Fliegt AfD-Politiker aus Kirchen-Rat?
Der saarländische AfDLandtagsabgeordnete Christoph Schaufert sitzt im Verwaltungsrat der katholischen Neunkircher Pfarrei St. Marien. Noch. Weil er in der AfD Einfluss hat, will ihn die Gemeinde ausschließen. An diesem Mittwoch will das Bistum Trier eine
Christoph Schaufert wusste am Dienstagmorgen noch nichts davon. Klar, der AfD-Abgeordnete im Saar-Landtag weiß, dass das Bistum Trier gerade darüber nachdenkt, ihn aus dem Verwaltungsrat der katholischen Pfarrei St. Marien Neunkirchen abzuberufen, weil er in der AfD ist (wir berichteten). Dass das Bistum an diesem Mittwoch seine Entscheidung in Trier bekannt geben will, davon wusste Schaufert beim Anruf der SZ aber noch nichts.
Grund der Pressekonferenz: Pfarrgemeinde- und Verwaltungsrat der Kirchengemeinde St. Marien in Neunkirchen haben Generalvikar Ulrich von Plettenberg Anfang März gebeten, zu prüfen, ob ihr Verwaltungsratsmitglied Christoph Schaufert aufgrund seiner Ämter und Funktionen in der Partei Alternative für Deutschland aus dem kirchlichen Gremium ausgeschlossen werden könne. „Das Ergebnis dieser Prüfung möchten wir der Presse sowie der Öffentlichkeit mitteilen“, heißt es in der Einladung, die Schaufert nicht hat. Von Plettenberg sowie der Pfarrer von St. Marien Neunkirchen, Bernd Seibel, „werden eine Stellungnahme abgeben.“Schaufert nicht.
Der Neunkircher Pfarrgemeinderat hat Schaufert am 31. Januar 2016 in den Verwaltungsrat gewählt. Im selben Jahr ist der ehemalige CDUPolitiker in die AfD eingetreten. „Ich bin immer offen mit meiner Parteizugehörigkeit umgegangen“, sagt Schaufert, der 2017 zum ersten Mal im Landesvorstand der AfD sitzt. Und: „Politik und Religion sollten nichts miteinander zu tun haben.“
Das sieht die deutsche Bischofskonferenz anders: „Natürlich habe ich auch die Erklärung Ende Februar gelesen“, sagt Schaufert. Sie trägt den Titel „Völkischer Nationalismus und Christentum sind un
vereinbar“. Darin steht: „Rechtsextreme Parteien und solche, die am Rande dieser Ideologie wuchern, können für Christinnen und Christen daher kein Ort ihrer politischen Betätigung sein und sind auch nicht wählbar“. In dem „Abgrenzungsbeschluss“ist auch die AfD benannt: Sie „changiert zwischen einem echten Rechtsextremismus, den der Verfassungsschutz einigen Landesverbänden und der Jugendorganisation der Partei attestiert, und einem Rechtspopulismus, der weniger radikal und grundsätzlich daherkommt.“
In beiden Fällen würde „stereotypen Ressentiments freie Bahn verschafft – gegen Geflüchtete und Migranten, gegen Muslime, gegen die vermeintliche Verschwörung der sogenannten globalen Eliten, immer stärker auch wieder gegen Jüdinnen und Juden“, heißt es weiter. Die Menschenwürde aber sei „der Glutkern des christlichen Menschenbilds und der Anker unserer Verfassungsordnung“.
In der Kirche gelte nun: „Die Verbreitung rechtsextremer Parolen – dazu gehören insbesondere Rassismus und Antisemitismus – ist überdies mit einem haupt- oder ehrenamtlichen Dienst in der Kirche unvereinbar.“
Daraufhin ging nicht nur in den Gremien die Diskussion in der Neunkircher Gemeinde über Christoph Schaufert und seine Posten so richtig los. Er sei das Gesicht der AfD im Landkreis, sitze seit 2022 für die AfD im Landtag, habe dort einen Antrag mit dem Wort „Remigration“im Titel eingebracht, erklärten Mitglieder der Gemeinde in dem Artikel.
Letztendlich reichten der Verwaltungsrat (außer Schaufert) und Pfarrgemeinderat der Gemeinde beim Bistum einen Antrag ein, in dem sie „den Ausführungen der Deutschen Bischofskonferenz vom 22. Februar 2024“folgen. Demnach sei „eine führende Funktion in einer rechtsextremen Partei mit dem haupt- und ehrenamtlichen Dienst in der Kirche unvereinbar. Diese besondere Konstellation trifft in Neunkirchen auf Herrn Christoph Schaufert (AfD) als Mitglied des saarländischen Landtags und Mitglied des Verwaltungsrates Neunkirchen der Pfarrei St. Marien zu. Wir bitten Sie, Herr Generalvikar Dr. v. Plettenberg, auf Grundlage des Paragraphen 8 Abs. 2 des Kirchenvermögensverwaltungsgesetzes KVVG die weitere Mitgliedschaft von Herrn Schaufert im Verwaltungsrat St. Marien zu prüfen.
Selbstverständlich stellen wir uns auch zukünftig der Diskussion mit Mitgliedern und Sympathisanten aller politischen Parteien, auch der Christen in und nahe der AfD.“Der Paragraph erlaubt der Gemeinde „aus wichtigem Grund“beim Generalvikar einen Antrag auf Entlassung eines Mitglieds zu stellen. „Insbesondere Ärgernis erregendes Wirken und grobe Pflichtwidrigkeit lassen sich somit bereits heute sanktionieren“, führte von Plettenberg am Dienstag in einem Interview mit der Katholischen Nachrichtenagentur (KNA) an.
Wenn der Generalvikar an diesem Mittwoch tatsächlich den Ausschluss Schauferts bekannt geben sollte, wäre dies ein Präzedenzfall – zumindest mit einem AfD-Landtagsabgeordneten. Bereits Anfang März hat eine katholische Kirchengemeinde in Weil am Rhein die Zusammenarbeit mit einer ehrenamtlichen Mitarbeiterin beendet, weil sie für die AfD kandidiert, auch mit Verweis auf die Erklärung der Bischöfe. Die Frau hatte ehrenamtlich in zwei Kindergärten die Ostergeschichte vorgelesen.
Reicht eine AfD-Mitgliedschaft, muss man kandidieren, Positionen öffentlich vertreten, um nicht in den Gremien sein zu dürfen? Eine gemeinsame Linie der Bistümer gibt es noch nicht. Aber, das erklärte von Plettenberg: „Ganz klar: Eine AfD-Mitgliedschaft ist als solche schon ein Statement; und der- oder diejenige muss dann dafür geradestehen oder sich formell von extremen Haltungen und Äußerungen der Partei distanzieren“, sagte von Plettenberg.
Dazu war Schaufert vergangene Woche am Mittwoch zu Gast bei ihm. „Wir haben ein eineinhalbstündiges Gespräch geführt“, erklärt der AfD-Politiker. Seine Frau habe ihn nach Trier begleitet. Über die Inhalte habe man Stillschweigen vereinbart. Auch hätte er mit dem Generalvikar vereinbart, dass er vor der Presse von der Entscheidung erfahre. Dazu war am Dienstag ja noch Zeit. Fest stünde: „Ich habe mir nichts vorzuwerfen“, er habe Politik und Religion immer getrennt. „Das einzige, was ich mir vorwerfen lassen kann, ist, dass ich vielleicht mal den Schwenker auf dem Gemeindefest rechtsrum gedreht habe.“