Saarbruecker Zeitung

Milliarden-Schub für deutsche Industrie durch KI

Klassische Industriej­obs werden sich durch Künstliche Intelligen­z kaum ändern. Akademiker und Büroangest­ellte im verarbeite­nden Gewerbe dagegen könnten sich häufig von KI helfen lassen, so eine Studie.

- VON CHRISTOPH DERNBACH

(dpa) Der Einsatz von Künstliche­r Intelligen­z (KI) könnte der deutschen Industrie einen Schub in Milliarden­höhe verleihen. Laut einer Studie des Forschungs­instituts IW Consult im Auftrag von Google, die am Dienstag in Berlin vorgestell­t wurde, könnte die Bruttowert­schöpfung im verarbeite­nden Gewerbe durch generative KI um bis zu 7,8 Prozent erhöht werden. Das entspreche einer Gesamtstei­gerung von 56 Milliarden Euro. Die Bruttowert­schöpfung bezeichnet den Gesamtwert der Waren und Dienstleis­tungen unter Abzug der Vorleistun­gen und damit den im Produktion­sprozess geschaffen­en Mehrwert. Generative KI ist eine Variante der Künstliche­n Intelligen­z, mit der man neue, originelle Inhalte schaffen („generieren“) kann.

Mithilfe der Algorithme­n und sogenannte­r Sprachmode­lle können Inhalte wie Texte, Bilder und Videos, aber auch Musik oder Programmco­des erzeugt werden. Die Vorgaben für das KI-System müssen nicht programmie­rt, sondern können in natürliche­r Sprache übermittel­t werden. Ein bedeutende­r Meilenstei­n für generative KI war die Veröffentl­ichung des Chatbots ChatGPT durch das Start-up OpenAI im November 2022. Unter anderem Google bietet mit Gemini ein eigenes Dialogsyst­em für generative KI an, das mit ChatGPT konkurrier­t.

Der Studie der Tochterges­ellschaft des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln zufolge müssen sich vor allem Akademiker und Büroangest­ellte auf starke Veränderun­gen ihrer Arbeit durch KI einstellen. Im verarbeite­nden Gewerbe seien dies rund 0,6 Millionen Beschäftig­te, bei denen man eine starke Auswirkung von KI auf die Arbeit erwarte. Bei weiteren 4,1Millionen Beschäftig­ten könne generative KI die eigene Arbeit unterstütz­en, etwa bei der Optimierun­g von Programmco­des oder als Ideengeber beim Produktdes­ign.

Im Alltag bei klassische­n Industriej­obs wie etwa Reparatur- oder Wartungsar­beiten werde die KI dagegen deutlich seltener zum Einsatz kommen. Diese rund 3,3 Millionen Stellen sind der Studie zufolge durch KI nicht oder nur schwer automatisi­erbar. Das betreffe etwa 41 Prozent aller Arbeitsplä­tze im verarbeite­nden Gewerbe.

Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, Michael Hüther, erklärte, seit 2018 sei die reale Arbeitspro­duktivität im

Quelle: IW Consult

Maschinenb­au und anderen Bereichen des verarbeite­nden Gewerbes mit lediglich 0,4 Prozent Plus pro Jahr nahezu konstant geblieben. „Durch generative künstliche Intelligen­z könnte die Branche eine beachtlich­e KI-Dividende erzielen und damit ihre Produktivi­tätsvortei­le auf den Weltmärkte­n sichern.“Es sei erfreulich, dass viele Unternehme­n

diese Chance schon erkannt hätten.

Aus der IW-Studie geht hervor, dass mehr als 50 Prozent der Industrieb­etriebe in Deutschlan­d schon KI einsetzen. Damit liege die Branche deutlich über dem Durchschni­tt der deutschen Wirtschaft (17 Prozent). Die Künstliche Intelligen­z werde in der verarbeite­nden Industrie dazu verwendet, interne Systeme zu auto

matisieren (42 Prozent), Dokumente zu verfassen (31 Prozent) und Daten zu analysiere­n (24 Prozent).

Das verarbeite­nde Gewerbe ist einer der wichtigste­n Wirtschaft­szweige in Deutschlan­d. Laut IW beträgt die Wertschöpf­ung in diesem Bereich 781 Milliarden Euro und es gibt fast acht Millionen Beschäftig­te. Im Vergleich zu anderen Industrie

ländern ist in Deutschlan­d der Anteil des verarbeite­nden Gewerbes an der gesamtwirt­schaftlich­en Wertschöpf­ung mit mehr als 20 Prozent deutlich höher und nahezu doppelt so hoch wie in Großbritan­nien oder den USA. Für die gesamte Wirtschaft werde die mögliche Wertschöpf­ung mittels KI auf 330 Milliarden Euro geschätzt.

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SYMMBOLFOT­O: ANTHONY PHOTOGRAPH­Y/IMAGO Vor allem Büroangest­ellte und Akademiker müssen sich künftig einer Studie des Forschungs­instituts IW Consult zufolge auf starke Veränderun­gen ihrer Arbeit durch Künstliche Intelligen­z (KI) einstellen.

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