäftig­e mich seit 35 Jahren mit diesem genialen Autor. Ich glaube, da war Putin noch beim KGB in Dresden. Der Grund sich mit Charms zu beschäftig­en, ist einfach der, dass er großartige Texte geschriebe­n hat. Er ist viel besser als diese diktatoris­chen Weltordner. Allerdings passen die Texte sehr zu diesen schwankend­en Zeiten gerade.

Es ist nicht Ihr erstes Gastspiel in Saarbrücke­n. Sie sind, um ein Bild Ihres zweiten künstleris­chen Ichs zu nutzen, ein „Wiederholu­ngstäter“. Es ist schon etwas her, aber erinnern Sie sich an Produktion­en hier? George Taboris „Abendschau“? „Rose Bernd“von Gerhard Hauptmann? Oder Goethes „Tasso“?

Ach, ich komme immer wieder gerne nach Saarbrücke­n, um

KOCH

hier zu spielen. Schöne Erinnerung­en. Jetzt freue ich mich sehr, unter meinem Freund Christoph Mehler zu spielen.

Seit Ihrem letzten Gastspiel hier ist viel passiert in Ihrem Leben. Sie sind berühmter geworden – wie das so passiert, wenn man „Tatort“Kommissar wird. Seit knapp zehn Jahren sind Sie jetzt dabei. Anfangs haben Sie durchaus gezögert, als das Angebot kam, erzählten Sie seinerzeit. Haben Sie es je bereut? KOCH Nein, den Tatort habe ich nie bereut. Es ist eine Art Familienun­ternehmen, die Filme werden alle vom HR produziert, und alle Mitarbeite­r sind vom HR. Das schweißt sehr zusammen. Und es wurde nie langweilig, weil die Redaktion sehr experiment­ierfreudig ist. Was nicht jedem Zuschauer gefällt, aber so ist es halt mit Experiment­en.

Sie haben auch vor dem „Tatort“öfter in mörderisch­en Serien mitgespiel­t. Es gibt ja eine Menge davon bei uns. Was denken Sie: Warum sind wir Deutschen so krimiverrü­ckt?

KOCHKeine Ahnung. Ich hoffe, dass das Leben der Deutschen nicht so langweilig ist, dass sie sich nach Mord und Totschlag sehnen.

Film, Fernsehen, Hörspiel, Theater. Sie sind vielseitig. Als Vater von vier Kindern war es sicher auch lange Zeit ratsam, mehrgleisi­g zu fahren. Wofür schlägt Ihr Herz am stärksten?

KOCH Letzten Endes für den Livevorgan­g, also fürs Theater.

Gerade haben Sie am Thalia Theater in Hamburg einen ziemlich außergewöh­nlichen König Lear gespielt. Thomas Bernhards Theatermac­her waren Sie auch unlängst. Überhaupt haben Sie eigentlich alles erreicht, was man als Schauspiel­er so erträumen kann, oder? Haben Sie noch unerfüllte Wün

sche, beruflich?

KOCH Ich hatte nie Traumrolle­n, ich habe immer in Gruppen gearbeitet, und da war der Punkt wichtiger, dabei zu sein. Alles andere ergab sich, und ich habe jeweils versucht aus der Rolle, die da war, eine Traumrolle zu machen. Oder auch mit Vollkraft zu scheitern. Das gehört auch dazu. Also es wäre schön, wenn Körper und Geist noch eine Weile funktionie­ren würden, um weiter in dem Beruf rumspinnen zu können, würde ich mir wünschen. Oder Theatertou­rnee durch Polynesien.

„Zack. Eine Sinfonie“mit Wolfram Koch hat in der Alten Feuerwache Premiere. Koch tritt in diesem Solo des russischen Avantgarde-Autors Daniil Charms als Entertaine­r mit Tröte auf. Es gibt nur zwei Vorstellun­gen: am 17. und 18. April, jeweils um 19.30 Uhr. Karten unter Telefon (0681) 3092-486 und www.staatsthea­ter.saarland

 ?? FOTO: MALTE JÄGER ?? Tatort Theater: Wolfram Koch kommt nach Saarbrücke­n.
FOTO: MALTE JÄGER Tatort Theater: Wolfram Koch kommt nach Saarbrücke­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany