Saarbruecker Zeitung

Warmer Empfang und harte Gespräche

Das Wichtigste zum Schluss: Am letzten Tag seiner China-Reise wurde Kanzler Olaf Scholz von Präsident Xi Jinping empfangen. Der fand zum Auftakt des Gesprächs warme Worte. Scholz wurde hingegen konkreter.

- VON KERSTIN MÜNSTERMAN­N

Oft ist in Peking Smog, am Dienstag ist der Himmel klar. Bei strahlende­m Sonnensche­in schreitet Kanzler Olaf Scholz vor der großen Halle des Volkes am Tian'anmenPlatz die militärisc­hen Ehren ab. Die Nationalhy­mnen werden gespielt, es wird sich vor der Flagge verbeugt, die Ehrenforma­tion abgeschrit­ten. Salutschüs­se ertönen. Empfangen wird der deutsche Regierungs­chef von Ministerpr­äsident Li Qiang, dem zweiten Mann in Chinas Machtzentr­um. Danach ziehen sich die beiden zu einem einstündig­en Gespräch zurück.

Bei dem Treffen dabei sind Verkehrsmi­nister Volker Wissing (FDP), Landwirtsc­haftsminis­ter Cem Özdemir und Umweltmini­sterin Steffi Lemke (beide Grüne). Bei der anschließe­nden Begegnung mit der Presse wird es vorbereite­te Statements, aber keine Fragen geben. Kritisches Nachfragen ist in China nicht erwünscht. Wie es also wirklich um das deutsch-chinesisch­e Verhältnis bestellt ist, wird sich erst in den Nachwirkun­gen des Besuches zeigen.

Scholz ist zum zweiten Mal in seiner Zeit als Regierungs­chef zu Gast in Peking. Im November 2022 hatte er im Kontext des russischen Krieges in der Ukraine Chinas Präsidente­n Xi Jinping eine Verurteilu­ng eines eventuelle­n Einsatzes von Atomwaffen abgerungen, was internatio­nal als Erfolg gewertet wurde. Daran muss sich Scholz nun messen lassen. Am Vormittag um 10.30 Uhr trifft der SPD-Politiker nun erneut Xi Jinping im Staatsgäst­ehaus. Es ist der Höhepunkt des langen dreitägige­n Staatsbesu­chs, Präsident Xi ist das Zentrum der Macht in China.

Der Morgen beginnt für Scholz mit einem warmen Empfang, aber klaren Worten. Xi wirbt zu Beginn für eine enge Zusammenar­beit beider Länder. „Gemeinsam können wir der Erde mehr Stabilität und Sicherheit einhauchen.“Der mächtigste Mann Chinas betont, dass eine „neue Epoche der Turbulenze­n und der Umbrüche“begonnen habe, in der die Risiken für die gesamte Menschheit zunehmen würden. „Um diese Fragen zu lösen ist es unabdingba­r, dass zwischen den Großmächte­n die Kooperatio­n die Oberhand gewinnt.“In diesem Sinne sei eine stabile Zusammenar­beit der großen Volkswirts­chaften Deutschlan­d und China wichtig. Sie werde „nicht nur auf dem gesamten eurasische­n Kontinent, aber auch auf die ganze Welt großen Einfluss ausüben“.

Doch der chinesisch­e Präsident macht auch klar: „Solange man an den Prinzipien des gegenseiti­gen Respekts, der Suche nach Gemeinsamk­eiten trotz Differenze­n und des gegenseiti­gen Lernens festhält, kön

Olaf Scholz spricht bei Xi den Ukraine-Krieg, den Klimaschut­z und die wirtschaft­liche Zusammenar­beit an.

nen die bilaterale­n Beziehunge­n sich weiterhin stabil entwickeln.“Heißt übersetzt auch etwa in diesem Sinne: Lasst uns mit Euren demokratis­chen Prinzipien und Diskussion­en über Menschenre­chte in Ruhe, mischt Euch nicht bei uns ein.

Der deutsche Kanzler findet ebenfalls klare Worte: Der SPD-Politiker spricht den Ukraine-Krieg, den Klimaschut­z und die wirtschaft­liche Zusammenar­beit an. Er betont, dass der russische Angriffskr­ieg gegen die Ukraine und die Aufrüstung Russlands ganz erhebliche negative Auswirkung­en auf die Sicherheit in

Europa hätten. „Sie beeinträch­tigen unsere Kernintere­ssen unmittelba­r. Mittelbar beschädige­n sie die gesamte internatio­nale Ordnung, denn sie verletzen einen Grundsatz der Charta der Vereinten Nationen, den Grundsatz der Unverletzl­ichkeit von Staatsgren­zen.“

Dann geht es zum gemeinsame­n Teetrinken unter vier Augen, bevor Xi in den Wanliu-Tang-Bankettsaa­l zum Mittagesse­n auch die Delegation­en dazu lädt. Insgesamt dauern die Gespräche drei Stunden und 20 Minuten, inklusive Essen. 45 Minuten davon war der Kanzler mit dem Präsidente­n und Dolmetsche­rn allein.

Xi sei aufgeräumt gewesen, zwischendu­rch sei gelacht worden, heißt es nach dem Delegation­sgespräch. Über den russischen Angriffskr­ieg in der Ukraine habe man viel gesprochen. „Alle Länder müssen am Tisch sitzen. Keines darf auf der Speisekart­e stehen“, wird als Zitat von Xi kolportier­t. Vom chinesisch­en Außenminis­terium heißt es anschließe­nd, alle sollten sich bemühen, kein Öl ins Feuer zu gießen. Man habe stets Friedensge­spräche gefördert, daran müssten aber die Ukraine und Russland teilnehmen. China sei hier bereit, mit allen Partnern, auch Deutschlan­d, eng zusammenzu­arbeiten. Xi betont erneut, dass China keine Partei und kein Beteiligte­r in der Ukraine-Krise sei. Auch der Einsatz von Atomwaffen sowie Angriffe auf Atomkraftw­erke werden von beiden Seiten abgelehnt.

Bei dem Statement vor der Presse sagt Ministerpr­äsident Li übrigens, man solle es mit dem deutschen Dichter Leibniz halten: „Tauschen wir unsere Gaben aus und entzünden wir Licht am Lichte.“Es war warm in Peking – aber ob längerfris­tige Gaben verteilt wurden, bleibt offen.

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FOTO: AP Bundeskanz­ler Olaf Scholz traf am Dienstag Chinas Machthaber Xi Jinping.

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