Das tut die Stadt gegen Klimanotstand
Heute geht es im Umweltausschuss des Stadtrates um 16 Uhr im Rathaus (Saal 126) um eine Zwischenbilanz der Maßnahmen, die die Stadt Saarbrücken seit Ausrufung des Klimanotstandes 2019 getroffen hat.
Bis 2045 will Saarbrücken klimaneutral sein. Fünf Jahre früher, als es bereits im Juni 2019 vom Stadtrat beschlossen wurde. Damals rief die Landeshauptstadt den Klimanotstand aus. Es war die große Zeit von Greta Thunberg, auch in Saarbrücken gingen Tausende mit „Fridays for Future“regelmäßig auf die Straße. Seitdem ist Klimapolitik noch wichtiger geworden. Mittlerweile weiß fast jede(r) aus eigenen Erfahrungen, wie sich der Klimanotstand anfühlt – ein Hitzerekord (auch in der Stadt) jagt den nächsten, es gibt ausgeprägte Trockenheit, Starkregen und so weiter.
Die Landeshauptstadt hat seit 2019 größere und kleinere Maßnahmen dagegen ergriffen. In der Vorlage, die der Umweltausschuss an diesem Dienstag diskutiert, sind sie aufgeführt. Und auch ein Klimaschutzkonzept, das die ambitionierten Ziele in 34 Maßnahmen konkretisiert, gibt es. Es wurde nach einiger Verzögerung und personellen Problemen im Mai 2022 verabschiedet. Der Stadtrat hat im Februar 2024 außerdem ein weiteres Papier produziert: die Nachhaltigkeitsstrategie mit mehr oder weniger konkreten Leitlinien für die nachhaltige Entwicklung der Stadt. Und mehr Personal dafür gibt es auch: zwei Klimaschutzmanager (gefördert vom Bund) und seit August 2023 ein weiterer „Klimaanpassungsmanager“.
Am Management des Klimanotstandes mangelt es also nicht. Wohl aber am Tempo, finden der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und „Fridays for Future Saarland“.
Beide Umweltorganisationen fordern, dass Saarbrücken zehn Jahre früher klimaneutral wird – und dementsprechend mehr in dieses Ziel investieren muss. Was ist aber seit 2019 konkret passiert?
Verkehrswende: Man habe Fahrradstraßen und -zonen geschaffen und das Modellprojekt „Tempo 30 in der Innenstadt“umgesetzt. Es gibt einen stadtweiten E-Scooter- und Pedelecs-Verleih und ein E-Mobilitätskonzept. Noch in diesem Jahr würden 150 öffentliche Ladepunkte eingerichtet, heißt es. Beim ÖPNV habe man begonnen, die Busflotte auf emissionsarme oder emissionsfreie Fahrzeuge umzustellen, genauso wie im Fuhrpark der Stadt.
Hier fordert der BUND, auf energieeffizientere Elektro- statt auf Wasserstoff-Busse zu setzen. Und FFF verlangt ein „in sich geschlossenes Radwegenetz“, denn ein lückenhaftes wie in Saarbrücken nütze wenig. „Das bedeutet, dass die Autos an vielen Orten weichen müssen.“Stattdessen setze man auf E-Mobilität – zum Nachteil von
Fahrradfahrern und Stadtgrün.
Erneuerbare Energien/Energieeffizienz:
Zur Förderung des Ausbaus von Solarenergie gibt es seit 2022 ein Sieben-Punkte-Aktionsprogramm, das Photovoltaik-Anlagen für städtische Neubauten, aber auch Bestandsgebäude vorsieht. Wo es rechtlich möglich ist, schreibt die Landeshauptstadt die Nutzung von Photovoltaik über das Instrument des Bebauungsplans vor. Die Verabschiedung einer gesamtstädtischen Satzung zur Solarpflicht bei Neubauten hängt derzeit allerdings noch an der Neufassung der Landesbauordnung.
„Seit Ausrufung des Klimanotstandes im Jahr 2019 wurden im Stadtgebiet insgesamt rund 1200 Photovoltaik-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 16 MegaWattpeak (MWp) zugebaut. Aktuell befinden sich rund 2800 (meist private) Anlagen mit einer installierten Gesamtleistung von ca. 43 MWp am Netz“, listet die Vorlage auf. Auf städtischen Gebäuden sind 81 PV-Anlagen montiert, ein Plus von 33 Prozent im Ver
gleich zu 2019. 2023 gingen zwei Windräder in Gersweiler ans Netz. „Seit 2019 hat sich daher die Leistung aus Photovoltaik und Windkraft um rund 30 MWp gesteigert. Das ist im Vergleich zu 2019 mehr als eine Verdopplung.“Außerdem konnte der Wärmeenergieverbrauch städtischer Gebäude um 20 Prozent gesenkt werden.
Die Klimaaktivisten räumen Fortschritte ein – aber sehen hohen Handlungsdruck. „Die energetische Sanierungsquote im Saarland liegt bei einem Prozent jährlich. Das ist erheblich zu wenig. Notwendig wären vier Prozent, um die Klimaziele einzuhalten laut zahlreichen Gutachten von Umweltinstituten“, schreibt der BUND, fordert mehr Anreize und bessere Info-Kampagnen. Bürgern und Kommunen müsse zudem per Verordnung ermöglicht werden, sich über Energiegenossenschaften an großen PV-Parks zu beteiligen (zum Beispiel auf der Halde Hirschbach in Dudweiler). Man müsse auch Geothermie und Biomasse nutzen.
Klimaanpassung: Hier verweist die Stadt auf die Begrünungssatzung für Fassaden und Dächer bei Neubauten und Vorschriften zur Vermeidung von Flächenversiegelung (keine neuen Kiesflächen, Prämien für Entsiegelung). Man erarbeite einen Hitzeaktionsplan und entsiegele Flächen im Stadtgebiet für ein besseres Stadtklima, zum Beispiel am Burbacher Markt. „Saarbrücken ist nach wie vor eine Betonwüste mit Massen an Blechlawinen“, kritisiert FFF. Nachhaltige Sanierungen, vor allem von Leerständen, müssten forciert werden, neue Flächenversiegelungen ausbleiben, fordern die Umweltschützer.
Die Stadt schreibt sich außerdem auf die Fahnen, Bürgerinnen und Bürger über Klimapreise, Schulaktionen („Klima-Kids“) und andere Formate („KlikKS – Klimaschutz in kleinen Kommunen und Stadtteilen“) für den Klimaschutz zu sensibilisieren und dabei Bürgerbeteiligung und -Initiativen einzubinden. Auch hier müsse man offensiver vorgehen, findet der BUND.