SV Elversberg glänzt wie zu besten Zeiten
Nach dem 4:3-Coup bei St. Pauli ist der Verbleib in der 2. Fußball-Bundesliga für den Aufsteiger greifbar nah. Freitag kommt Schalke 04.
Präsident Dominik Holzer machte in der 68. Minute auf der Tribüne des Millerntor-Stadions große Augen und staunte. „Ich dachte: Was macht er denn jetzt?“, sagte Holzer. Auf dem Platz war auch Kapitän Luca Schnellbacher ziemlich überrascht. „Wir wechseln ganz selten drei Spieler auf einmal. Ich war gespannt, wie es weitergeht“, sagte Schnellbacher.
Die Antwort folgte schnell – und war beeindruckend. Horst Steffen, der Trainer des Fußball-Zweitligisten SV Elversberg, wechselte am
Sonntag in der Partie beim Spitzenreiter FC St. Pauli in besagter 68. Minute beim Spielstand von 1:1 Jannik Rochelt, Manuel Feil und Luca Dürholtz aus – und Dominik Martinovic, Joseph Boyamba und Thore Jacobsen ein. Eine Minute später schien der Schuss nach hinten loszugehen. Nach einem Durcheinander im Elversberger Strafraum erzielte Marcel Hartel das 2:1 für St. Pauli.
Doch dann drehten Steffens Einwechselspieler auf. Nur eine Minute später bereitete Jacobsen das 2:2 durch Boyamba vor, und Martinovic gab beim 4:3-Sieg die Vorlagen für die Tore drei und vier. „Unser offensives Spiel kostet gerade die Außenspieler viel Kraft, von daher ist ein Wechsel zu dieser Zeit nichts
Ungewöhnliches. Dominik und Joseph haben in den vergangenen Wochen richtig gut trainiert. Und was Thore kann, wissen wir alle“, erklärte Steffen.
Nach Wochen der vergeblichen Formsuche und verkrampften Auftritte hat die SV Elversberg urplötzlich wieder gespielt wie zu ihren besten Zeiten – und das beim designierten Bundesliga-Aufsteiger, der in dieser Saison zuhause unge
schlagen war. „Ich habe den Jungs morgens vor dem Spiel gesagt, dass wir jetzt einfach damit aufhören, daran zu denken, wie viele Punkte wir noch für den Klassenverbleib holen müssen. Das war mir in den vergangenen Wochen einfach zu viel das Thema. Wir wollten wieder was Geiles zeigen, und das hat geklappt“, sagte Steffen.
Rechtsaußen Manuel Feil, der vor der Pause stark spielte, aber eine
Großchance ungenutzt ließ, hatte auch eine Erklärung. „Alle Teams aus dem Tabellenkeller hatten am Freitag und Samstag verloren. Uns konnte selbst bei einer Niederlage in St. Pauli nichts passieren. Ich habe keinen Druck verspürt und einfach gespielt“, sagte Feil.
Eine Mannschaft, die um den Ligaverbleib kämpft, in den ersten 45 Minuten vier klare Torchancen verballert und ein Gurkentor nach
einem Eckball bekommt, die fährt aus St. Pauli vermutlich mit einer 0:3- oder 0:4-Niederlage wieder nach Hause. „Ich habe nur daran gedacht, dass ich die hier und heute schlagen möchte. Was anderes kam mir auch bei den Rückständen nicht in den Kopf“, sagte Linksverteidiger Maurice Neubauer, der nach der Pause das 1:1 erzielte. Selbst das 18-jährige Toptalent Paul Wanner, die Leihgabe des FC Bayern München, dachte offensiv und motivierte seine teilweise mehr als zehn Jahre älteren Mitspieler lautstark. „Wir haben alle gemerkt, dass in dem Spiel etwas geht. Ich habe jederzeit an uns geglaubt“, sagte Wanner. Die Münchner möchten den 18-Jährigen dem Vernehmen nach in der kommenden Saison gerne noch einmal ausleihen, um weitere Spielpraxis auf hohem Niveau sammeln zu können. Ob das wieder bei der SVE sein wird, ist noch offen.
Offen ist auch, ob die Elversberger ihre Superleistung vor knapp 30 000 Zuschauern am Millerntor an diesem Freitag (18.30 Uhr/Sky) vor knapp 9000 Zuschauer an der heimischen Kaiserlinde wiederholen können. Dann ist Schalke 04 zu Gast. St. Pauli hat zu Hause extrem offensiv gespielt, wodurch die Elversberger viele Räume nach vorne bekamen, die sie zum Sieg nutzten. Ob die Schalker in Elversberg genauso offensiv spielen? Fraglich.
„Wir haben das in St. Pauli richtig gut gemacht und endlich mal wieder so gespielt, wie wir das können. Wenn du zuerst nachdenkst, verlierst du Bruchteile von Sekunden, die alles verändern können. Gegen Schalke wird ist ein neues und wahrscheinlich auch anderes Spiel, aber wir wollen mit der gleichen Intensität spielen“, sagte Steffen. Bei einem Sieg gegen Schalke könnte der Elversberger Klassenverbleib in der 2. Bundesliga bereits vier Spieltage vor dem Saisonende perfekt sein. Das darf dann ruhig Thema sein.
„Wir wollten wieder was Geiles zeigen, und das hat geklappt.“Horst Steffen Trainer der SV Elversberg